Fear Street 58 - Die Mutprobe. R.L. Stine

Читать онлайн книгу.

Fear Street 58 - Die Mutprobe - R.L. Stine


Скачать книгу
tut mir so leid“, murmelte sie.

      „Es ... es gibt da etwas, was ich dir nicht erzählt habe“, sagte er zögernd. Sein Gesicht verdüsterte sich.

      Sie wartete darauf, dass er weiterredete.

      „Ich habe ihn gefunden. Er saß ganz normal an seinem Schreibtisch. Er saß aufrecht da, als würde er noch leben. Und in seinem Kassettenrekorder lief ein seltsames Band. Ganz laut.“

      Sam holte tief Luft. Dann stieß er sie langsam aus und fuhr fort: „Ich sah ihn vor dem Kassettenrekorder sitzen. Ich ... ich bin hingegangen und hab was gesagt, und er ... er hat nicht geantwortet. Dann bin ich noch näher gekommen. Seine Augen waren zwar offen, aber er hat nicht mehr geatmet. Ich habe einen Krankenwagen gerufen, aber es war schon zu spät.“

      „Haben sie festgestellt, woran er gestorben ist?“, fragte Tanja leise.

      Sam schüttelte den Kopf. „Es ist ein Rätsel, Tanja. Ein absolutes Rätsel. Die Ärzte, der Leichenbeschauer – keiner konnte es herausfinden. Und zum Schluss haben sie bloß angegeben, dass es ein natürlicher Tod war.“

      „Das ist echt furchtbar.“ Ihre Worte klangen hölzern. Doch Tanja wusste nicht, was sie sonst sagen sollte.

      „Es geht noch weiter“, meinte Sam, ohne sie anzusehen. „Die schlechten Neuigkeiten hören nicht mehr auf.“

      „Was ist es?“, fragte Tanja zögernd.

      „Dad hat uns nichts hinterlassen, wir sind so gut wie pleite. Vielleicht müssen wir sogar aus diesem Haus ausziehen. Kannst du dir das vorstellen?“

      „Das tut mir wirklich leid.“ Tanja streichelte seinen Arm und versuchte, ihn zu trösten. „Es wird schon wieder werden“, sagte sie.

      „Das muss es auch!“, stieß Sam aus. Plötzlich veränderte sich sein Gesichtsausdruck. Er sprang vom Sofa auf. „Ich will dir was zeigen“, sagte er und kniff die Augen zusammen. „Etwas sehr Seltsames.“

      Tanja folgte Sam die Treppe hinauf zu seinem Zimmer im ersten Stock. Sie gingen leise, um Mrs Varner nicht zu wecken, die auf der Couch im Wohnzimmer eingeschlafen war. Sam hatte erzählt, dass sie seit dem Tod ihres Mannes nicht mehr in ihrem Zimmer schlafen konnte.

      Sams Zimmer war zwar kaum groß genug für sein Bett, den Schreibtisch und den Schrank, doch es war ordentlich. An einer Wand hing das Poster eines Basketballspielers. An der Schranktür lehnte seine Gitarre.

      Tanja starrte auf das gerahmte Foto, das auf seiner Kommode stand. Es war ein Schnappschuss von Sam und ihr, der bei einem Schulball gemacht worden war. Es war ein lustiges Bild, auf dem beide idiotisch grinsten.

      Als Tanja sich von der Kommode abwandte, merkte sie, dass sie in ein Schlafzimmer im Nachbarhaus sehen konnte. Die Vorhänge waren offen, und es brannte Licht. Tanja konnte im Hintergrund des Zimmers unscharf eine Person erkennen.

      Sam holte eine Kassette aus seiner Schreibtischschublade. „Ich spiele dir jetzt etwas vor“, sagte er ernst.

      „Eine Kassette? Meinst du Musik?“

      „Nein.“ Er steckte die Kassette in den Rekorder.

      In diesem Augenblick tauchte im Fenster des Hauses nebenan ein Gesicht auf. Überrascht fuhr Tanja zusammen. Sie blinzelte und versuchte, das Gesicht deutlicher zu sehen.

      Es schien unmöglich.

      „Sam, sieh mal. Das ist Maura“, flüsterte sie erschrocken. „Spioniert sie uns nach? Was macht sie da drüben?“

      4

      Tanja packte Sam am Ärmel. „Was macht Maura da drüben, Sam?“, flüsterte sie.

      „Sie wohnt dort“, antwortete Sam gelassen. „Hast du denn nicht gewusst, dass wir Nachbarn sind?“

      Sie schüttelte den Kopf. „Ich wusste zwar, dass Maura in deiner Nähe wohnt, aber ich habe das Treffen bei ihr verpasst. Ich hatte keine Ahnung, dass du direkt in ihr Fenster sehen kannst. Das ist echt seltsam.“

      „Eigentlich“, sagte er, „war es voll cool, als wir zusammen waren. Wir konnten in unserem Zimmer bleiben und uns die ganze Nacht unterhalten, wenn wir Lust dazu hatten. Aber jetzt ist es ein komisches Gefühl.“

      Tanja starrte wieder aus dem Fenster. Mauras und ihr Blick trafen sich. Maura winkte herüber.

      Tanja winkte nicht zurück. Sie ging ans Fenster und zog Sams Rollo herunter. „Gute Nacht, Maura“, dachte sie.

      Tanja wurde langsam ungeduldig. Es war schon spät, und sie hatten ihre Matheaufgaben noch nicht einmal angesehen.

      Sie ging vom Fenster weg. Sam hatte gerade das Band in seinen Kassettenrekorder eingelegt. „Sam, ich hab jetzt keine Zeit für Musik“, sagte sie. „Wir müssen ...“

      „Das ist die Kassette meines Vaters“, unterbrach er sie. „Das hat er sich angehört, als ich ihn an seinem Schreibtisch fand. Schau dir das an.“

      Er reichte ihr die Kassettenhülle. Tanja kniff die Augen zusammen, um die Beschriftung entziffern zu können. Auf dem Schildchen standen zwei Wörter in Dr. Varners zierlicher Druckschrift: Übertragungs-Kassette.

      „Übertragungs-Kassette? Was soll das bedeuten?“

      „Du musst es dir selber anhören“, sagte Sam ernst. „Es ist ganz seltsam.“ In seinen Augen erschien ein merkwürdiges Glitzern, das Tanja nervös machte. „Du weißt doch, dass mein Vater Wissenschaftler an der Uni war, stimmt’s? Bevor er starb, hatte er einen isolierten Volksstamm aus Neuguinea erforscht.“

      Sam drückte auf einen Knopf, und das Band fing an zu laufen. Tanja hörte einen seltsamen Gesang. Tiefe und schrille Stimmen, die in einem monotonen, mechanisch klingenden Rhythmus sangen.

      „Es hört sich nicht wie Menschenstimmen an“, flüsterte sie. „Die Töne wiederholen sich ständig.“

      „Pssst.“ Sam hob einen Finger an die Lippen. „Hör einfach zu.“

      Er schloss die Augen und schien in eine Art Trance zu fallen.

      Tanja sah, dass sich seine Lippen lautlos bewegten. Was machte er da? Sang er etwa mit?

      Sie fing an, sich Sorgen um ihn zu machen.

      Die fremden Stimmen wurden lauter. Der Rhythmus wurde immer schneller.

      Tanja bekam hämmernde Kopfschmerzen. Plötzlich wurde ihr schwindelig.

      „Das halte ich nicht mehr lange aus“, dachte sie. Sie presste die Hände auf die Ohren, doch sie konnte die Stimmen immer noch hören. Sie zerrte an Sams Ärmel, aber er machte die Augen nicht auf. Seine Lippen bewegten sich lautlos zu dem schnellen Gesang.

      „Das macht mich ganz verrückt! Stell es ab!“, schrie sie.

      Aber Sam schien sie nicht zu hören.

      „Sam! Sam, bitte!“

      Er reagierte nicht.

      Voller Panik packte Tanja ihn mit beiden Händen an den Schultern und schüttelte ihn.

      „Sam? Sam? Kannst du mich hören? Ist alles in Ordnung?“

      5

      „Was?“

      Sam machte langsam die Augen auf.

      Tanja ließ seine Schultern los. „Sam ... die Musik ... du hast mich nicht mehr gehört ... du ...“, stammelte sie.

      Er sah sie mit offenem Mund an und war anscheinend überrascht, sie in seinem Zimmer zu sehen. „Was ist los? Was willst du?“

      „Sam!“, sagte sie scharf. „Stell die Kassette ab, bitte! Es ist schrecklich. Ich kann den Gesang nicht ausstehen. Ich hasse ihn!“

      Tanja


Скачать книгу