Leni Behrendt Staffel 3 – Liebesroman. Leni Behrendt

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Leni Behrendt Staffel 3 – Liebesroman - Leni Behrendt


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immer weiter, rannte so gehetzt wie um ihr Leben. In ihrem Schlafzimmer warf sie sich auf den Diwan und ließ den Tränen freien Lauf. Weinte wie ein Mensch, der Weg und Steg verlor, der sich in der Verirrung nicht mehr zu helfen weiß.

      Was ist denn nur mit den Männern los? dachte sie verzweifelt. Der eine schüttelt mich ab wie ein lästiges Insekt, der andere wiederum verliebt sich in mich. Und ich will doch weder von dem einen noch von dem anderen was wissen – schon gar nichts von der vielgepriesenen Liebe. Lieber Gott, sei barmherzig und beschütze mich vor allen Männern der Welt.

      *

      Als Trutz auf der Terrasse anlangte, und zwar gemächlichen Schrittes, schaute er in zwei verstörte Gesichter.

      »Trutz, was um alles in der Welt, ist denn geschehen?« fragte die Großmutter erregt. »Zuerst lief Gisbert an uns vorüber, als ob er gejagt würde, bald darauf tat es Ragnilt. Sind die beiden etwa…?«

      »Ja, sie sind«, kam die Antwort gelassen. Mit einer Ruhe, die andere rasend machen konnte, ließ Trutz sich in einem Korbsessel nieder, entnahm dem Etui eine Zigarette, steckte sie in Brand, lehnte sich zurück und schlug ein Bein über das andere.

      »Junge, so sprich doch endlich!« herrschte die alte Dame ihn an. »Du hast manchmal eine ganz verflixte Art, erregte Menschen mit deiner philosophischen Gelassenheit auf die Folter zu spannen!«

      Da ließ er sich endlich herab, Bericht zu erstatten. Als er beendet war, sagte Hermine betroffen:

      »So war das also. Nun, da sind auch wir nicht schuldlos, weil wir wußten, daß Gisbert für Ragnilt mehr empfindet als seiner Herzensruhe dienlich ist. Ergo hätten wir nicht so vertrauensselig sein dürfen, sondern mehr auf die beiden achten müssen.«

      »Was ich ja tat«, warf Trutz gelassen ein. »Sonst wäre ich wohl kaum zur Stelle gewesen, als das Herz mit dem Verliebten durchging. Der Junge ist weiß Gott ein anständiger Mensch, der bestimmt nicht skrupellos in eine Ehe einbrechen wird – aber er ist ein einundzwanzigjähriger Heißsporn – und Ragnilt eine Mensch gewordene Lorelei.«

      »Welch ein abscheulicher Vergleich!« entrüstete Brunhild sich. »Von der männermordenden Sirene hat unsere Kleine doch wahrhaftig nichts an sich. Da sag schon lieber Circe.«

      »Als ob das nicht dasselbe wäre«, lachte Trutz amüsiert. »Ob sie da so heißen oder so, gefährlich sind sie alle.«

      »Du scheinst da so allerlei Erfahrungen gesammelt zu haben«, bemerkte die Großmutter trocken, und er schmunzelte.

      »Kannst du mir das verdenken? Aber beruhige dich, ich habe mich stets aalglatt aus jeder Affäre gezogen.«

      »Und dein Herz?«

      »Das blieb von allen Scharmützeln unberührt.«

      »Na, wenigstens ein Trost. Aber schweifen wir nicht von dem Nächstliegenden ab. Beraten wir lieber, was nun werden soll. Denn so kann deine Ehe doch unmöglich weitergehen.«

      »Und warum nicht?«

      »Weil sie ein Unding ist.«

      »Liebe Großmama«, entgegnete er gelassen, dabei den Zigarettenrest in die Aschenschale drückend. »So manche Ehe ist ein Unding – und besteht doch. Wahrscheinlich darum, weil die Ehepartner zu gewissenhaft oder auch zu bequem sind, um ein Verhältnis, an das sie sich gewöhnt haben, zu lösen.«

      »Na, wenn du kein Egoist bist, dann gibt es so was überhaupt nicht!« war Brunhild empört. »Du magst ja so bequem sein – aber deine Frau? Ich zittere direkt vor dem Augenblick, da ein Mann in ihr Leben tritt, der ihre Schönheit, ihren bezaubernden Charme genügend zu würdigen weiß… und…, und…«

      »Ist doch bloß gut, daß du stotterst, Brunchen«, lachte er sie einfach aus, sich dabei eine Pfeife stopfend. »So bleibt das wenigstens unausgesprochen, was man beinahe befürchten könnte. Aber auch nur beinahe. Denn Ragnilt ist eine so gute Mutter, daß sie lieber auf persönliches Glück verzichten würde, als ihr Kind aufzugeben, das bei einer Scheidung mir zugesprochen würde – weil sie dann eben der schuldige Teil wäre. Denn was ich vor ungefähr drei Jahren tat, ist nicht mehr gültig, weil ich ja zu meiner Frau zurückkehrte und so eine Fortsetzung der Ehe wünschte. Aber falls sie sich einen Liebhaber anschafft…«

      »Pfui, Trutz!«

      »Aber was denn, Brunchen, ich sagte doch: falls. Im übrigen wollen wir uns über ungelegte Eier nicht den Kopf zerbrechen, wie es bei uns in der Landwirtschaft so treffend heißt – oder wenn dir das besser eingeht: Kommt Zeit, kommt Rat.«

      »Deine Gelassenheit möchte ich haben«, seufzte die Großmutter. »Aber wie dem auch sei, meine Sorge gilt jetzt erst mal Gisbert. Wie mag dem armen Jungen zumute sein, der sich wie ein losgelöstes Blatt vom Baum vorkommen muß. Wenn wenigstens seine Mutter zu Hause wäre.«

      »Dann würde er mit seinem augenblicklichen Jammer bestimmt nicht zu ihr gehen«, spann Trutz den gerissenen Gesprächsfaden weiter. »Vielleicht wird er ihr mal von seiner Herzensverirrung erzählen, wenn diese längst entwirrt ist, vielleicht auch nicht – wir jedenfalls wollen den Mund halten.«

      »Das wollen wir«, bekräftigte Brunhild. »Und soweit ich Rag­nilt kenne, würde sie sich eher die Zunge abbeißen, als über Gisberts Entgleisung zu sprechen. Denn erstens mag sie ihn viel zu gern, um ihn in den Augen anderer herabzusetzen – und dann ist ihr das alles bestimmt zu peinlich, um es überhaupt in Worte zu fassen. Hab’ ich recht?«

      »Wie immer, Brunchen.«

      »Spottest du etwa?« sah sie ihn mißtrauisch an. »Bei dir kann man nämlich nie wissen, was Spott oder Ernst ist.

      Laßt mich einer bloß mit den Mannsleut’ zufrieden! Ich bin froh, mit einer so schwierigen Angelegenheit nicht belastet zu sein. Vor einem Vierteljahrhundert, ja, da hätte ich es mit Freuden getan. Aber was hätte mir in der Ehe geblüht? Gram um den Heideldeidel von Mann, Sorge um das tägliche Brot und gar noch eine Stube voller Kinder.

      Sieh mich nur nicht so mitleidig an, Herminchen. Das alles ist ja längst vorbei – so vorbei, daß ich über das, was mir damals herzblutenden Jammer bereitete, mit der Abgeklärtheit eines Philosophen sprechen kann. Ich weiß nur nicht, was geworden wäre, hättest du dich nicht meiner erbarmt und mich bei dir aufgenommen, liebe Tante Hermine.«

      »Na, na«, wehrte diese verlegen ab. »Bei der Aufnahme war ein guter Teil Egoismus dabei. Gerade da hatte ich meinen Jungen an den erbarmungslosen Tod hergeben müssen und war so bitter einsam. Denn der Enkel war ja viel zu klein, um mir Halt und Stütze zu bieten. Das jedoch hast du getan, mein Brunchen, deshalb hab’ ich dir mehr zu danken als du mir. Und nun wollen wir das traurige Einst lassen und uns mit dem Jetzt befassen, das gewiß auch nicht rosig ist. Denn einen Menschen, den man gern hat, im Herzenskonflikt zu wissen, geht einem schon nahe. Und ich weiß nicht, ob er überhaupt damit fertig werden wird, der arme Kerl.«

      »Das glaube ich doch, Großmama. Er ist ja kein Schwächling, sondern eine gesunde, kernige Natur.«

      »Hm, und wie ist es mit Ragnilt? Sie schien mir recht verstört und wird Zuspruch brauchen. Ob ich mal nach ihr sehe?«

      »Nein, Umi. Wir wollen sie in dem Glauben lassen, daß du und Tante Brunhild von der heutigen Episode nichts wißt. Mag sie ruhig bangen und barmen, das kann ihr gar nichts schaden. Dann wird sie vielleicht zu der Erkenntnis gelangen, daß sie die Männer nicht mit der Unbekümmertheit betrachten darf wie ein Kind einen guten Onkel.«

      »Weil sie ja doch alle mehr oder minder Wölfe im Schafspelz sind«, fügte Brunhild lachend hinzu. »Warum schaust du denn so angestrengt auf deine Uhr? Du hast doch nicht etwa ein Rendezvous?«

      »Ja, im Verwalterhaus«, kam es gleichfalls lachend zurück. »Ackermann hat nämlich Geburtstag, und ich hab’ ihn tagsüber nicht erwischen können, um ihm meinen Glückwunsch auszusprechen. Doch jetzt werde ich wohl seiner habhaft werden, weil man drüben feiert. Also ist mein Besuch trotz dieser vorgerückten Stunde immer noch angebracht. Oder bist du anderer Ansicht, Großmama?«

      »Nein, mein Junge, geh nur, du


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