Der Bergpfarrer Staffel 18 – Heimatroman. Toni Waidacher
Читать онлайн книгу.das war jetzt net mehr zu ändern. Der Florian mußte überlegen, wie er sich wieder mit Alexandra versöhnen konnte. Mehr noch: Er mußte einen Weg finden, ihr klarzumachen, daß er sie liebte, und nur sie!
Aber wie sollte er das anstellen?
*
Am Abend unternahm der Florian noch einige Versuche, mit Alexandra zu reden.
Doch es war sinnlos; das Madl öffnete nicht einmal die Tür ihrer Kammer, als er beharrlich anklopfte und sie immer wieder bat, ihn doch eintreten zu lassen.
Irgendwann gab er es schließlich auf. Ihm war klar, daß er nichts erzwingen konnte. Das wäre der absolut falsche Weg gewesen.
So verbrachte der Florian eine schlaflose Nacht. Seine Gedanken waren einzig und allein bei Alexandra.
Und dem Madl ging es nicht viel anders in dieser Nacht. Alex konnte kaum ein Auge zutun. Hinzu kam, daß sich das Wetter in der Nacht plötzlich verschlechterte. Sturm kam auf. Der Wind rappelte heftig an den Hausfassaden.
Irgendwann begann es auch zu regnen, und das Geräusch der gegen die Fenster peitschenden Tropfen ließ das Madl noch unbehaglicher zumute sein.
Irgendwann siegte dann aber doch die Müdigkeit gegen die vielen Sorgen und Probleme, und das Madl tauchte ein in einen tiefen Schlaf.
Als Florian Martens am nächsten Morgen auftauchte, um mit dem Unterricht zu beginnen, hatte das Madl längst einen folgenschweren Entschluß gefaßt.
»Ich hab’ dich schon erwartet«, sagte Alexandra mit ruhiger, monotoner Stimme. Das fröhliche Strahlen, das sonst stets auf ihrem hübschen Gesicht lag, war verschwunden. Statt dessen blickte sie traurig drein, und auch in ihren schönen Augen fehlte jeglicher Glanz. »Du kannst dir sicher vorstellen, daß ich jetzt unmöglich zum Alltag übergehen und mit dem Nachhilfeunterricht fortfahren kann«, fuhr sie fort.
Florian nickte unbeholfen. Forschend musterte er die junge Frau, versuchte, irgend etwas aus ihrem Gesicht zu lesen. Doch da war nichts zu lesen. »Sicher«, antwortete er nach einer kurzen Weile. »Wir müssen vorher noch einiges klären, dessen bin ich mir schon bewußt.«
»So hab’ ich das net g’meint, Florian.« Entschlossen schüttelte sie den Kopf. »Ich find nämlich net, daß es da noch was zu klären gibt.«
»Sondern?«
Sie holte tief Luft. »Ich kann dich net mehr länger unterrichten, Florian. Es tut mir leid, daß du jetzt meinetwegen Probleme mit deiner Nachprüfung bekommen wirst. Aber es würde einfach net mehr funktionieren. Das Geld bekommt dein Vater selbstverständlich zurück, richt’ ihm das bitt’ schön aus.«
»Was sagst du da?« Florian Martens sah sie entgeistert an. »Soll das etwa heißen, daß…«
Alexandra nickte. »Ja, Florian. Ich möcht’, daß du deine Sachen packst und nach Haus fährst.« Einen kurzen Moment stockte sie, bevor sie leise hinzufügte: »Für immer.«
»Das kann doch net dein Ernst sein!« Florian riß die Augen auf. Flehend blickte er Alexandra an. Hoffte, daß sie es sich noch einmal überlegte und ihm anbot, noch einmal in aller Ruhe über alles zu reden.
Doch Alexandra blieb standhaft. Sie wollte nicht mehr reden, wollte nur noch ihre Ruhe haben und Florian nicht tagtäglich wegen dem Unterricht begegnen müssen. Deshalb wollte sie, daß er Steinbach verließ.
Betroffen senkte der Bursche den Blick. »Oh, Alex«, murmelte er leise. »Wenn du mich doch nur erklären ließest…«
Sofort schüttelte sie den Kopf. »Du brauchst mir nix weiter zu erklären, Florian. Ich weiß, was ich gesehen hab’, und das reicht mir. Mein Entschluß steht fest. Ich möcht’ dich recht herzlich bitten, bis heut’ abend den Hof zu verlassen.«
Damit war alles gesagt.
*
Nach diesem Gespräch packte auch Alexandra Gruber ihre Sachen zusammen. Mit einer großen Tasche bepackt, stand sie einige Zeit später vor der Tür des Bürgermeisters.
Der Seibold-Loisl sah die junge Frau überrascht an. Sein Blick blieb an der großen Tasche hängen, die neben ihr auf dem Boden stand.
»Na, was ist denn mit dir los, Madel?« fragte er verwirrt. »Hast du dich etwa wieder mit deinem Herrn Vater verkracht?«
Alexandra nickte traurig.
»Und jetzt willst du bei mir einziehen?« Der Bürgermeister, immer noch ziemlich verwirrt, deutete auf die Tasche.
Doch Alexandra schüttelte heftig den Kopf. »Nein, natürlich net. Jedenfalls net direkt.«
»Na, das mußt du mir jetzt aber schon näher erklären«, sagte der Bürgermeister und gab die Tür frei. »Aber komm doch erst einmal rein, Madel!« forderte er sie auf.
Alexandra nickte und trat in den Wohnraum. Sie setzten sich, und das Madel begann zu erzählen, was ihr auf dem Herzen lag. Und sie sprach nicht nur über die ständigen Auseinandersetzungen, die sie mit ihrem Vater hatte, sondern ließ auch die Sache mit Florian Martens nicht aus.
»Es ist einfach soviel passiert in der letzten Zeit«, sagte sie zum Abschluß, »daß ich jetzt einfach ein bisserl Abstand brauch’. Und deshalb wollt’ ich fragen, ob ich vielleicht für ein paar Tage in Ihrer Hütte droben in den Bergen wohnen könnt’?«
Der Seibold-Loisl sah sie mitfühlend an. »Ach, Madel«, sagte er. »Es tut mir in der Seele weh, wenn ein so hübsches junges Ding wie du von so viel Sorgen geplagt wird. Aber glaubst du denn, Flucht ist der rechte Weg? Ich will mich hier ja net als Oberlehrer aufspielen. Aber ich hab’ nun ja auch schon einige Jährchen auf dem Buckel, und eines hab’ ich in der letzten Zeit gelernt: Davonlaufen ist nie eine Lösung gewesen!«
»Sicher.« Alexandra nickte und winkte gleichzeitig ab. »Ich will ja auch gar net fortlaufen. Net für lang jedenfalls. Ich brauch halt nur ein bisserl Ruhe. Etwas Zeit für mich, um in Ruhe über alles nachzudenken. Und diese Zeit könnt’ ich auf dem Hof nie und nimmer haben. Sie wissen doch, wie mein Vater ist…«
Jetzt lachte der Bürgermeister. »O ja, das weiß ich…« Er nickte entschlossen. »Also gut, Madel. Ich geb’ dir die Schlüssel zur Hütte. Fühl dich nur ganz wie zu Haus’ droben.«
Dankbar lächelte die Alexandra ihm zu. »Ach«, sagte sie zum Abschluß noch. »Es wäre gut, wenn das unter uns bleiben würde…«
*
Florian Martens packte nicht sofort seine Koffer. Damit ließ er sich noch Zeit. Denn bevor er endgültig den Bergbauernhof verließ, wollte der Bursche noch einmal in den Ort fahren. Er hatte noch etwas zu erledigen.
Es war Mittag, als er die Pension erreichte, in der Monika Thiemann abgestiegen war.
Mit grimmiger Miene stieg Florian aus dem Wagen und fragte den Pensionswirt, in welchem Zimmer Monika Thiemann logierte. Daß sie hier wohnte, hatte sie ihm bei ihrem letzten Treffen erzählt, kurz bevor sie sich ihm an den Hals geworfen hatte.
Der Pensionswirt nannte die Zimmernummer und erklärte dem Burschen, wo sich der Raum befand.
Entschlossen stapfte Florian die Holzstufen zum ersten Stock hoch. Unter seinen Sportschuhen knarrten die Dielen, als er den Flur entlang ging.
Dann hatte er in Monikas Zimmer erreicht. Noch einmal atmete er tief durch, dann klopfte er an.
Sofort erklang Monikas Stimme von drinnen. »Ja? Wer ist da?«
»Mach auf, Monika. Ich bin’s, der Florian.«
Sofort waren Schritte zu vernehmen. Einen Augenblick später wurde geöffnet. Strahlend blickte Monika ihn an.
»Florian! Schön, daß du da bist! Und ich dachte schon, du wärest arg sauer auf mich. Aber eigentlich wußte ich ja, daß du noch Vernunft annimmst. Ich bin schließlich die einzige, die gut ist für…«
»Sei gefälligst still!« schnitt der Florian ihr barsch das Wort ab. Unsanft drängte