Reich mit Raritäten. Gerald Pilz

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Reich mit Raritäten - Gerald Pilz


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       Lohnen sich Briefmarken als Wertanlage?

      Anfang der achtziger Jahre, als die Inflation noch relativ hoch war, hätte man diese Frage uneingeschränkt bejaht. Die Philatelie konnte sich über viele Jahrzehnte behaupten.

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      Einen wahren Boom gab es in Deutschland nach der Wiedervereinigung im Jahr 1991.

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      Damals legten Briefmarken aus der DDR innerhalb weniger Monate um ein Vielfaches zu und erzielten exorbitante Preise. Die einst geschmähten Wertzeichen aus dem Osten wurden zu begehrten Raritäten. Denn Sammler hierzulande hatten kaum Postwertzeichen aus Ostdeutschland und so schnellte deren Wert empor. Doch schon zehn Jahre später machte sich allenthalben Ernüchterung breit, und der gesamte Markt fiel. Immer weniger junge Leute konnten für das angestaubte Hobby gewonnen werden.

      Falls Sie nun denken, Sie könnten dieses Kapitel getrost überschlagen und sich der nächsten Sachwertanlage widmen, dann sollten Sie etwas Geduld aufbringen und nicht vorschnell urteilen.

      Einige Briefmarken erzielen durchaus respektable Wertsteigerungen, und außerdem haben die kleinen Bildchen noch weitere entscheidende Vorteile, die nur wenige andere Wertanlagen für sich beanspruchen können.

      Überlegen Sie einmal: Mit welchem Sachwert könnten Sie am ehesten einer Diktatur oder einem Krisengebiet entkommen? Stellen Sie sich zudem vor, Sie hätten zur Zeit des Ersten oder Zweiten Weltkriegs oder in einer anderen schwierigen Epoche gelebt. Als die galoppierende Inflation von 1923 kam und ein Brot mehrere hundert Milliarden Reichsmark kostete, hätten Sie mit Ihren gesamten Ersparnissen auf dem Konto höchstens eine Streichholzschachtel kaufen können. Damals wurden sogar Löhne in der Mittagspause ausbezahlt, damit die Menschen noch schnell einkaufen gehen konnten. Ihr gesamtes Sparbuch hätte nicht ausgereicht, um nur ein Brötchen zu erstehen.

      Viel besser wären Sie mit einer sorgfältig zusammengestellten Briefmarkensammlung aufgestellt gewesen; denn ein solches Album hätte auch in der Zeit der Hyperinflation nicht an Wert verloren. Voraussetzung ist natürlich, Sie hätten nicht überall erhältliche Allerweltsbriefmarken, sondern begehrte Exemplare aus dem 19. Jahrhundert Ihr Eigen genannt.

      Sie werden nun einwenden, dass andere Wertanlagen in Ihren Augen aber doch etwas besser sind – beispielsweise Gold oder Immobilien. Doch sind Sie wirklich sicher?

      Wer 1923 ein Haus besaß und die Inflation unbeschadet überstand, musste danach hohe Ausgleichsabgaben an den Staat entrichten. Sogar nach der Währungsreform von 1948 gab es in Westdeutschland eine drastische Hypothekengewinnabgabe, die Hauseigentümer schröpfte. Eine staatlich eingetragene Zwangshypothek musste über mehrere Jahrzehnte an den Staat zurückgezahlt werden. Gerade Immobilieneigentümer werden in Krisenzeiten gerne zur Kasse gebeten. Immerhin stehen sie im Grundbuch und können so ohne bürokratische Probleme für Abgaben herangezogen werden.

      Und wie wäre es mit Gold? Während der NS-Zeit stand auf Goldbesitz die Todesstrafe. Und in einer Diktatur wäre das Verschweigen von Goldvermögen ein gefährliches Unterfangen. Selbst in den USA war der Besitz von Gold bis Mitte der siebziger Jahre – also fast ein halbes Jahrhundert lang – verboten. Als Präsident Roosevelt 1933 das Goldverbot einführte, durften Schließfächer in Banken nur noch in der Gegenwart eines Beamten geöffnet werden. Unabhängig vom aufgedruckten Wert können Briefmarken nur dann als Renditeobjekte punkten, wenn sie äußerst selten sind.

      Wer das Gold trotz Aufforderung nicht rechtzeitig zum staatlich festgelegten Kurs angegeben hatte, wurde mit einer drakonischen Geld- oder Freiheitsstrafe belegt.

      Und falls Sie aus einer Diktatur (wie nach 1933) fliehen müssen, ist Gold eher ungünstig. Goldmünzen und Goldbarren können Sie kaum unauffällig über mehrere Grenzen transportieren, vor allem wenn es verschärfte Kontrollen gibt.

      Eine kostbare und unscheinbare Briefmarke hingegen lässt sich nahezu unauffällig und unverdächtig in einem Geldbeutel, einem Buch, einer Schuhsohle, einer Armbanduhr oder in einem Gürtel verstecken. Und welcher Grenzbeamte kann schon den Wert einer Briefmarke einschätzen? Insofern sollten Sie der Briefmarke doch noch eine Chance einräumen.

       Welche Briefmarken sind wertvoll?

      Welche Postwertzeichen, wie sie amtlich heißen, lohnen sich wirklich? Vergessen Sie die Briefmarken, die in Millionenauflage erscheinen. Ihr Wert steigt nicht, sondern fällt kontinuierlich. Früher hatte man wenigstens noch die beruhigende Gewissheit, dass der aufgedruckte Wert sich zumindest zum Frankieren eignet. Doch mit der Einführung des Euro dürfen die alten DM-Briefmarken nicht mehr verwendet werden.

       ACHTUNG

      Große Teile von Briefmarkensammlungen sind mehr schmückendes Beiwerk; denn über 90 Prozent des Gesamtwertes wird von einigen wenigen Raritäten bestimmt. Es kommt daher nicht auf den Umfang von Alben an, sondern ob die wirklich wertvollen Marken, die nur fünf oder zehn Exemplare umfassen, in bester Erhaltung vorhanden sind.

      Wenn Sie Briefmarken unter Renditeaspekten sammeln möchten, brauchen Sie nicht ein komplettes Fachgebiet abdecken, sondern es genügt, wenn Sie sich die erlesenen Raritäten zulegen.

       ACHTUNG

      Pauschal lässt sich für deutsche Briefmarken sagen: Vergessen Sie alles, was nach 1960 erschienen ist. Diese Massenauflagen werden nie an Wert gewinnen. Die gesamten Jahrgänge, so traurig das klingen mag, sind im Grunde fast nichts wert. Schon für weniger als 200 Euro erhalten Sie eine vollständige Briefmarkensammlung für Gesamtdeutschland, die alle Marken seit 1960 bis zum Ende der DM im Jahr 2002 umfasst. Nur seltene Fehldrucke oder Besonderheiten aus diesen Jahren haben ein Wertsteigerungspotenzial.

      Vergessen Sie also voluminöse Alben, aus denen ganze Jahrgänge hervorquellen und auf denen sich der Staub niederlässt. Auch geheimnisvolle Dachbodenfunde zu Schnäppchenpreisen mit Katalogwerten jenseits der 10.000-Euro-Marke sind nichts anderes als eine Illusion und ein fraglicher Marketing-Gag.

      Selbst bei den eher lukrativen Exemplaren aus den fünfziger Jahren sollten Sie eine sorgfältige Auswahl treffen. Gerade einmal eine Handvoll Briefmarken aus dieser Dekade birgt Seltenheitswert. In diesen Fällen spielt die Erhaltung eine unbestrittene Rolle; schon kleinste Beschädigungen der Zähne, die nur unter der Vergrößerung zu sehen sind, mindern den Wert dramatisch.

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      Da Fälschungen dieser begehrten Raritäten häufig vorkommen, sollten Sie auf ein Gutachten bestehen.

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      Sehr seltene Briefmarken steigen natürlich stetig in ihrem Wert. Wenn Sie das Glück gehabt hätten, die erste Briefmarke der Welt zu besitzen, dann wären Sie bereits heute mehrfacher Millionär und könnten einen Tequila Sunrise in der Karibik schlürfen.

       Die Geschichte der Briefmarke

      Bekanntlich haben die Briten das Kleinod für den Briefverkehr erfunden: Im Jahr 1840 erschien die erste Briefmarke der Welt in London. Sie wurde von Rowland Hill entworfen und zeigte das Porträt von Königin Victoria.

      Deutschland zog etwas später nach. Im Jahr 1851 konnte man erstmals im damals sehr fortschrittlichen Großherzogtum Baden einen Brief mit einer Neun-Kreuzer-Marke frankieren. Hätte ihr Urururgroßvater einen netten Brief an seine Geliebte in Karlsruhe geschrieben und die Marke für Sie aufbewahrt, hätten Sie heute immerhin ein Vermögen von 1,5 Millionen Euro und könnten Ihren Lebensabend auf einer Jacht im Mittelmeer und nicht


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