Der Bergpfarrer Staffel 15 – Heimatroman. Toni Waidacher
Читать онлайн книгу.Bauern verliebt hatte.
Zwar winkte ihr auch das Glück, hier die Bäuerin zu werden, sie selbst hatte nur die Wahl auf dem Hof des Vaters zu bleiben und später ihre Bruder als Magd zu dienen, wenn der einmal alles erbte, aber das war nicht unbedingt ausschlaggebend. Es war der Mann, der sie ansprach, und den sie für sich gewinnen wollte. Sie konnte ihr Glück kaum fassen, als es ihr wirklich gelang, und seit sie ein Paar waren, schien Tobias tatsächlich die Finger von anderen Madln zu lassen.
Diese andere Frau mußte wirklich was ganz Besonderes sein, überlegte sie eifersüchtig, wenn sie es schaffte, ihn doch durcheinander zu bringen!
Nach dem mißlungenen Abend war sie zum Rauchingerhof gefahren, in der Hoffnung, Tobias’ Laune habe sich gebessert. Doch das war ein Trugschluß.
»Ich will jetzt wissen, wer diese Frau ist«, setzte sie alles auf eine Karte, »oder du bist mich los!«
Er hatte sie nur angesehen und mit der Schulter gezuckt.
»Dann geh’ doch«, hatte er geantwortet.
Und Franzi war aufgesprungen und hinausgestürmt.
Vier Tage hielt sie es aus. Sie rief nicht an und suchte auch nicht die Orte auf, von denen sie wußte, daß Tobias dort anzutreffen sei. Doch dann wurde die Sehnsucht übermächtig, und die Angst, er könne diese andere Frau getroffen haben. Deshalb war sie heute zum Hof gefahren, in der Hoffnung, es würde wieder alles gut werden.
*
Als der Bauer die Küche betrat, sprang Franziska auf und lief ihm entgegen.
»Da bist’ ja«, sagte sie und umarmte ihn stürmisch.
»Grüß dich«, nickte er und machte sich wieder frei.
Unsicher schaute Resl zu ihnen hinüber.
Hoffentlich hab’ ich mich net verplappert, dachte sie.
Franziska war vor einer guten Stunde hereingekommen und hatte sich zu ihr gesetzt.
»Wie geht’s?« fragte sie. »Gibt’s was Neues?«
Resl zuckte nur die Schultern und legte die Wäsche zusammen, die sie eben von der Leine genommen hatte.
Wie sollte es ihr schon gehen? Und was sollte es Neues geben?
Der Tagesablauf war immer der gleiche. Morgens aufstehen und das Frühstück machen, während die Männer sich um die Viecher kümmerten. Dann Hausputz, der Garten, Essen kochen, Waschen und Bügeln. Tagaus, tagein. Überraschungen gab es in Resls Leben nicht, und das war auch gut so.
»Sag’ mal«, wollte Franziska etwas aus ihr herauslocken, »was ist denn mit dem Tobias? Du weißt ja daß wir uns am Sonntag gestritten haben. Hat er sich wieder beruhigt?«
Die Magd zuckte die Schultern.
»Ich kann nix Ungewöhnliches an ihm feststellen«, antwortete sie. »Er ist so wie immer.«
Was allerdings nur die halbe Wahrheit war. Tobias war keineswegs mehr derselbe Mensch, der er war, bevor diese Brigitte hier aufgetaucht war. Aber er hatte sie gebeten, die Sache für sich zu behalten und Franzi gegenüber nichts davon zu erwähnen.
Das Madl blickte sie durchdringend an.
»Wirklich?«
Die Bauerntochter beugte sich zu Resl und legte ihre Hand auf ihren Arm.
»Du weißt doch, daß wir uns im Grunde mögen«, sagte sie. »Vor ein paar Tagen noch, ehe es zu diesem Streit kam, da hat der Tobias mich gefragt, ob ich seine Frau werden will. Du kannst dir net vorstellen, wie glücklich ich darüber war und ich hab’ natürlich Ja gesagt. Leider ist dieser dumme Streit jetzt da. Ich möcht’ ihn so gern’ beenden.«
Die Magd hatte sie erstaunt angesehen.
»Heiraten will er dich?« fragte sie ungläubig.
»Ja«, behauptete Franziska und nickte nachdrücklich. »Ich hab’s erst auch net glauben wollen, aber er hat’s wirklich ernstgemeint.«
Resl lächelte.
»Na, dann kann ich euch ja nur alles Gute wünschen. Wann soll denn die Hochzeit sein?«
»Darüber haben wir noch net gesprochen. Aber lang’ wollen wir net mehr warten«, antwortete Franzi, in vollem Bewußtsein, daß sie Resl eine faustdicke Lüge auftischte. »Allerdings…«
Sie machte ein trauriges Gesicht.
»… allerdings ist da dieser dumme Streit. Wenn ich nur wüßt’, was in den Tobias gefahren ist!«
Die Magd atmete tief durch. Daß der Bauer heiraten wollte, gefiel ihr außerordentlich. Schon lange war ihr Tobias’ Lebenswandel ein Dorn im Auge, und Franziska war bestimmt keine schlechte Wahl. Als Tochter eines reichen Bauern würde sie bestimmt eine reiche Mitgift bekommen und gewiß konnte sie gut arbeiten und kannte sich mit allem aus, was man als Bäuerin wissen mußte.
»Na ja, es ist so…«, sagte sie schließlich, »diese Frau hat ihn ziemlich durcheinander gebracht.«
»Die Urlauberin?« fragte das Madl sofort.
»Keine Urlauberin«, schüttelte Resl den Kopf. »Die Brigitte Granzinger arbeitet bei einer Filmfirma, die irgendwas in St. Johann drehen. Sie und Tobias kennen sich von früher. Da sind s’ wohl ein heimliches Liebespaar gewesen. Die Brigitte stammt aus Waldeck, hat er erzählt, und ist seinerzeit nach dem Tod des Vaters nach München gegangen. Sie hatten Streit deswegen, aber er hat sie nie so recht vergessen können. Und nun stand sie plötzlich wieder vor ihm und hat das alles wieder aufgewühlt.«
Sie schaute Franziska verschwörerisch an.
»Wenn du ihn zurückgewinnen willst, dann mußt’ dafür sorgen, daß er diese Frau vergißt«, sagte sie eindringlich. »Aber verrat’ ihm net, daß du’s von mir weißt.«
Franziska war bei den Worten der Magd heiß und kalt geworden. Sie schüttelte den Kopf.
»Keine Angst. Von mir erfährt er nix«, versprach sie. »Aber danke, daß du’s mir gesagt hast.«
»Ich glaub’ da kommt er«, meinte Resl.
Franzi schaute auf. Das Motorengeräusch des Traktors war nicht zu überhören. Als Tobias dann in die Küche trat, sprang sie auf und tat, als wäre nichts geschehen.
Der Bauer ging zum Kühlschrank und nahm einen Milchkrug heraus. Nachdem er getrunken hatte, setzte er sich auf seinen Platz auf der Eckbank. Resl nahm den Wäschekorb und ging hinaus.
Franziska setzte sich neben ihn und legte ihren Arm um seinen Hals.
»Bist’ noch bös’, wegen dem dummen Streit vom Sonntag?« fragte sie und streichelte sein Nackenhaar.
»Net!« Er schüttelte unwillig den Kopf und wollte ihren Arm von sich nehmen.
Doch sie hielt seine Hand fest.
»Tobias, was soll das?« rief Franziska ärgerlich. »Himmel ja, wir haben uns gestritten. Aber das ist doch Schnee von gestern. Man muß doch auch mal verzeihen können, und wenn ich’s recht bedenk’, dann bin net ich es, die zu Kreuze kriechen muß.«
Tobias schwieg und starrte zu Boden.
»Aber ich bin bereit, einen Schlußstrich zu ziehen«, sagte sie in versöhnlicherem Ton. »Komm, gib mir einen Kuß, und wir vergessen alles.«
Endlich hob er den Kopf und sah sie an.
»Es ist was geschehen, Franziska, worüber ich mit dir reden muß.«
Ihr Herz klopfte bis zum Hals hinauf.
Aha, dachte sie, jetzt kommt die Generalbeichte.
»Du weißt, daß ich dich mag«, fuhr der junge Bauer fort. »Aber ich hab’ dir nie gesagt, daß ich dich liebe.«
Franzi biß sich auf die Lippen. Es stimmte. Sie hatte oft beteuert, wie sehr sie ihn liebte, daß er alles