Wolfgang Amadeus Mozart. Hermann Abert
Читать онлайн книгу.zu den Lieblingen der Schobertschen Muse, vgl. Riemann S. 94 und 112.
39 Die Synkope tritt hier bereits in der für Mozarts spätere Rhythmik charakteristischen Weise auf.
40 Nur die C-Dur-Sonate macht nach beiden Richtungen eine Ausnahme; sie ist viersätzig und wiederholt in der Reprise nur das Seitenthema.
41 Vgl. das "Menuetto en carillon" in K.-V. 14, eine Spielerei in den hohen Lagen des Klaviers; auch den zweiten Satz von K.-V. 13 halten WSF I 103 für eine Nachahmung der französischen "complaintes"; man beachte übrigens in diesem Stück und dem folgenden zweiten Menuett den zäh festgehaltenen Mollcharakter.
42 Schwarz a.a.O., H. Riemann, Präludien und Studien III 181 ff.; Handbuch der Musikgesch. II 3, 131.
43 Vgl. Schlußsatz von K.-V. 11, wo der mit dem Hauptsatz thematisch verbundene Seitensatz sogar ein Menuett ist.
44 Schlußsatz von K.-V. 12. Zum Unterschied der beiden Typen vgl. WSF I 110.
45 Vgl. Pergolesis bekanntes G-Dur-Trio in Riemanns Collegium musicum Nr. 29, Satz 1.
46 K.-V. 10, 13, 14, 28, 29, 31, erste Sätze.
47 Vgl. auch Joh. Stamitz, für Mozart besonders aber noch Schobert, s.o.S. 70. Aber auch in der dritten "Preußischen" Sonate Ph. E. Bachs (E-Dur) findet sich ein kantables Allegrothema.
48 Vgl. K.-V. 14, S. 1, wo das kantable Motiv erst in dem schwungvollen Sechzehntelanlauf erreicht wird.
49 WSF I 150 f.
50 Für die Dynamik ist besonders das Rondo von K.-V. 12 wichtig, vgl. auf S. 6 oben die mitten in die Phrase hereinplatzenden Fortes.
51 In K.-V. 30 wird er durch die Vorschrift "poco Adagio" und die echt Mozartsche Synkope mit langem Halteton noch verschärft.
52 K.-V. 24, 25, S. XXI. 1–2, und 31, S. XVIII. 16, letzter Satz.
53 WSF I 147. Dagegen fehlt die Mollvariation bei L. Mozart (Seiffert S. 30 ff.).
54 Das Thema des Rondos von K.-V. 12 ist identisch mit dem Seitenthema der Sinfonie des Gluckschen "Re pastore" (1756); die gemeinsame Quelle war wohl Wagenseil, Divertimenti op. 4, I 3. Im Rondo von K.-V. 30 taucht plötzlich in Moll der Anfang des Liedes "Der hat vergeben" aus dem Augsburger Tafelkonfekt auf (Lindner, Gesch. des deutschen Liedes 1871, Beispiele S. 26).
55 Vgl. WSF 98 ff., 126 ff., wo auf die sechs "Ouvertüren" op. 3 von Bach und die sechs Sinfonien op. 7 von Abel hingewiesen wird.
56 Vgl. hierzu H. Kretzschmar, Führer durch den Konzertsaal I. Band, 4. A. 1913, S. 168 ff. und D. Schultz, Mozarts Jugendsinfonien 1900.
57 Der Baß ist wieder der alte Schobertsche (s.o.S. 70); im übrigen zeigt das Thema die auch in den Sonaten häufige, aus der italienischen Arie stammende Erweiterung von vier auf sechs Takte.
58 Schultz S. 15 f.
59 Zuerst bezweifelt von Wilder, Mozart S. 28. WSF I 99 halten an der Londoner Entstehung fest.
60 Es heißt hier obendrein nach alter Mode Menuetto II. Die motivische Verwandtschaft beider Teile findet sich übrigens auch noch in Haydns C-Dur-Sinfonie (um 1764, Ges.-Ausg. Bd. II, Nr. 20).
61 S.o.S. 15, 30.
Studien in Salzburg
Leopold Mozart hatte sein Ziel voll erreicht: die Reise hatte ihm und seinen Kindern einen künstlerischen und materiellen Erfolg gebracht, wie er sich ihn nicht größer wünschen konnte1. Allerdings hatten die Kinder nunmehr eine Erholung dringend nötig, denn die verschiedenen Krankheitsfälle mahnten deutlich daran, daß ihre Leistungsfähigkeit ihre Grenzen hatte. Namentlich Wolfgang erwies sich als ein körperlich wie seelisch recht zartes Kind. Es gab auf der Reise Augenblicke, wo ihm das Heimweh nach Salzburg bittere Tränen entlockte. Er weinte namentlich, als er erfuhr, sein Freund, der junge Dominikus Hagenauer sei ins Kloster gegangen; er glaubte, er würde ihn nie wiedersehen, und nahm sich vor, als man ihn darüber beruhigt hatte, ihn gleich nach seiner Rückkehr in St. Peter zu besuchen, sich von ihm Fliegen fangen zu lassen und mit ihm Bölzl zu schießen. Andernteils hatte die Reise sein jugendliches Selbstgefühl gewaltig gehoben. So entgegnete er einem vornehmen Salzburger, der nicht wußte, wie er den Knaben anreden sollte und sich schließlich für das neutrale "Wir" entschied: "Ich erinnere mich nicht, mein Herr, Sie je anderswo als hier in Salzburg gesehen zu haben." Im allgemeinen aber hatte sein kindlicher Sinn nicht Not gelitten. Er tollte munter auf dem Stock des Vaters im Zimmer umher, spielte mitten zwischen sein Klavierspiel hinein mit seiner Lieblingskatze u. dgl. Aber auch größere Pläne regten sich: er wollte eine Oper schreiben, die von lauter Salzburger Bekannten aufgeführt werden sollte. Von einer regen Phantasie des Kindes zeugt auch das "Königreich Rücken", dessen Herrscher er war; seine Untertanen bestanden aus Kindern, die er mit immer neuen Herrlichkeiten beglückte. Sogar eine Karte ließ er durch einen Diener davon entwerfen, für deren Ortschaften er selbst die Namen angab2.
Aber auch der Ehrgeiz des Vaters war mächtig gewachsen. Er fragte sich allen Ernstes, ob das enge Salzburg überhaupt noch der rechte Boden für die Entwicklung des Talentes seiner Kinder sei. Schon kurz vor der Heimfahrt schreibt er an Hagenauer3:
Gott (der für mich bösen Menschen allzugütige Gott) hat meinen Kindern solche Talente gegeben, die, ohne an die Schuldigkeit des Vaters zu gedenken, mich reizen würden, alles der guten Erziehung derselben aufzuopfern. Jeder Augenblick, den ich verliere, ist auf ewig verloren, und wenn ich jemals gewußt habe, wie kostbar die Zeit für die Jugend ist, so weiß ich es jetzt. Sie wissen, daß meine Kinder zur Arbeit gewöhnt sind: sollten sie aus Entschuldigung, daß eines das andere verhindert, sich an müssige Stunden gewöhnen, so würde mein ganzes Gebäude über den Haufen fallen. Die Gewohnheit ist eine eiserne Pfoad (Hemd) und Sie wissen auch selbst, wieviel meine Kinder, sonderlich der Wolfgangl noch zu lernen hat. Allein wer weiß, was man mit uns bey unserer Zurückkunft in Salzburg vor hat! Vielleicht begegnet man uns so, daß wir ganz gern unsern Wanderbingl über den Rücken nehmen und davon ziehen. Wenigstens bringe ich dem Vaterlande, wenn Gott will, die Kinder wieder. Will man sie nicht, so habe ich keine Schuld. Doch wird man sie nicht umsonst haben.
Ein seltsames Dunkel liegt über Mozarts wissenschaftlicher Erziehung. Wir wissen weder, ob er in Salzburg eine Schule besucht hat, noch welche; es ist nicht ausgeschlossen, daß der energische und auf seine Bildung so stolze Vater seine Kinder selbst unterrichtet hat. Doch können wir uns von dem Gange seiner Erziehung ungefähr einen Begriff machen. Sie umfaßte außer dem Lesen und Schreiben (aus der mangelhaften Orthographie wird ihm in damaliger Zeit hoffentlich niemand einen persönlichen Vorwurf gemacht haben) besonders das Rechnen, das ihm besondere Freude gemacht zu haben scheint4. Auf ein Studium von Geschichte und Geographie deutet ein Leitfaden hin, der sich in des Vaters Nachlaß vorgefunden hat5. Einen hervorragenden Platz nahmen die Sprachen ein: Lateinisch, das für einen damaligen Musiker selbstverständliche Italienisch, aber auch Französisch und, wenn man Schlosser6 glauben darf, auch etwas Englisch. Der Zweck dieser Studien war in erster Linie ein praktischer, und natürlich sind dem Knaben dabei die verschiedenen Reisen ungemein zustatten gekommen. Ganz spärlich sind dagegen die Spuren der deutschen Literatur in Mozarts Jugenderziehung; sie beschränken sich auf die Beziehungen zu Gellert, Geßner und dem Grafen Stollberg7. Indessen so ganz "unliterarisch" ist es in der Universitätsstadt Salzburg und in dem Hause des gebildeten L. Mozart sicher nicht zugegangen. Man hat heutzutage über den besonders Gellert und Wieland zugewandten Geschmack des Mannes leicht die Nase rümpfen, allein was vermochte ihm die damalige Literatur Österreichs dagegen zu bieten? Andere Bekanntschaften, wie z.B.