Ein Wagnis aus Liebe. Susan Anne Mason

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Ein Wagnis aus Liebe - Susan Anne Mason


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warum ausgerechnet Paul Edison – Vaters neuer Juniormanager? Es war schon schlimm genug mitanzusehen, wie er stets versuchte, seinen Chef zu beeindrucken. Wann immer möglich, untergrub er Andrews Autorität und tat alles, um sich selbst in ein besseres Licht zu rücken. Dass er jetzt auch noch Andrews Mädchen umwarb … Andrew biss die Zähne zusammen.

      „Aha. Jetzt habe ich also deine Aufmerksamkeit“, erwiderte sein Vater barsch. Dieser selbstzufriedene Kommentar verärgerte Andrew nur noch mehr. „Ich vertraue darauf, dass du dich darum kümmerst. Ein hübscher Blumenstrauß wäre vielleicht ein guter Anfang“, schlug sein Vater vor. Erneut wartete er, bevor er weitersprach. „Ein Verlobungsring wäre natürlich noch besser“, fügte er mit einem letzten missmutigen Blick hinzu, bevor er das Büro wieder verließ.

      Andrew ließ den Kopf in die Hände sinken. Die Blumen hatte er heute Morgen vergessen. Nun war eine persönliche Entschuldigung angebracht. Mit etwas Glück würde ein Strauß Rosen Celia wieder wohlstimmen. Und falls nicht, half sicherlich ein neues Schmuckstück.

      Alles, nur kein Verlobungsring.

      Kapitel 6

Liebe Grace, 31. Mai 1914

      heute Abend war es so weit: Frank hat mich zum ersten Mal geküsst. Ich fühle mich, als würde ich schweben! So etwas habe ich noch nie empfunden – ich glaube, ich bin dabei, mich in ihn zu verlieben.

      Mrs Chamberlain bestand darauf, dass Grace die ersten zwei Tage nach der Verletzung auf dem Sofa im großen Salon verbrachte, den Fuß hochgelegt. Wie ein krankes Kind wurde sie umsorgt. Zum Glück hatte die Schwellung am dritten Tag bereits etwas nachgelassen und Grace tat wieder erste Schritte. So konnte sie sich wenigstens in der Küche nützlich machen und für Mrs Chamberlain Kartoffeln schälen und Gemüse schneiden. Mrs C. – wie sie unbedingt genannt werden wollte – erlaubte Grace außerdem, für einen günstigeren Preis bei ihr zu wohnen, bis sie eine Arbeit fand.

      Am fünften Tag des ihr auferlegten „Hausarrestes“ half Grace ihrer Vermieterin nach dem Abendessen mit dem Abwasch. Ihr Knöchel, wenn auch noch empfindlich, fühlte sich von Tag zu Tag besser an und Grace freute sich schon darauf, am Sonntag wieder zum Gottesdienst gehen zu können.

      „Niemand erwartet von Ihnen, dass Sie zurzeit arbeiten. Das wissen Sie hoffentlich?“, fragte Mrs C., als sie ihr einen Teller zum Abtrocknen reichte.

      „Es macht mir aber nichts aus, ich helfe Ihnen gerne. Und wenn ich noch länger sitzen und meinen Fuß hochlegen muss, werde ich noch verrückt.“

      „Ihr Knöchel sieht schon deutlich besser aus.“

      „Das stimmt. Ihre Pflege hat mir sehr gutgetan“, entgegnete Grace lächelnd und räumte die sauberen Teller in den Schrank.

      „Das freut mich.“ Als sich Mrs C. nach dem letzten Teller die Hände abtrocknete, fragte sie: „Hätten Sie denn Lust, beim Einwanderertreffen heute Abend dabei zu sein?“

      Für einen Moment dachte Grace nach. „Wie nett, dass Sie fragen. Aber nein, danke, ich glaube, ich komme nicht mit.“

      „Ich weiß, dass Sie immer noch trauern. Aber ein wenig Abwechslung würde Ihnen wirklich guttun. Und wer weiß? Vielleicht finden Sie ja eine Freundin. Man kann nie genug Freunde haben, Grace“, ermutigte sie Mrs C.

      Grace hatte zwar ihre Zweifel, dass sie irgendetwas mit den anderen Neuankömmlingen gemein haben konnte, aber sie wollte Mrs C. nicht enttäuschen. Nicht, nachdem sie sich so rührend um sie gekümmert hatte.

      „Also gut. Ich werde Sie begleiten“, gab sie schließlich nach und bemühte sich um ein Lächeln.

      Etwa eine Stunde später saß Grace im Kirchenkeller auf einem harten Klappstuhl, schwenkte eine Tasse Tee über dem Schoß und schaute in die Runde. Pastor Burke hatte das Treffen mit einer gemeinsamen Gebetszeit eingeleitet und anschließend ein paar Arbeitsmöglichkeiten in einer lokalen Fabrik vorgestellt. Dann gab es eine Austauschrunde, bei der einige der Anwesenden über ihre guten und schlechten Erfahrungen der letzten zwei Wochen berichteten. Mit der Zeit entspannte sich Grace mehr und mehr und fühlte sich in der Gegenwart anderer Einwanderer tatsächlich wohl. Aber nicht alle von ihnen kamen aus England, manche waren aus Italien, Polen oder der Ukraine. Wie alte Freunde unterhielten sie sich und lachten miteinander.

      „Kaum zu glauben, dass Sie auch aus Sussex kommen und ich erst bis nach Kanada reisen musste, um Sie kennenzulernen“, sagte ein Mann links von Grace, der ihr von Mrs C. als Ian Miller vorgestellt worden war. Er trug eine Brille mit sehr dicken Gläsern, durch die seine Augen erbsenklein wirkten.

      „Das ist wirklich ein Zufall“, entgegnete Grace und drehte sich nur leicht zu ihm. Sie hatte ein wenig damit zu kämpfen, sich bei so viel Aufmerksamkeit nicht unwohl zu fühlen.

      „Ich komme nun schon seit fünf Jahren zu diesen Treffen. Aber nie hätte ich gedacht, hier jemanden so Liebenswertes kennenzulernen wie Sie“, gestand Mr Miller mit einem nervösen Lachen.

      Grace lächelte verlegen und hielt sofort nach Mrs C. Ausschau. Sie entdeckte sie am anderen Ende des Raumes, und als sich ihre Blicke kreuzten, winkte sie Grace zu. Zusammen mit einer anderen Frau verteilte sie Getränke und ein paar Snacks. Graces Fuß war noch zu erschöpft, um viel zu stehen – sonst wäre sie zu ihnen gegangen und hätte mitgeholfen.

      „Sind Sie auch auf der Suche nach Arbeit, Miss Abernathy?“, holte Mr Miller Grace aus ihren Gedanken zurück.

      „Ja, das tue ich. Auch wenn mein Knöchel mich gerade etwas außer Gefecht setzt.“

      „Ich bin im KPB-Gebäude beschäftigt, auf der Yonge Street. Wenn Sie möchten, höre ich mich dort gerne nach freien Stellen um.“

      Grace runzelte die Stirn. „Wofür steht denn KPB?“

      „Kanadische Pazifikbahn“, entgegnete er und kramte in seiner Jackentasche nach einem kleinen Kärtchen. „Ich aber arbeite im Telegrafenamt im zweiten Stock. Wenn Sie mal ein Telegramm verschicken wollen, sind Sie bei mir in besten Händen. Vielleicht kann ich Ihnen sogar einen Rabatt anbieten“, sagte er mit einem Zwinkern und steckte ihr das Kärtchen zu.

      „Vielen Dank, Mr Miller. Das ist wirklich nett von Ihnen“, bedankte sich Grace mit einem schüchternen Lächeln und steckte die Karte ein. Dabei beobachtete Mr Miller sie sehr genau, als wollte er sich auf jeden Fall vergewissern, dass sie das Kärtchen auch sicher verstaute.

      „Ich hoffe, ich bin Ihnen nicht zu direkt, aber … ich weiß, wie es sich anfühlt, allein in einer neuen Stadt sein. Wenn Sie mal jemanden zum Reden brauchen oder ich Ihnen sonst irgendwie helfen kann, bitte, sprechen Sie mich gern an.“

      Der ehrliche Klang seiner Worte berührte Grace und erinnerte sie an ihren Bruder Peter. Auch er war immer sehr hilfsbereit und aufmerksam gewesen. Sogleich schalt sie sich dafür, schlecht von diesem Mann gedacht zu haben. Nur weil er etwas merkwürdig aussah. „Vielen Dank. Vielleicht komme ich eines Tages auf Sie zurück.“

      „Sehr gut, ich nehme Sie beim Wort“, erwiderte er mit einem solchen Strahlen, als hätte Grace ihm gerade das Jawort gegeben.

      Als das Treffen zu seinem Ende kam, half Mr Miller ihr beim Aufstehen. „Es war wirklich sehr schön, Sie kennengelernt zu haben, Miss Abernathy. Ich hoffe, wir sehen uns bald wieder.“

      Grace war ganz überrascht, wie wohltuend diese Treffen und auch das Gespräch mit Ian Miller waren. Mrs C. hatte recht behalten: Freunde konnte man nie zu viele haben.

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      Während der gesamten letzten Woche, die lediglich ihrer Genesung gewidmet war, hatte Grace nicht einen einzigen neuen Einfall, wie sie ihren kleinen Neffen zu Gesicht bekommen konnte. Als sie wieder ohne zu humpeln gehen konnte, hatte sie erneut nach dem Anwesen der Eastons gesucht, um zu beobachten, wer dort ein- und aus ging. Definitiv kein genialer Plan, das wusste


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