Der Bergpfarrer Staffel 18 – Heimatroman. Toni Waidacher

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Der Bergpfarrer Staffel 18 – Heimatroman - Toni Waidacher


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      Tatsächlich verhielt sich der Gruber-Johannes eher distanziert und auch ein wenig brummig dem Florian Martens gegenüber. Aber das hatte Alex auch nicht anders erwartet. Wenigstens machte ihr Vater keinerlei Aufstände, sondern hielt sich so weit es ihm möglich war zurück.

      Am Nachmittag sah sich das Madl die Unterlagen durch, die der Florian ihr auf den Tisch gelegt hatte. Es waren Aufzeichnungen der Vorlesungen aus dem letzten Semester.

      Wenn man es denn so nennen wollte.

      Denn für Alexandra waren es mehr dahingekritzelte Stichworte, völlig unordentlich und durcheinander.

      Na, der hat vom Studieren wohl wirklich net viel gehalten, dachte sie und verzog die Miene. Wer sollte denn daraus schlau werden?

      Lehrbücher hatte er natürlich auch mitgebracht, und Alexandra hatte ja selbst einen ganzen Stapel. Die würden sie auch brauchen, denn Alexandra mußte wohl ziemlich weit vorn mit dem Unterricht anfangen, damit es etwas brachte.

      Und das alles in zwei Monaten!

      Na, wenn wir das mal schaffen… Alexandra legte grübelnd die Stirn in Falten. Aber wir müssen es ja schaffen! Schließlich verläßt sich sein Vater auf mich. Und Florian selbst will die Prüfung ja auch bestehen…

      Eines war jedenfalls klar: Am morgen früh würde sie alle Hände voll zu tun haben!

      *

      »Haben Sie gut geschlafen?« erkundigte sich Alexandra Gruber, als sie und Florian Martens am nächsten Morgen am Schreibtisch in Alex’ Kammer saßen.

      Er nickte. »Ja, vielen Dank.«

      »Ich hoffe, die Kammer gefällt Ihnen?«

      Wieder nickte er, doch Alex merkte natürlich, daß er anderes gewohnt war als ein kleines, spartanisch eingerichtetes Gästezimmer. Aber damit mußte er sich wohl oder übel abfinden.

      »Ich habe mir gestern noch Ihre Unterlagen angesehen«, sagte sie schließlich.

      »Schön.« Florian sah sie an. »Und?«

      »Können Sie mir vielleicht mal verraten, was das sein soll?« Sie deutete auf die Hefter, die er ihr gestern übergeben hatte. »Das ist doch nix Halbes und nix Ganzes. Was haben Sie denn die ganze Zeit über in der Universität gemacht? Ich weiß zwar net, wie es in den Schulen in der Großstadt zugeht, aber an unserer Universität in der Kreisstadt hatten die Studenten schon ein Interesse daran, etwas zu lernen.«

      »Nun ja, ich…«, Florian wußte ganz offensichtlich nicht, was er erwidern sollte und suchte vergeblich nach den passenden Worten.

      »Sagen S’ doch richtig frei heraus, daß Sie die ganze Zeit über nur gefaulenzt und anderes im Kopf hatten.«

      »Jetzt klingen S’ schon wie mein Vater.« Florian senkte den Blick.

      »Na, wo er recht hat, hat er wohl recht!« Das Madl seufzte. »Jedenfalls haben wir jetzt eine ganze Menge Arbeit vor uns.«

      »Aber wir haben ja auch genug Zeit!« entgegnete der Bursche grinsend.

      »Genug Zeit?« echote die Alex. »Bei dem, was Sie ganz offensichtlich alles versäumt haben, sind zwei Monate zuwenig. Viel zuwenig!«

      »Gut.« Florian erhob sich. »Dann würde ich sagen, daß wir gleich morgen anfangen!«

      »Morgen?« fragte Alex entgeistert und hielt ihn zurück. »Nix da. Wir fangen jetzt an. Jetzt gleich!«

      Florian riß beinahe entsetzt die Augen auf. »Das ist doch net Ihr Ernst, oder?«

      »Selbstverständlich ist das mein Ernst. Und eigentlich dürfte Sie das doch net sonderlich überraschen. Schließlich waren wir uns doch gestern schon einig, daß wir heut’ früh mit der Arbeit beginnen. Oder täusche ich mich da etwa?« Lauernd blickte sie ihn an.

      Florian zuckte etwas hilflos mit den Schultern. »Nein, da täuschen S’ sich natürlich net. Es ist nur… Also…«

      »Lassen S’ mich raten, Florian: Sie haben keine Lust!«

      Er zierte sich ein wenig. »Erraten!« sagte er schließlich.

      »Nun, wie dem auch sei«, Alex räusperte sich, und ihre Stimme wurde hörbar schärfer. »Wir müssen den Stoff in den zwei Monaten schaffen, und deshalb dürfen wir keine Zeit mehr verlieren. Also: An die Arbeit!«

      Und dem Florian blieb nichts anderes übrig, als sich zu fügen…

      *

      Zwar arbeitete der Florian wirklich konzentriert, was die Alex eigentlich gar nicht zu hoffen gewagt hatte. Aber schon nach kurzer Zeit war nicht zu übersehen, daß seine Stimmung immer schlechter wurde. Es war wirklich viel, was es nachzuholen galt, und es zeichnete sich schon jetzt am ersten Arbeitstag ab, daß die nächsten acht Wochen kein Zuckerschlecken werden würden.

      Und so kam es schon am Mittag zu einem Streit zwischen den beiden jungen Leuten.

      »So«, sagte der Florian und lehnte sich entspannt zurück. »Ich werde jetzt in die Kreisstadt fahren, etwas Ordentliches essen und anschließend ein wenig shoppen. Und vielleicht erkunde ich mal die Umgebung. Vielleicht gibt es hier ja doch ganz anständige Clubs oder Diskos.«

      Die Alex glaubte, sich verhört zu haben. Entgeistert blickte sie den Burschen an.

      »Das ist aber doch jetzt net Ihr Ernst, oder?« fragte sie und blickte demonstrativ auf ihre Armbanduhr. »Wir arbeiten jetzt gerade einmal seit fünf Stunden.«

      »Und?«

      »Na, können S’ sich das denn net denken? Wir haben jede Menge zu tun. Wenn Sie die Prüfung in acht Wochen bestehen wollen, dann können wir unmöglich nur halbtags arbeiten. Also, ich mache Ihnen einen anderen Vorschlag. Ums Essen muß ich mich ohnehin kümmern. Sie essen mit uns zusammen, und anschließend arbeiten wir weiter. Einverstanden?«

      Entschieden schüttelte Florian den Kopf. »Auf keinen Fall. Wir haben heut’ schon um acht Uhr angefangen. In aller Herrgottsfrühe. Und dann soll ich bis zum Abend ackern? Nein, nein, das wäre ja schlimmer als an der Uni. Kommt gar net in Frage. Ich werd’ mich jetzt in meinen Wagen setzen, und mir einen schönen Nachmittag machen. Was Sie machen, ist mir ja schnuppe. Aber ich werde hier ganz bestimmt net den ganzen Tag mit Lernen verbringen. Also – schönen Tag noch!«

      Mit diesen Worten stand der Florian auf und wollte die Kammer verlassen.

      Alexandra federte ebenfalls hoch und eilte ihm hinterher. »Nix da!« rief sie aufgeregt. Doch Florian kümmerte sich gar nicht um ihre Worte. Unbekümmert verließ er die Kammer des Madls.

      Auf dem Flur holte sie ihn ein.

      »Werden S’ wohl hier bleiben?« sagte sie und packte ihn am Arm. »Sie können jetzt net einfach verschwinden!«

      Er wandte sich zu ihr um. »Ach nein?«

      »Nein! Das lasse ich net zu! Ihr Vater bezahlt mich net dafür, daß Sie sich schöne Ferien machen. Sie sind zum Lernen hier, junger Mann!«

      Florian verdrehte die Augen. Das Madl sprach ja langsam wirklich wie sein Vater. Oder wie eine Oberlehrerin von der Universität. Das war doch schon nicht mehr feierlich!

      »Seien S’ doch froh, wenn Sie für das Geld net so viel arbeiten müssen. Andere wären dankbar. Fahren S’ doch auch einfach in die Stadt und machen sich einen schönen Tag. Dann lösen Sie Ihren Scheck ein und kaufen mal ordentlich ein. Oder machen sonstwas. Mir ist’s gleich.«

      Alex schüttelte den Kopf. »So eine bin ich net, hören S’? Wenn ich von jemandem Geld bekomme, erbringe ich dafür auch eine Leistung. Und Sie sind hier, um zu lernen und net um zu faulenzen!«

      Doch da konnte sie reden solange sie wollte – der Florian blieb stur.

      Verärgert riß er sich von Alexandra los und stürmte nach unten. Vom Fenster aus beobachtete Alex wenige Minuten später, wie er in seinen Sportwagen stieg und davonbrauste.


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