Die ganz Großen. Georg Markus

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Die ganz Großen - Georg Markus


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Die Kinolieblinge der Wien-Film

       Hollywood in Rot-Weiss-Rot

       DER REGIE-SIR

       Ein Nachmittag mit Billy Wilder

       VON »HIGH NOON« BIS »CASABLANCA«

       Österreicher in der Filmmetropole

       WENN STERNE VERBLASSEN

       Legende und Wirklichkeit der Hedy Lamarr

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       Die ganz Grossen des Kabaretts

       SCHAU’N SIE SICH DEN AN

       Erinnerungen an Karl Farkas

       »IN EINEM KLEINEN CAFÉ IN HERNALS«

       Hermann Leopoldi, Klavierhumorist

       ER HÄTTE SO GERNE GELACHT

       So erlebte ich Maxi Böhm

       DAS GEGENTEIL VOM HERRN KARL

       Helmut Qualtinger, wer sonst?

       Quellenverzeichnis

      WO BLEIBEN DIE GANZ GROSSEN?

       Vorwort

      Keine Frage, auch unsere Zeit hat ihre Stars, hat wunderbare Schauspieler. Die außergewöhnlichen Persönlichkeiten jedoch, deren Auftreten allein uns schon einen kalten Schauer verspüren ließ, ehe sie noch ein Wort gesprochen haben, die gibt es nur noch ganz selten. Von Paula Wessely und Attila Hörbiger, von Oskar Werner und Heinz Rühmann, von Greta Garbo und Marlene Dietrich ging ein solcher Zauber aus. Schwerlich kann man sich vorstellen, dass ein heutiger Bühnenstar vermittelt, was Hedwig Bleibtreu bei den Burgtheaterauftritten ihres Kollegen Josef Kainz empfand: »Nach jeder Vorstellung habe ich den weiten Weg nach Döbling zu Fuß gehen müssen. Es war einfach nicht möglich, in der Straßenbahn nach Haus zu fahren, so aufgeregt hat einen der Mann.«

      Sicher, große Persönlichkeiten gibt es nach wie vor, doch sie sind – nicht nur am Theater, sondern auch in der Politik, in der Forschung, im Sport und in vielen anderen Bereichen – rar geworden. Woran liegt es, dass die alles überragenden Erscheinungen immer seltener anzutreffen sind?

      Zweifellos ist unsere Zeit viel zu schnelllebig, um eine Persönlichkeit über Jahrzehnte wachsen zu lassen, wie das früher der Fall war. Heute wird ein Star sehr schnell »gemacht« und kann daher ebenso schnell wieder »verlöschen«. Andererseits sind wir durch Film und Fernsehen anspruchsvoll geworden. Wodurch sich die Frage erhebt, ob wir all die »Götter« von einst auch heute noch als solche gelten lassen würden.

      Das Fernsehen freilich hat viel dazu beigetragen, die Leitbilder ihrer Faszination zu berauben. Im Theater ist man elegant gekleidet, doch wenn uns Uschi Glas oder Harald Juhnke im Wohnzimmer besuchen, behalten wir die »Patschen« an. Diese Alltäglichkeit bringt es mit sich, dass die Stars unserer Tage fast schon zu »Menschen wie du und ich« geworden sind. Diese scheinbare Nähe stellt zwar vielleicht eine erfreuliche – demokratische – Entwicklung dar, hat den Lieblingen des Publikums aber viel von ihrem Nimbus genommen.

      Je ferner sie ihrem Publikum waren, desto mehr wurden sie geliebt, verehrt, bewundert. So schreibt Stefan Zweig in seinen Erinnerungen, dass die Köchin seiner Eltern im Jahre 1897 schluchzend ins Zimmer stürzte, weil sie soeben erfahren hatte, dass die berühmte Burgschauspielerin Charlotte Wolter verstorben war. »Das Groteske dieser wilden Trauer bestand selbstverständlich darin, dass diese alte, halb analphabetische Köchin nicht ein einziges Mal im Burgtheater gewesen war und die Wolter nie auf der Bühne oder im Leben gesehen hatte.«

      Den Verlust herausragender Bühnenfiguren zu beklagen, ist nicht der heutigen Zeit vorbehalten. Max Reinhardt erkannte schon in den dreißiger Jahren: »Was dem Theater wie aller Kunst am meisten Not tut, ist die Persönlichkeit.«

      Dass diese »Not« seither nicht gelindert wurde, bestätigen zwei kompetente Stimmen unserer Tage: »Es gibt bei uns keine Stars mehr, deretwegen man ins Kino gehen würde«, meinte der Regisseur Karl Hartl Ende der siebziger Jahre, als sich der Untergang der von ihm gegründeten Wien-Film abzeichnete. Und Oskar Werner stellte am Ende seines Lebens resignierend fest: »Am Theater ist der wundervolle Zauber verloren gegangen, weil die großen Persönlichkeiten fehlen.« Jahrhundertschauspieler wie eine Elisabeth Bergner, ein Raoul Aslan, ein Albin Skoda oder ein Oskar Werner eben, haben ihre Rollen nicht gespielt, sie waren Julia, Mephisto oder Hamlet. Werner Krauß trug in seinem linken Schuh monatelang Einlagen, ehe er am Burgtheater als Richard III. auftrat, um sich auch privat ans Hinken zu gewöhnen.

      Auch wenn es heute vermutlich sogar mehr gute und hervorragende Schauspieler gibt als in früheren Zeiten, so ist die Blütezeit der »Giganten« wohl vorbei. Mimen wie Gründgens oder Bassermann wachsen nicht mehr heran. Darunter leidet das Theater, und das dürfte wohl auch ein Grund dafür sein, dass Regisseure Mittel und Wege suchen, um ohne diese einzigartigen Erscheinungen auszukommen. So haben plötzlich Inszenierung, Bühnenbild und Kostüm einen Stellenwert bekommen, den sie früher am Theater nie hatten.

      Mein Lebensweg und mein Beruf als Journalist brachten es mit sich, dass ich die Gelegenheit hatte, einige der letzten Jahrhundertkünstler – wie Paula Wessely, Attila und Paul Hörbiger, Josef Meinrad, Rosa Albach-Retty, Curd Jürgens, Heinz Rühmann, Johannes Heesters, Vilma Degischer, Hermann Thimig, Helmut Qualtinger und Karl Farkas, aber auch das Regiemonument Billy Wilder – persönlich kennen zu lernen. Die Begegnungen mit diesen ganz Großen sind unauslöschlich in mir gespeichert. Und ich habe viele der Gespräche, die ich mit ihnen führte, auf Band aufgenommen, um in Erinnerung zu bewahren, was nicht verloren gehen soll.

      Ihnen und einigen anderen ganz Großen ist dieses Buch gewidmet.

      GEORG MARKUS

      Wien, im Juli 2000

ABSCHIED VON EINER LEGENDE
DAS JAHRHUNDERT DER WESSELY

      Über die Frage, wann das alte Jahrhundert tatsächlich zu Ende ging, wurde viel gerätselt. Am 31. Dezember 1999, sagen die einen. Am 31. Dezember 2000, meinen die anderen. Theaterfreunde freilich lassen weder den einen noch den anderen Tag gelten. Für sie endete das Jahrhundert am 11. Mai 2000, exakt um 21.30 Uhr. Da ist die große Paula Wessely gestorben. Damit also war das Jahrhundert vorbei und ein neues begann.

      Denn das 20. Jahrhundert, das war die Wessely. Unsere Großeltern haben schon geschwärmt von ihr, und wir taten es, seit wir denken können. Gerhart Hauptmann und Carl Zuckmayer schrieben ihr die Rollen auf den Leib; George Bernard Shaw drängte darauf, sie kennen zu lernen; und Ingrid Bergman antwortete, als man sie fragte, wer ihr Vorbild sei: »Die Wessely!«

      Ich hatte oft die Freude, dieser Frau, der Wessely, zu begegnen, beruflich und privat. Und es war jedesmal ein Erlebnis. Einmal, im Juni 1991, wurde im Hotel Sacher eine Edition ihrer besten Filme auf Video vorgestellt. Ich saß an diesem Abend neben ihr und fragte sie, irgendwann nach dem Dessert,


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