Die Elixiere des Teufels / Эликсир дьявола. Книга для чтения на немецком языке. Эрнст Гофман
Читать онлайн книгу.schrie angstvoll um Hilfe. Aufs neue erscholl es gräßlich: „Mord, Mord!“
Sie brachten Hermogens Leichnam!
„Eilt nach dem Mörder“, hört’ ich Reinhold rufen. Da lachte ich grimmig auf, dass es durch den Saal, durch die Gänge dröhnte, und rief mit schrecklicher Stimme: „Wahnwitzige, wollt ihr das Verhängnis fahen, das die frevelnden Sünder gerichtet?“
Sie horchten auf, der Zug blieb wie festgebannt auf der Treppe stehen.
Nicht fliehen wollt’ ich mehr,… ja ihnen entgegenschreiten, die Rache Gottes an den Frevlern in donnernden Worten verkündend. Aber… des gräßlichen Anblicks!.. vor mir!.. vor mir stand Viktorins blutige Gestalt, nicht ich, er hatte die Worte gesprochen.
Das Entsetzen sträubte mein Haar, ich stürzte in wahnsinniger Angst heraus, durch den Park!.. Bald war ich im Freien, da hörte ich Pferdegetrappel hinter mir, und indem ich meine letzte Kraft zusammennahm, um der Verfolgung zu entgehen, fiel ich, über eine Baumwurzel strauchelnd, zu Boden. Bald standen die Pferde bei mir. Es war Viktorins Jäger. „Um Jesus willen, gnädiger Herr,“ fing er an, „was ist im Schlosse vorgefallen, man schreit Mord! Schon ist das Dorf im Aufruhr.[129]
Nun, was es auch sein mag, ein guter Geist hat es mir eingegeben, aufzupacken und aus dem Städtchen hieher zu reiten; es ist alles im Felleisen[130] auf Ihrem Pferde, gnädiger Herr, denn wir werden uns doch wohl trennen müssen vorderhand, es ist gewiß recht was Gefährliches geschehen, nicht wahr?“
Ich raffte mich auf, und mich aufs Pferd schwingend, bedeutete ich den Jäger, in das Städtchen zurückzureiten und dort meine Befehle zu erwarten. Sobald er sich in der Finsternis entfernt hatte, stieg ich wieder vom Pferde und leitete es behutsam in den dicken Tannenwald hinein, der sich vor mir ausbreitete.
Dritter Abschnitt
Die Abenteuer der Reise
Als die ersten Strahlen der Sonne durch den finstern Tannenwald brachen, befand ich mich an einem frisch und hell über glatte Kieselsteine dahinströmenden Bach. Das Pferd, welches ich mühsam durch das Dickicht geleitet, stand ruhig neben mir, und ich hatte nichts Angelegentlicheres zu tun, als das Felleisen, womit es bepackt war, zu untersuchen.
Wäsche, Kleidungsstücke, ein mit Gold wohlgefüllter Beutel fielen mir in die Hände.
Ich beschloß, mich sogleich umzukleiden; mit Hilfe der kleinen Schere und des Kamms, den ich in einem Besteck gefunden, verschnitt ich den Bart und brachte die Haare, so gut es gehen wollte, in Ordnung. Ich warf die Kutte ab, in welcher ich noch das kleine verhängnisvolle Messer, Viktorins Portefeuille, sowie die Korbflasche mit dem Rest des Teufelselixiers vorfand, und bald stand ich da, in weltlicher Kleidung mit der Reisemütze auf dem Kopf, so dass ich michselbst, als mir der Bach mein Bild heraufspiegelte, kaum wieder erkannte. Bald war ich am Ausgange des Waldes, und der in der Ferne aufsteigende Dampf, sowie das helle Glockengeläute, das zu mir herübertönte, ließen mich ein Dorf in der Nähe vermuten. Kaum hatte ich die Anhöhe vor mir erreicht, als ein freundliches schönes Tal sich öffnete, in dem ein großes Dorf lag. Ich schlug den breiten Weg ein, der sich hinabschlängelte, und sobald der Abhang weniger steil wurde, schwang ich mich aufs Pferd, um soviel möglich mich an das mir ganz fremde Reiten zu gewöhnen.[131]
Die Kutte hatte ich in einen hohlen Baum verborgen und mit ihr all die feindseligen Erscheinungen auf dem Schlosse in dem finstern Wald gebannt; denn ich fühlte mich froh und mutig, und es war mir, als habe nur meine überreizte Phantasie mir Viktorins blutige gräßliche Gestalt gezeigt und als wären die letzten Worte, die ich den mich Verfolgenden entgegenrief, wie in hoher Begeisterung unbewußt aus meinem Innern hervorgegangen und hätten die wahre geheime Beziehung des Zufalls, der mich auf das Schloß brachte und das, was ich dort begann, herbeiführte, deutlich ausgesprochen.
Wie das waltende Verhängnis selbst trat ich ein, den boshaften Frevel strafend und den Sünder in dem ihm bereiteten Untergange entsündigend. Nur Aureliens holdes Bild lebte noch wie sonst in mir, und ich konnte nicht an sie denken, ohne meine Brust beengt, ja physisch einen nagenden Schmerz in meinem Innern zu fühlen.[132]
Doch war es mir, als müsse ich sie vielleicht in fernen Landen Wiedersehen, ja, als müsse sie, wie von unwiderstehlichem Drange hingerissen, von unauflöslichen Banden an mich gekettet, mein werden.
Ich bemerkte, dass die Leute, welche mir begegneten, still standen und mir verwundert nachsahen, ja dass der Wirt im Dorfe vor Erstaunen über meinen Anblick kaum Worte finden konnte, welches mich nicht wenig ängstigte. Während dass ich mein Frühstück verzehrte und mein Pferd gefüttert wurde, versammelten sich mehrere Bauern in der Wirtsstube, die, mit scheuen Blicken mich anschielend, miteinander flüsterten.
Immer mehr drängte sich das Volk zu, und mich dicht umringend, gafften sie mich an mit dummem Erstaunen. Ich bemühte mich, ruhig und unbefangen zu bleiben, und rief mit lauter Stimme den Wirt, dem ich befahl, mein Pferd satteln und das Felleisen aufpacken zu lassen. Er ging, zweideutig lächelnd, hinaus und kam bald darauf mit einem langen Mann zurück, der mit finstrer Amtsmiene und komischer Gravität auf mich zuschritt. Er faßte mich scharf ins Auge, ich erwiderte den Blick, indem ich aufstand und mich dicht vor ihn stellte. Das schien ihn etwas außer Fassung zu setzen,[133] indem er sich scheu nach den versammelten Bauern umsah. „Nun, was ist es,“ rief ich, „Ihr[134] scheint mir etwas sagen zu wollen.“ Da räusperte sich der ernsthafte Mann und sprach, indem er sich bemühte, in den Ton seiner Stimme recht viel Gewichtiges zu legen: „Herr! Ihr kommt nicht eher von hinnen, bis Ihr Uns, dem Richter hier am Orte, umständlich gesagt, wer Ihr seid, mit allen Qualitäten, was Geburt, Stand und Würde anbelangt, auch woher Ihr gekommen und wohin Ihr zu reisen gedenkt, nach allen Qualitäten der Lage des Ortes, des Namens, Provinz und Stadt und was weiter zu bemerken, und über das alles müßt Ihr Uns, dem Richter, einen Paß vorzeigen, geschrieben und unterschieben, untersiegelt nach allen Qualitäten, wie es recht ist und gebräuchlich!“
Ich hatte noch gar nicht daran gedacht, dass es nötig sei, irgend einen Namen anzunehmen, und noch weniger war mir eingefallen, dass das Sonderbare, Fremde meines Äußern… welches durch die Kleidung, der sich mein mönchischer Anstand nicht fügen wollte, sowie durch die Spuren des übelverschnittenen Bartes erzeugt wurde… mich jeden Augenblick in die Verlegenheit setzen würde, über meine Person ausgeforscht zu werden. Die Frage des Dorfrichters kam mir daher so unerwartet, dass ich vergebens sann, ihm irgend eine befriedigende Antwort zu geben. Ich entschloß mich, zu versuchen, was entschiedene Keckheit bewirken würde, und sagte mit fester Stimme: „Wer ich bin, habe ich Ursache zu verschweigen, und deshalb trachtet Ihr vergeblich, meinen Paß zu sehen, übrigens hütet Euch, eine Person von Stande mit Eueren läppischen Weitläuftigkeiten nur einen Augenblick aufzuhalten.“
„Hoho!“ rief der Dorfrichter, indem er eine große Dose hervorzog, in die, als er schnupfte, fünf Hände der hinter ihm stehenden Gerichtsschöppen hineingriffen, gewaltige Prisen herausholend, „hoho, nur nicht so barsch, gnädigster Herr!.. Ihre Exzellenz wird sich gefallen lassen müssen, Uns, dem Richter, Rede zu stehen[135] und den Paß zu zeigen, denn, nun gerade herausgesagt, hier im Gebirge gibt es seit einiger Zeit allerlei verdächtige Gestalten, die dann und wann aus dem Walde gucken und wieder verschwinden wie der Gottseibeiuns[136] selbst, aber es ist verfluchtes Diebs- und Raubgesindel, die den Reisenden auflauern und allerlei Schaden anrichten durch Mord und Brand, und Ihr, mein gnädigster Herr, seht in der Tat so absonderlich aus, dass Ihr ganz dem Bilde ähnlich seid, das die hochlöbliche Landesregierung von einem großen Räuber und Hauptspitzbuben, geschrieben und beschrieben nach allen Qualitäten[137], an Uns, den Richter, geschickt hat. Also nur ohne alle weitere Umstände und zeremonische Worte den Paß, oder in den Turm![138]“
Ich sah, dass mit dem Mann so nichts auszurichten
129
Уж вся деревня на ногах.
130
Felleisen
131
Я пошел по широкой петляющей дороге, и едва только склон стал менее крутым, вскочил я на коня, дабы как можно скорее привыкнуть к чуждой мне верховой езде.
132
Только прелестный образ Аврелии как и прежде жил во мне, и я не мог думать о ней без сжимающего мою грудь чувства и пожирающей меня изнутри боли.
133
Казалось, что-то вывело его из себя…
134
Ihr (veralt.) [Anrede an eine einzelne Person] = Sie
135
Rede stehen – держать ответ, дать разъяснение
136
Gottseibeiuns
137
nach allen Qualitäten – как положено
138
Итак, паспорт без всяких там церемоний, или в тюрьму!