Die Zähmung der wilden Lorinda. Barbara Cartland

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Die Zähmung der wilden Lorinda - Barbara Cartland


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„Ich habe dich nicht so früh zurück erwartet, Lorinda.“

      „Was ist passiert, Papa? Erzähle mir jetzt bitte nicht, daß du die Absicht hast, dich zu duellieren.“

      Da ihr Vater nicht antwortete, ging sie zu seinem Schreibtisch und sah ihn an.

      „Was ist, Papa?“

      Es schien, als wollte der Earl ihr die Antwort verweigern, aber dann warf er sich in seinen Stuhl zurück und sagte trotzig: „Ich wollte mich gerade erschießen.“

      „Papa, das kann nicht dein Ernst sein!“

      „Ich habe alles verloren, was wir besitzen.“

      Lorinda erwiderte nichts. Dann setzte sie sich auf einen Stuhl ihm gegenüber und sagte: „Erzähle mir genau, was passiert ist.“

      „Ich habe mit Charles Fox gespielt“, antwortete der Earl.

      Lorindas Lippen wurden schmal, denn sie wußte zu gut, daß Charles James Fox der gefährlichste Gegner war, den ihr Vater hätte wählen können. Er war ein nationaler Politiker von enormer Beredsamkeit, dickbäuchig, unordentlich, mit einem Doppelkinn, schwarzen struppigen Augenbrauen und einem außergewöhnlichen Charme. Da der König ihn verabscheute, war er ein naher Freund des Prinz of Wales geworden, der ihn nicht mehr missen mochte. Er war der Sohn eines überaus reichen Vaters und hatte seine Leidenschaft für das Spiel entdeckt. Er und sein Bruder hatten einmal an einem Abend 32 000 Pfund verloren.

      Lorinda dachte bitter, daß eine der seltenen Gelegenheiten, bei denen Charles Fox einmal gewann, ausgerechnet zu Lasten ihres Vaters gehen mußte. Die nächsten Worte des Earls bestätigten ihre Gedanken.

      „Ich hatte eine Gewinnsträhne. Eine große Summe war bereits in meinem Besitz. Da wendete sich das Glück und war plötzlich auf der Seite von Charles Fox. Ich dachte, das kann nicht anhalten. Als ich aber einige Zeit später den Tisch verließ, war mir nichts mehr verblieben, was ich hätte setzen können.“

      Es entstand eine Pause. Dann fragte Lorinda mit fester Stimme: „Wie viel hast du verloren?“

      „100 000 Pfund.“

      Das war eine riesige Summe, und doch war sie für viele der reichen Spieler im exklusiven White’s Club durchaus noch zu bewältigen. Für sie aber bedeutete es eine Katastrophe.

      Sie besaßen dieses Haus in London und ihren alten Familiensitz in Cornwall auf dem Land. Ihr Einkommen war klein, sie lebten stets über ihre Verhältnisse und in dem Glauben, daß eines Tages ein Glücksumstand eintreten werde. Lorinda hatte ihrem Vater jeden größeren Spielgewinn abgenommen, damit er ihn nicht wieder verspielen konnte. Niemals zuvor allerdings hatte sich ein Spielverlust einer ähnlich hohen Summe genähert.

      „Für mich gibt es nur noch einen Ausweg“, sagte der Earl heiser, „und das ist, mich zu erschießen. Fox wird seinen Gewinn nicht fordern können, wenn ich nicht mehr auf der Welt bin.“

      „Du weißt ebenso gut wie ich, Papa, daß es sich um Ehrenschulden handelt“, sagte Lorinda. „In einem solchen Falle müßte ich sie zahlen.“

      „Ist das wirklich wahr?“

      „Natürlich“, antwortete sie. „Wenn du mich mit diesem Schuldenberg zurückläßt, wäre das äußerst schäbig.“

      Ihre Stimme war zornig geworden. Sie stand auf, ging zum Fenster und zog die Vorhänge beiseite. Die Sonne ging auf, ihre ersten Spuren verfingen sich oben an den Dachzinnen.

      „Ich hatte gehofft“, sagte der Earl hinter ihr, „daß Fox, wenn ich tot wäre, die Schulden streichen würde und dies für dich ein Ausweg wäre.“

      „Ein Ausweg für dich, nicht für mich“, erwiderte Lorinda ruhig „Aber was immer man den Cambornes nachsagen mag, Feiglinge sind sie nie gewesen.“

      „Verdammt, ich verbiete dir, mich einen Feigling zu nennen“, sagte ihr Vater scharf.

      „Ich kann mir nichts feigeres vorstellen, als wenn du dich auf meine Kosten davonschleichen würdest“.

      Ihr Vater stieß die Pistole ungeduldig beiseite.

      „Wenn du so darüber denkst, dann wird dir vielleicht ein anderer Ausweg einfallen?“

      „Es gibt doch überhaupt nur einen einzigen Ausweg“, sagte sie und kam wieder auf den Schreibtisch zu.

      „Ich sehe überhaupt keinen Ausweg“, meinte der Earl.

      „Gut, dann will ich ihn dir nennen“, antwortete sie. „Wir werden dieses Haus mit allem Drum und Dran verkaufen, das wird eine ziemlich große Summe bringen. Danach ziehen wir uns nach Cornwall zurück.“

      „Nach Cornwall?“

      „Warum nicht? Zumindest so lange, bis wir das Haus dort verkauft haben, das heißt, falls wir jemanden finden, der es uns abkauft.“

      Der Earl schlug so heftig mit der Faust auf die Schreibtischplatte, daß das Tintenfaß klapperte.

      „Ich werde das Heim meiner Vorfahren, deren Stammbaum bis zu den Normannen zurückreicht, nicht verkaufen!“ rief er. „Dazu wird es nicht kommen, daß ein Camborne jemals soweit sinkt, das Geburtshaus seiner Ahnen zu verschleudern.“

      Lorinda zuckte mit den Schultern.

      „Es wird dir kaum etwas anderes übrig bleiben“, erwiderte sie. „Ich glaube nicht, daß dieses Haus hier mit allem, was es enthält und mit Mamas Juwelen, mehr als 50 000 Pfund bringen wird.“

      Der Earl schlug sich die Hände vor die Augen.

      „Oh Gott!“ brach es aus ihm heraus, „warum, zum Teufel, war ich ein solcher Narr?“

      „Klagen werden dir jetzt wenig nutzen“, meinte Lorinda ungerührt. „Wir müssen den Tatsachen ins Auge sehen, Papa. Und ich nehme an, daß ich mich um alles werde kümmern müssen. Du wirst Charles Fox um einen Zahlungsaufschub bitten müssen, denn innerhalb der üblichen zwei Wochen wirst du die ganzen 100 000 Pfund nicht zahlen können.“

      „Muß ich neben meinen anderen Demütigungen vielleicht auch noch auf die Knie vor ihm fallen?“ fragte der Earl ärgerlich.

      „Es ist alles deine Schuld“, sagte Lorinda.

      Er blickte zu ihr hoch und sah in ihren grünen Augen einen Ausdruck, der ihn wütend ausrufen ließ: „Du lieber Himmel, du könntest mir schon etwas mehr Verständnis entgegenbringen! Hast du denn gar kein Gefühl für mich oder für irgendetwas?“

      „Wenn du die Wahrheit wissen willst“, sagte Lorinda, „ich verachte dich.“

      Sie machte eine Pause, ihr Vater sagte nichts, und sie fuhr fort: „Ich verachte dich, wie ich alle Männer verachte. Ihr seid alle gleich und so schwach wie Wasser im Bach, wenn es um die Erfüllung eurer Wünsche geht. Von einer Frau aber erwartet ihr, daß sie eure Dummheiten belächelt und über eure Vergehen in Tränen ausbricht. Nun, ich sage dir hiermit ganz klar, daß ich keines von beiden tun werde.“

      Sie nahm die Pistole vom Schreibtisch und sagte in scharfem Ton: „Ich nehme das hier mit, denn ich traue dir nicht! Morgen werde ich mit den Vorbereitungen zu dem Verkauf des einzigen Ortes beginnen, der mir jemals so etwas wie ein Zuhause war. Ich hoffe, daß ich einen Liebhaberpreis erzielen kann für die Schätze, die unsere Vorfahren zusammengetragen haben, und für den Schmuck, der meiner Mutter so viel Freude gemacht hat.“

      Sie ging auf die Tür zu, drehte sich dann noch einmal um und blickte ihren Vater an. Der Schein der Kerzen fiel schimmernd auf ihr rotes Haar.

      „Wenn es dir zu viel Aufregung bereitet“, sagte sie geringschätzig, „würde ich dir empfehlen, sofort nach Cornwall aufzubrechen und zu versuchen, dort etwas Ordnung in die Ruine zu bringen, die uns noch verblieben ist.“

      Am späten Morgen wachte Lorinda aus einem tiefen Schlaf auf. Als ihre Zofe die Vorhänge vom Fenster zurückzog, erinnerte sie sich sofort an die Aufgabe, die vor ihr lag. Angesichts der großen Probleme verhielt sie sich dennoch


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