Der Bergpfarrer Staffel 18 – Heimatroman. Toni Waidacher

Читать онлайн книгу.

Der Bergpfarrer Staffel 18 – Heimatroman - Toni Waidacher


Скачать книгу
mal Opfer eines dreisten Kirchenraubes gewesen war. Glücklicherweise war es ihm und seinem Bruder seinerzeit gelungen, die Diebe zu überführen und die Figur wohlbehalten nach St. Johann zurückzubringen.

      »Seither ist sie durch eine Alarmanlage geschützt«, erklärte der Bergführer.

      Er schaute den jungen Mann an, der einen sympathischen Eindruck auf ihn machte. Sebastian freute sich ohnehin immer, wenn es gerade junge Leute waren, die sich für die Kirche interessierten.

      »Sie machen Urlaub hier, nehm ich an?«

      Florian nickte.

      »Ja, heute grad erst angekommen«, antwortete er. »Ich wohn’ in der Pension Stubler.«

      »Ach, bei der Ria. Dann sind S’ ja bestens aufgehoben«, sagte der Geistliche. »Und was haben S’ sich so vorgenommen?«

      Florian zuckte die Schultern.

      »Mal sehen, es gibt ja viele Möglichkeiten hier. Eigentlich wollte ich eine Bergtour machen, nur leider ist genau das eingetreten, was ich schon befürchtet habe. Ich hätte mich schon zu Hause dafür anmelden müssen, die Bergführer sind alle ausgebucht.«

      »Ja, grad in der Saison haben sie viel zu tun. Da muß es schon ein großer Zufall sein, wenn doch noch ein Platz in einer Gruppe frei wird. Aber vielleicht gibt’s ja doch noch eine Möglichkeit zum Aufsteigen…«

      »Wieso?« fragte Florian überrascht. »Kennen Sie vielleicht jemanden, der mich noch mitnehmen könnte?«

      Der Geistliche nickte.

      »Ja, ich«, lächelte er. »Wenn S’ sich mir anvertrauen wollen, dann sind S’ jederzeit herzlich eingeladen, mitzugehn.«

      »Das wäre ja toll«, strahlte der Bursche. »Wissen Sie, ich habe schon gedacht, ich müßte mich mit kleinen Wanderungen begnügen, die man auch allein bewältigen kann. Aber so –, das ist ja ganz was anderes.«

      »Dann würd’ ich vorschlagen, daß Sie morgen am Nachmittag ins Pfarrhaus kommen und wir alles weitere bereden. Paßt’s so gegen halb vier?«

      »Ja, freilich. Vielen Dank.« Florian nickte hastig, als hätte er Angst, Pfarrer Trenker könne sich sein Angebot noch einmal überlegen.

      »Na, wunderbar«, sagte Sebastian. »Meine Haushälterin hat auch ein schönes Stück Kuchen parat.«

      Florian konnte sein Glück kaum fassen, als er die Kirche verließ und wieder zur Straße hinunter ging.

      Mensch, so ein Dusel!

      Gutgelaunt strebte er dem Hotel zu. Kaffee und Kuchen im Garten unter hohen Bäumen einzunehmen war verlockend, und mit dieser guten Aussicht auf eine richtige Bergtour stellte sich auch das dazugehörige Urlaubsgefühl ein. Florian betrat den Biergarten von der Straßenseite aus und suchte nach einem freien Tisch. Er fand ihn in einer Ecke. Nebenan lärmten zwar ein paar Kinder, weil sie mit ihrer Eisportion nicht zufrieden waren, die genervten Eltern aber keine weitere bestellen wollten, doch das störte ihn nicht. Ganz im Gegenteil. Florian mochte Kinder und wollte selbst einmal viele haben, wenn ihm erst einmal die richtige Frau über den Weg gelaufen war. Er zwinkerte den beiden Buben und dem niedlichen Madl zu und lächelte, als einer der Burschen ihm die Zunge rausstreckte.

      Glücklicherweise hatte das weder Vater noch Mutter gesehen, sonst hätte es bestimmt ein Donnerwetter gegeben!

      Die Eltern bezahlten, als die Bedienung an den Tisch kam und nach Florians Wünschen fragte. Er bestellte Kaffee und ein Stück Apfelkuchen. Beides wurde schnell gebracht, und Florian genoß den ersten Schluck.

      Nachdem die Familie gegangen war, hatte er freie Sicht auf die andere Seite und sah ›sie‹ dort sitzen!

      *

      Für Sekunden schienen ihre Blicke miteinander zu verschmelzen. Babette fühlte, wie ihr das Herz bis zum Hals hinaufschlug. Es war ihr unmöglich, den Kopf zu wenden und woanders hinzuschauen. Endlich riß sie sich los und spielte gedankenverloren mit ihrer Tasse, die sie zwischen den zitternden Fingern hielt, während ihr die unsinnigsten Gedanken durch den Kopf gingen.

      Florian saß wie versteinert auf seinem Stuhl. Immer noch nahm er das Bild in sich auf. Die hübsche, junge Frau hatte ihn schon fasziniert, als sie sich in der Pension begegnet waren, und jetzt meinte er, daß es ein Wink des Schicksals sein müsse, daß sie sich hier begegnet waren. Es war nicht der übliche Blick gewesen, den man jemandem zuwarf, der einem zufällig über den Weg lief. In ihren Augen glaubte er etwas anderes gesehen zu haben.

      Und dann tat er etwas, was er sich sonst nie getraut hätte. Florian stand auf und ging zu ihrem Tisch. Er wußte, daß er sich verliebt hatte.

      Auf den ersten Blick!

      Und das trotz der Tatsache, daß die Trennung von Evelyn ihn immer noch beschäftigte und quälte.

      »Grüß Gott«, sagte er und lächelte etwas verlegen. »Ich glaube, Sie wohnen auch in der Pension Stubler…?«

      Babette war zusammengezuckt, als sie sah, wie er sich erhob und herüberkam. Jetzt nickte sie stumm.

      »Florian Unger«, stellte er sich vor. »Darf ich mich zu Ihnen setzen?«

      »Ja, bitte schön«, antwortete sie. »Babette Mertens.«

      Er ahnte nicht, daß er dasselbe gedacht hatte wie sie.

      War sie alleine im Urlaub?

      Vermutlich, denn sonst würde sie nicht in einem Einzelzimmer wohnen…

      »Tja, es ist schön hier, nicht wahr?«

      »Doch«, nickte sie. »Ich habe zwar noch net viel gesehen, aber der Ort gefällt mir sehr gut.«

      »Darf ich fragen, woher Sie kommen?«

      »Ich wohne in Altdorf«, antwortete Babette. »Das ist in der Nähe von…«

      »Ich weiß«, lächelte Florian. »In der Nähe von Nürnberg. Ich wohne in Erlangen.«

      »Dann sind wir ja fast Nachbarn«, lachte sie.

      »Ja, genauso wie jetzt in der Pension«, schmunzelte Florian. »Wir hätten praktisch eine Fahrgemeinschaft bilden können.«

      »Die Zimmer sind doch sehr hübsch, nicht wahr? Und die Frau Stubler scheint eine sehr nette Wirtin zu sein.«

      Er nickte.

      »Wie kommt es, daß Sie in so einem kleinen Ort Urlaub machen?« erkundigte er sich dann.

      »Ach, ich wollte einfach mal in die Berge«, antwortete Babette. »Vor allem ein wenig die Ruhe genießen. Für die großen Reiseziele habe ich nicht viel übrig.«

      »Ich auch nicht«, gestand Florian. »Das heißt, eigentlich wollte ich mit ein paar Freunden nach Spanien fahren. Aber dort sind die Strände immer so überfüllt. Das macht gar keinen Spaß.«

      Je länger sie sich unterhielten, um so deutlicher hatten sie das Gefühl, sich schon lange zu kennen. Florian erzählte, daß er im Labor einer Chemiefirma arbeitete, Babette sprach über ihren Beruf als Lehrerin und wieviel Freude es ihr bereitete, die Kinder auf das spätere Leben vorzubereiten und ihnen das nötige Rüstzeug mitzugeben. Als sie irgendwann auf die Uhr schauten, stellten sie überrascht fest, daß sie mehr als zwei Stunden miteinander verbracht hatten.

      »Gott sei Dank hat man im Urlaub Zeit und muß sich nicht hetzen lassen«, sagte Florian.

      Dann beugte er sich vor.

      »Haben Sie schon Pläne für heute abend?« erkundigte er sich. »In der Pension gibt es ja nur Frühstück. Hätten Sie vielleicht Lust, mit mir zusammen ins Wirtshaus zu gehen?«

      Was für eine Frage!

      Babette hoffte, daß es nicht zu hastig gewirkt hatte, als sie ganz schnell nickte.

      Und ob sie Lust dazu hatte!

      Ihr Herz brannte ohnehin schon lichterloh.

      Florian


Скачать книгу