Der Kanujäger. Larry Lash
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Der Kanujäger
Western von Larry Lash
Der Umfang dieses Buchs entspricht 178 Taschenbuchseiten.
Als Tom Darnell nach Jahren in die Heimat zurückkehrt, um endlich sesshaft zu werden, da erlebt er eine große Enttäuschung. Sein elterliches Erbe ist in den Händen anderer, seine Schwester und sein Bruder sind verschwunden. Not und Elend herrscht überall im Land. Ein Regierungswechsel, Steuern und obendrein noch Naturkatastrophen, das alles brachte den Hunger ins Land. Leer sind die Wälder vom Wild, und leer auch die Bäche und Seen von Fischen. Es bleibt den Menschen von Mobile nichts anderes übrig, als den Marsch ins Ungewisse anzutreten, wenn sie nicht Hungers sterben wollen; denn die Regierung ist weit, und der mächtigste Mann im Land macht auch noch Geschäfte mit dem Elend. Tom Darnell, der die Wildnis wie kein zweiter kennt, wird der Anführer einer Schar Verzweifelter, die den Weg der Abenteuer und Leiden ins Niemandsland antreten und ihm willig folgen.
Copyright
Ein CassiopeiaPress Buch CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books, Alfred Bekker, Alfred Bekker präsentiert, Casssiopeia-XXX-press, Alfredbooks, Uksak Sonder-Edition, Cassiopeiapress Extra Edition, Cassiopeiapress/AlfredBooks und BEKKERpublishing sind Imprints von
© Roman by Author / Cover: Hugo Kastner, 2020
© dieser Ausgabe 2020 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen in Arrangement mit der Edition Bärenklau, herausgegeben von Jörg Martin Munsonius.
Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.
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1.
Es dunkelte bereits, als Tom Darnell sein Kanu mit kräftigen Paddelschlägen zum Ufer lenkte. Zwischen den hohen Schwarztannen hoben sich bereits die Dunstfelder steigender Nebel ab. In ihnen verwischte sich die im Hintergrund liegende schroffe Gebirgslandschaft. Die Schatten der Nacht breiteten sich bereits aus. Aus der Ferne der urigen, rauen Landschaft drang ein Elchschrei, dem Rabenkrächzen folgte. Außer dem Wasserrauschen am Bug des Kanus störte nichts weiter die feierliche Stille der Wildnis. Ein Biberkopf tauchte in Ufernähe aus dem Wasser, um aber gleich wieder zu verschwinden. Die Witterung des Menschen hatte den Breitschwanzbiber zur Flucht veranlasst. Der Biber würde in eine unter dem Wasserspiegel angelegte Burg schlüpfen und damit in Sicherheit sein.
Tom Darnell lächelte. Er betrachtete die Knüppelburg, die die Biber geschaffen hatten und auch die Dämme, die hier an der schmalsten Stelle des Sees von Ufer zu Ufer reichten. Der schmale Bach, der hinter dem Damm lag und in den See mündete, war dermaßen schilfbewachsen, dass nur der, der die Landschaft kannte, die Bachmündung erkennen konnte.
Darnell hielt jetzt unterhalb in Ufernähe auf die Bachmündung zu. Seine rauchgrauen Augen spähten unentwegt nach der Schilfgasse, die, wie er wusste, in jedem Frühjahr von seinen Geschwistern geschlagen werden musste, damit die Bachanwohner zum Fischen in den See hinausgelangen konnten. Der See mit seinem Fischreichtum trug entscheidend zur Ernährung der Darnell-Sippe bei.
So sehr Tom Darnell aber seine Augen anstrengte, er konnte keine Lücke im Schilfdickicht ausmachen. Die Schilfwand glich einer Mauer, die jedem Eindringling das Weiterfahren unmöglich zu machen schien. Tom schien es, als solle es ihm nicht vergönnt sein, nach zehnjähriger Abwesenheit zu den Seinen zu gelangen. Zehn Jahre sind eine lange Zeit in einem Menschenleben, doch hier schien die Zeit stehengeblieben zu sein. Die Ufer, der See und die Bachmündung, alles war wie einst.
Tom versuchte mit dem Paddel eine Lücke in dem an dieser Stelle schwachen Biberdamm zu öffnen, um weiterfahren zu können. Er brauchte jedoch eine geraume Zeit, bis er diese Arbeit bewältigt hatte. Während dieser Minuten wurde es ständig dunkler. Das nahe gelegene Ufer verlor in den Schatten der Nacht immer mehr seine Umrisse. Der Wind rauschte stetig in der Schilfwand. Es schien, als wolle er den Heimkehrenden mit seinem monotonen Gesang begrüßen.
Tom Darnell, der jetzt heimkehrte, war als Jüngling fortgezogen. Er hatte den siebenjährigen Krieg um Amerika mitgemacht, sieben Jahre hatte er als Soldat gedient. Er hatte die Biwakfeuer am Houregan-See leuchten sehen und mit seinen französischen Kameraden Lieder am Lagerfeuer gesungen, wobei die schaurigen Totenhymnen der Indianer sich zu einem Lärm vereinten, dessen Widerhall vom Felsen zurückgeworfen wurde. Er war bei dem großen Marquis Montcalm, als dieser Fort William Henry angriff und es zu Fall brachte. In seinem ganzen Leben würde er den wilden Kampf im Morgengrauen jenes Spätsommertages, als das Fort von den mit dem Marquis verbündeten Indianerhorden eingenommen war, nicht vergessen können. Er gehörte zu jenen, die das französische Fort Quebec verteidigt hatten und mit den verbündeten Indianerstämmen zusammen die nach alter Art im Geviert angreifenden Soldatenkolonnen General Braddocks mit gut gezielten Schüssen aufgerieben hatten.
In den zehn Jahren war Tom ein Mann geworden. Viele Narben an seinem Körper gaben Kunde davon, dass auch er seine Lektionen bekommen hatte, dass ihm nicht nur das Glück geleuchtet hatte. Er hatte auch durch Höllen gehen müssen. Jetzt wollte er heim. Er war des Umherwanderns müde geworden. Wie kein anderer hatte er den amerikanischen Kontinent kennengelernt. Ungeheure Räume hatte er durchmessen und war in die sagenhaften Jagdgebiete der Sioux eingedrungen. Er kannte den Wabash so gut wie den Missouri, Cumberland so gut wie Kentucky. Er kannte viele Indianerstämme, von deren Vorhandensein die meisten Weißen im Osten Amerikas keine Ahnung hatten. Er war weit in den Norden vorgedrungen und bis zum Athabaska-See gelangt, dorthin, wo es keine Pferde gab, wo die Helfer des Menschen Hunde, Schlittengespanne und Kanus waren, wo das flammende Nordlicht die Nächte erhellte und der Odem Gottes besonders hart wehte.
Ja, Tom Darnell hatte in den vergangenen Jahren viel gesehen und viel erlebt. Der große Sieg der Engländer hatte ihn zuerst tief getroffen, doch langsam hatte er sich daran gewöhnt, dass nicht mehr seine Landsleute, die Franzosen, die Herren im Lande waren. Man konnte auch unter englischer Herrschaft leben, denn die große Wildnis nahm alle auf, die in ihr leben wollten. Jetzt wollte er sich nach der langen Wanderschaft ausruhen, es zog ihn zu den Seinen zurück. Er wollte sesshaft werden. Er nahm an, dass die Unruhe in ihm mit der Besitznahme eines Ackers verschwinden und ihn ruhiger machen würde. Er ahnte noch nicht, dass in ihm das Erbe seiner Vorfahren lebendig war, die von einer festen Heimstatt nichts wissen wollten und sich vom Wind immer weiter treiben ließen.
Das Blut der Nomaden war in ihm, obwohl er sich noch einbildete, dass er doch sesshaft werden könnte. Er wusste noch nicht, wie sehr er sich bereits von den sesshaften und bedächtigen Hinterwäldlern unterschied. Er ahnte nicht, dass er einer jener Pioniere war, deren Leben sich in keinen festen Grenzen abspielte. Noch glaubte er fest daran, dass er daheim bleiben würde. Ihm war es gleichgültig geworden, wer die neuen Herren im Lande waren. Wer sich nichts zuschulden kommen ließ, konnte mit jedem auskommen. Es war ihm gleichgültig, ob es nun die Engländer oder die Franzosen waren. Das Land büßte nichts von seiner Pracht ein.