Ein erlesener Todesfall. Фиона Грейс

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Ein erlesener Todesfall - Фиона Грейс


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ein einziges großes Fenster, ließ vermuten, dass es einst als sicheres Lager genutzt worden war. Wenn sie recht hatte, konnte vielleicht noch immer etwas im Innern zu finden sein.

      Mit angehaltenem Atem umrundete sie es.

      Da war sie. Ihr Herz schlug schneller, als sie die Holztür erblickte.

      Obwohl die Oberfläche abgesplittert und verwittert war, sah die geschlossene Tür dick und solide aus.

      Sie konnte nicht erwarten zu sehen, was sich dahinter befand.

      „Endlich ein Fund!“, rief sie.

      „Oh, ich bin so froh, dass wir endlich Ergebnisse erzielen“, jubelte Charlotte neben ihr und starrte auf die stabile Holztür.

      Olivia atmete tief durch.

      „Das ist es also. Jetzt werden wir das große Rätsel lösen.“

      Sie drückte die Klinke herunter, und ihr Herz raste, als sie sich fragte, was sie wohl dahinter finden würden.

      Doch dann stöhnte sie enttäuscht.

      Die Tür war fest verschlossen.

*

      Als sie am Mittag zur Arbeit ging, erwischte sich Olivia wieder und wieder dabei, wie ihre Gedanken zu dem geheimnisvollen Raum zurückwanderten. Was befand sich darin, und wie konnte sie hineingelangen, wenn selbst die Fenster zu klein waren, um hindurchzuklettern?

      Sie wünschte, sie hätte mehr Zeit gehabt, um nach einem Eingang zu suchen.

      Eine Option wäre, die Tür einzuschlagen, aber Olivia wollte nur ungern etwas in solch perfektem Zustand zerstören, vor allem, da die Tür ein Schlüsselloch besaß. Sie würde sie lieber unbeschädigt lassen und weiter hoffen, dass sie eines Tages den Schlüssel finden würde.

      Vielleicht war er in der alten Ruine versteckt, inmitten eines Spinnennetzes?

      Oder vielleicht musste Olivia ihre Vermutung über die alte Farmhausruine revidieren, jetzt, nachdem sie gesehen hatte, in welch perfektem Zustand sich dieser Lagerraum befand. Vielleicht war es einst einem Feuer zum Opfer gefallen oder ein Baum war darauf gefallen oder es hatte eine andere Katastrophe gegeben, die es zum Teil zerstört hatte. In dem Fall hatten die Farmer es vielleicht weiterhin benutzt, nachdem sie in das neue Haus gezogen waren.

      Sie beschloss, die Umgebung abzusuchen und ein Auge nach dem Schlüssel offenzuhalten, wenn sie aufräumen und das Farmhaus saubermachen würde. Er würde sicherlich irgendwann auftauchen.

      Olivia verdrängte ihre Gedanken. Sie konnte nicht weiter über das Rätsel ihres neuen Heims grübeln, wenn ihr ein anstrengender Tag auf dem berühmten Weingut La Leggenda bevorstand.

      Während sie die ruhige, mit Zypressen gesäumte Straße entlangging, gestand sich Olivia, dass ihr derzeitiger Titel als Sommelière ihren Kenntnisstand noch immer weit überstieg.

      Sie hatte sich aus einem Impuls heraus vor einigen Wochen in der Weinkellerei beworben und war für die Sommersaison als Assistentin angestellt worden. Nach einer bizarren Wende, bei der der damalige Sommelier umgebracht worden war und Olivia geholfen hatte, den Mordfall zu lösen, hatte sie schließlich das Angebot, seinen Job zu übernehmen, angenommen.

      Sie besaß all den Enthusiasmus, der für die Position vonnöten war. Ihr fehlte es lediglich an Wissen. Seit sie ihre neue Stelle angetreten hatte, hatte Olivia das Gefühl, dass es ihr an mindestens zehn Jahren an Erfahrung fehlte, die sie in genauso vielen Tagen aufholen musste, um ihrem großzügigen Gehalt, das man ihr zahlte, gerecht zu werden.

      Sie wusste, dass ihre Rolle zurzeit eher der einer Probierstubenbotschafterin entsprach, da es ihre Aufgabe war, die Gäste willkommen zu heißen und die Weinverkostung und die Verkäufe zu verwalten – letztere waren substanziell höher als im letzten Jahr, was bewies, dass sie in diesem Bereich besonders glänzte. Aber sie arbeitete so schnell sie nur konnte daran, sich all das Wissen anzueignen, das sie brauchte, um als vollwertige Sommelière gelten zu können, und lernte sogar abends noch. Naja, zumindest an manchen Abenden. Immerhin war Charlotte zum Urlaub hier, und sie landeten zwei bis drei Mal pro Woche abends in örtlichen Restaurants. Aber an allen anderen Abenden versuchte sie ihr Bestes.

      Ihr Herz wurde ihr um einiges leichter, als sie La Leggenda vor sich erblickte. Sie hatte einen solch wundervollen Arbeitsplatz. Die eleganten Gebäude des Weinguts, erbaut aus honigfarbenem Stein, wirkten wie ein lebender Teil der grün-goldenen Landschaft, in der sie erbaut worden waren. Als sie die gewundene Zufahrt entlangging, überkam sie eine Woge aus Stolz darüber, dass sie nun ein kleiner Teil dieses historischen Ausflugsziels war.

      „Guten Morgen, Olivia.“

      Ihr Herz wurde ihr noch leichter, als sie den Besitzer der Weinkellerei, Marcello, an den Eingangspforten erblickte. La Leggenda war ein Familienbetrieb in der zweiten Generation, welcher heute im Besitz und unter Management von Marcello, vierzig Jahre alt, seiner jüngeren Schwester Nadia und seinem jüngeren Bruder Antonio war.

      „Buon giorno“, grüßte sie zurück.

      Er unterschrieb gerade einen Lieferschein, aber er legte das Blatt Papier zur Seite und kam mit einem Lächeln, das seine Augen aufleuchten ließ, auf sie zu und küsste sie zur Begrüßung auf die Wangen.

      Olivia spürte, wie sie rot anlief. Sie hatte aufgegeben, gegen diese automatische Reaktion auf Marcellos Anwesenheit anzukämpfen. Er war nicht nur groß, dunkelhaarig und umwerfend gutaussehend, mit markanten Wangenknochen und Augen, tiefblau genug, um darin zu ertrinken, sondern sie hatte auch das Gefühl, dass da ein Funke zwischen ihnen sprühte.

      Marcello verhielt sich jedem gegenüber charmant, aber Olivia spürte, dass er ihr besonders viel Aufmerksamkeit schenkte. Sie bildete sich das nicht nur ein. Definitiv nicht! Auch andere hatten das bereits bemerkt und sie schon mehrmals darauf hingewiesen.

      Außerdem bestätigte ihr ihre Intuition, dass sie recht hatte.

      Sie hatte vor, direkt in den Verkostungsraum zu gehen und alles für den anstehenden Arbeitstag vorzubereiten, aber zu ihrem Erstaunen legte Marcello ihr seine warme Hand auf die Schulter.

      „Olivia, kannst du eine Minute warten? Ich möchte dich etwas fragen.“

      „Na klar! Sicher doch!“

      Verschiedene Szenarien schossen ihr durch den Kopf, angefangen mit einer Verabredung zu einem Kaffee. Es wird aber keine Einladung zum Kaffee sein, sagte sich Olivia streng. Sie hatte das Gefühl, dass sich Marcello persönliche Schranken auferlegt hatte, was das Ausgehen mit Mitarbeitern des Weinguts anging. Vermutlich wollte er nur einige Änderungen im Verkostungsmenü mit ihr besprechen.

      Sie sollte sich besser einen neuen Wein überlegen, dachte Olivia panisch. Da gab es diesen besonderen Chardonnay, den die Kellerei erst kürzlich herausgebracht hatte, den man bereits als einen möglichen Medaillengewinner pries. Der wäre ein geeigneter Neuzugang.

      Aber da klingelte Marcellos Telefon.

      „Du solltest doch besser gehen“, sagte er. „Lass uns später reden.“

      Froh darüber, dass ihr Tag eine zweite Begegnung mit Marcello versprach, trat Olivia durch den hohen Torbogen in den Verkostungsraum.

      Der geräumige Bereich war das Herzstück der Kellerei. Von dem breiten Holztresen zu der dramatischen Kulisse aus Weinfässern mit dem goldenen La Leggenda-Logo darüber, strahlte er eine beeindruckende Atmosphäre aus.

      Jeden Tag nach Eröffnung wimmelte es in dem großen Raum von Gästen, die die Auszeichnungen und Zertifikate des Weinguts bestaunten und sich die Geschichte von La Leggenda durchlasen, die auf großen Postern an den Wänden ausgestellt war – ein kürzlich hinzugefügtes, touristenfreundliches Detail, das bereits ein Touristenmagnet war. Da es Hochsommer war, wusste Olivia, dass es ein anstrengender Tag werden würde und sie Paolo, einer der Kellner aus dem berühmten Restaurant der Kellerei, um Hilfe bitten müssen würde.

      Olivia schloss die Seitentür auf und trat hinter den Tresen. Das war ihr Reich, gesäumt von Kühlschränken und Regalen und Schränken mit Gläsern. Hinter der beeindruckenden Kulisse befand sich ein sogar noch größerer Bereich – der geräumige Lagerraum mit Reihen aus Regalen, auf denen Tausende von Weinen gelagert


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