Handlungsfelder des Bildungsmanagements. Ulrich Muller
Читать онлайн книгу.Prozesskategorie „Steuerung und Regulierung “ umfasst alle auf Dauer angelegten qualitätssicherenden sowie -verbessernden Verfahren einer Bildungsorganisation. Grundlegende, qualitätssichernde und qualitätsverbessernde Verfahren sind wertschöpfende Verfahren. Mit „Wert“ sind sowohl „harte“ Faktoren, wie Geschwindigkeit, Fehlerfreiheit und Wirtschaftlichkeit, als auch „weiche“ Faktoren, wie Sinn, Reflexivität, Selbstbestimmung und soziale Eingebundenheit, gemeint. Steuerungsprozesse der Kategorie „Steuerung und Regulierung“ sichern, verbessern und entwickeln regelorientiert sowie wertetransformierend die Qualität der Basisprozesse durch deren Planung, Steuerung, Kontrolle und Reflexion. Prozesse der Kategorie „Steuerung und Regulierung“ umfassen u.a. die Sicherung, Verbesserung und Entwicklung der Qualität im Bereich der Bildungsprodukte („Evaluation und Transfer“), im Bereich des Bildungspersonals („Personalmanagement“) sowie im Bereich der Bildungsorganisation („Bildungscontrolling“).
Die Prozesskategorie „Innovation und Veränderung“ umfasst sodann alle zeitlich befristeten Verfahren einer Bildungsorganisation, die eine inkrementelle oder radikale relative Innovation hervorbringen. Innovations- und Veränderungsprozesse sind in der Regel wertschöpfend. Zur Bewertung des Innovationsgehalts ist der Bezugspunkt von Bedeutung. Was für die eine Person neu ist, kann für die andere Person alt sein, was für die eine Bildungsorganisation neu ist, kann für die andere alt sein, was für den einen Markt neu ist, kann für den anderen Markt alt sein. Diese Besonderheit von „Innovation“ ist mit der Bezeichnung „relativer Innovationsgehalt “ gemeint. Zu klären wäre u.a., für wen was wie neu ist. Hinsichtlich des relativen Innovationsgehalts können inkrementelle und radikale Innovationen unterschieden werden. Während eine inkrementelle Innovation eine schrittweise, relativ kleine Veränderung meint, welche die bestehenden Produkte (inkrementelle Produktinnovation) und die gegebene Organisation (inkrementelle Prozessorganisation) nur geringfügig erneuert, bezeichnet die radikale Innovation eine sprunghafte Erneuerung, einen „Quantensprung“. „Nach einer radikalen Innovation sind viele Unternehmen nicht mehr dieselben wie zuvor“ (Hauschildt und Salomo 2007, 21). Der Innovationsgrad kann retrospektiv spezifiziert werden. Prozesse der Kategorie „Innovation und Veränderung“ umfassen u.a. die Entwicklung und Veränderung der Bildungsprodukte („Programmentwicklung und Revision“), das „Empowerment“ der Mitarbeiter/innen im Bereich des Bildungspersonals („Entrepreneurship“) sowie die Entwicklung und Veränderung im Bereich der Bildungsorganisation („Change Management“).
Die Prozesskategorie „Leitung und Orientierung“ wird unten beschrieben, da sie auf die Schnittstellen der Objekte ausgerichtet ist.
2.1.3 Handlungsfelder des Basismodells
Werden die Objekt- und Prozesskategorien in einer Kreuztabelle aufeinander bezogen, entsteht eine Matrix mit neun Handlungsfeldern. Jedem Handlungsfeld ist nachfolgend ein gesonderter Beitrag gewidmet (vgl. Tabelle 1). Für die Prozesskategorien gilt, wie schon für die Objektkategorien, dass sie nur in ihrer Gesamtheit und ihrer gelungenen Verbindung die Existenz einer Bildungsorganisation ermöglichen und sichern.
Tabelle 1: Basismodell der Struktur
Quelle: Eigene Darstellung
Die aufgeführten Handlungsfelder konstituieren sich mittels der beschriebenen Differenzen, weshalb zu klären ist, worin die Einheit der Differenz (Schnittstellen) besteht.
2.2 Schnittstellen und Übergänge
Bildungsprodukt, Bildungspersonal und Bildungsorganisation unterscheiden sich einerseits und sind andererseits eng miteinander verwoben. Aufgrund der Verflechtungen wurden objektübergreifende Handlungsfelder zusätzlich aufgenommen mit einer spezifischen Perspektive: Statt der Objektkategorien stehen nun die Schnittstellen der Objekte im Zentrum. Die Fokussierung der Schnittstellen und Übergänge ist ein wesentliches Merkmal der Handlungsfelder „Strategisches Bildungsmanagement“, „Personalführung“, „Projektmanagement“, „Qualitätsmanagement“ und „Lebenslanges Lernen“ (vgl. Tabelle 2).
Tabelle 2: Strukturmodell der Handlungsfelder
Quelle: Eigene Darstellung
Im Handlungsfeld „Stategisches Bildungsmanagement“ gilt es, die Verbindung von Außenstruktur und Binnenstruktur zu interpretieren und zu gestalten. Intiiert und umgesetzt wird dieses Handlungsfeld von einem weiteren Handlungsfeld, der „Personalführung“. In Kombination bilden diese zwei Handlungsfelder die Prozesskategorie „Leitung und Orientierung“. Die Prozesskategorie „Leitung und Orientierung“ umfasst einerseits keine direkt wertschöpfenden Prozesse; sie ist andererseits von entscheidender Bedeutung, da sie (1) den zeitlichen Zusammenhang bildet zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, (2) die Balance schafft zwischen hinreichender Kontinuität und notwendiger Veränderung, (3) als Schnittstelle zwischen Umwelt und Organisation die Existenz und Existenzberechtigung gewährleistet und damit die (4) Voraussetzung bildet für die bereits erläuterten Prozesskategorien „Lernen und Entwicklung“, „Steuerung und Regulierung“ sowie „Innovation und Veränderung“.
Projektmaangement und Qualitätsmanagement bilden zwei Seiten einer Medaille: Projektmanagement als Handlungsfeld ist das Qualitätsmanagement zeitlich befristeter Entwicklungs- und Veränderungsprozesse (Projekte). Qualitätsmanagement ist das Pendat mit Bezug auf die repetitiven und zeitlich nicht befristeten Haupt- und Stützprozesse. Lebenslanges Lernen ist die alters- und entwicklungsübergreifende Orientierung von Bildungsangeboten an Lebenslagen und Lebenslaufereignissen, Lebens- und Statuspassagen sowie Lebensverläufen und -übergängen.
2.2 Rahmung: Binnen- und Außenstruktur
Die objektbezogenen Handlungsfelder (z.B. Lernen und Lehren) und die objektübergreifenden Handlungsfelder (z.B. Lebenslanges Lernen) bilden jeweils füreinander Kontexte. Diese haben wiederum eine Außen- und eine Binnenrahmung: Einerseits sind Bedingungen als Außenstruktur identifizierbar, die den Handlungsfeldern Bedeutung zuweist (u.a. Globalisierung, Konkurrenz). Andererseits weist Bildungsmanagement als Komposition von „Bildung“ und „Management“ eine Binnenstruktur auf: Die Begriffe „Bildung“ und „Management“ sind aufgrund ihres Entdeckungs-, Begründungs- und Verwendungszusammenhangs selbst Träger von Bedeutung, die sie auf das Kompositum übertragen (z.B. Mündigkeit, Planbarkeit). Dieser Binnen- und Außenstruktur sind drei einleitende Beiträge gewidmet: „Bildungsmanagement - ein orientierender Einstieg“, „Betriebliches Bildungsmanagement“ und „Nachhaltiges Bildungsmanagement“.
Die skizzierte Annäherung an die Domäne Bildungsmanagement ist begrenzt auf diese Handlungsfelder, gleichwohl weitere Handlungsfelder zu ergänzen bzw. zu vertiefen wären, wie z.B. im Bereich „Bildungsprodukt“ die Themen „Beratung“, „Diagnostik“ sowie „Recognition of Prior Learning“. Im Bereich „Bildungspersonal“ wären u.a. die Themen „Professionalisierung“, „Präsentation und Moderation“ sowie „Kommunikation und Konflikt“ und im Bereich „Bildungsorganisation“ u.a. die Themen „Recht“, „Finanzierung“, sowie „Sponsoring und Fundraising“ zu ergänzen. Die Berücksichtigung weiterer Themen hätte den Umfang dieses Bandes vollens gesprengt. Es fand deshalb einerseits eine Auswahl und Schwerpunktbildung statt. Andererseits werden die o.g. Themen in der Beschreibung und Diskussion der Handlungsfelder teilweise mit aufgegriffen.
Neben den verwendeten Strukturprinzipien (Objekt/Prozess, Schnittstelle/Übergänge, Außenstruktur/Binnenstruktur) sind weitere bzw. andere möglich und sinnvoll. Es würde sich allerdings ein anderes Bild mit einer anderen Schwerpunktbildung ergeben. Würde z.B. der Unterschied „Mikrodidaktik/Makrodidaktik“ zugrunde gelegt, würde das Handlungsfeld „Lernen und Lehren“ das Zentrum bilden, während die anderen Handlungsfelder diesen Kern umrahmen. Eine weitere Möglichkeit der Strukturierung wäre, wenn nach dem Beitrag verschiedener Wissenschaftsdisziplinen