Forschungskreuzer Cimarron. Hubert Haensel

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Forschungskreuzer Cimarron - Hubert Haensel


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Lemonde schien sich allen Ernstes zu fragen, weshalb die CIMARRON nicht explodiert war, als Wrack oder gar als halbmaterieller Impuls auf ewige Zeit durch die übergeordnete Dimension jagte. Sein Gesichtsausdruck sprach jedenfalls Bände.

      Mühsam richtete er sich auf, doch ein Schwächeanfall ließ ihn taumeln. Der Schweiß brach ihm aus allen Poren und rann ihm in die Augen. Er blinzelte dagegen an, dann hatte er sich endlich wieder gefangen.

      Die CIMARRON befand sich wohl tief in der Dunkelwolke, die Gefahr schien vorerst gebannt zu sein.

      Duncan stemmte sich aus seinem Sessel hoch. Zielstrebig, wenngleich unsicheren Schrittes, ging er zum Kursschreiber und rief die Aufzeichnung ab. »Eineinhalb Lichtjahre«, stellte er fest.

      »Sind alle wohlauf?« Das war die Kommandantin. Sie schien am meisten von allen unter der Hyperetappe gelitten zu haben, ihre Blässe verriet das deutlich. Sie beugte sich über den Interkom: »Schadensaufnahme! Ausfälle melden!«

      »Diana …«

      »Serge?«

      »Ich habe eigenartigen Funkempfang! Verstümmelte Symbolgruppen auf der Hyperwelle. Achtundzwanziger Band ‒ das heißt, der Sender kann nicht weit entfernt sein.«

      »Ein Raumschiff?«

      Serge Ruttloff antwortete mit einer Gegenfrage: »Wer würde auf einer Frequenz senden, die nur über wenige Lichtstunden empfangen werden kann?«

      Duncan kam der Kommandantin zuvor. »Auf Lautsprecher umlegen, Serge!«, verlangte er.

      Kurze, rhythmische Töne klangen gleich darauf durch die Zentrale. Sie wiederholten sich in gleichbleibendem Abstand und ergaben eine kleine Melodie …

      »Ein Erkennungszeichen?«, fragte Diana verwundert. »Haben wir ein irdisches Raumschiff in der Nähe? Duncan, was sagen deine Instrumente dazu?«

      Lemonde schaltete mit knappen Bewegungen. Nach einer Weile schüttelte er den Kopf.

      »Nicht der schwächste Reflex. Aber wenn du mich fragst: Das kann nicht normal sein.«

      Diana sah ihn fragend und auffordernd zugleich an. »Du meinst, dort draußen ist mehr? Etwas Ungewöhnliches?«

      »Als würden die Tasterstrahlen hängen bleiben.«

      »Hyper- und Normalortung?«

      Duncan Lemonde kratzte sich am Hinterkopf. »Die Normalortung zeichnet, bringt aber ebenfalls keine Ergebnisse herein.«

      »Das hier dürfte von Interesse sein!« Serge Ruttloff schwenkte triumphierend einen Symbolstreifen. »Was da über Funk hereinkommt, stammt tatsächlich von einem unserer Schiffe. Und – haltet euch fest – es ist das Erkennungszeichen der XB-18.«

      Diana Rossfeldt nickte keineswegs erstaunt. »Ziemlich genau das habe ich erwartet«, sagte sie. »Oder wenigstens erhofft. Wie auch immer.«

      Als hätte es nur dieser Feststellung bedurft, die das Ziel der CIMARRON in scheinbar greifbare Nähe rückte, brach Sekunden später das Chaos über den Kreuzer herein. Es war, als würde der Weltraum aufreißen. Gleißende Helligkeit sprang von den Bildschirmen herab; ein gigantischer Blitz brach sich im Schutzschirm der CIMARRON und ließ die Belastung bis an die Toleranzgrenze hochschnellen.

      Diana hatte Mühe, den zweihundert Meter langen, schlanken Kreuzer auf Kurs zu halten. Es gelang ihr nur unvollkommen, die CIMARRON war zum Spielball entfesselter Naturgewalten geworden.

      Urplötzlich schwebte die erste Kugel vor dem Schiff …

      Sie wirkte wie eine überdimensionierte, in allen Farben des Spektrums schillernde Seifenblase. Unbeweglich trotze sie dem tobenden Inferno. Niemand hätte zu sagen vermocht, woher diese Kugel gekommen war, und die CIMARRON trieb genau darauf zu.

      In der Vergrößerung des Hauptbildschirms wirkte das schillernde Gebilde ungeheuer zerbrechlich ‒ und nahezu transparent.

      Der Riss im All glühte unverändert. Eine lang gestreckte, brodelnde Verwerfung, die eine vage Vorstellung des Hyperraums entstehen ließ. Hier hatte er sich von selbst geöffnet. Der Anblick ähnelte den Szenen, die sich den Außenkameras beim Eintritt in eine Überlichtetappe boten, auch wenn jener Moment nur einen Sekundenbruchteil währte.

      Inmitten des wesenlosen Wallens materialisierten mindestens zehn weitere Kugeln.

      »Schockwelle!«, rief Duncan. »Wir …«

      Ein Dröhnen, Zischen und Krachen erfüllte die Luft und machte jede Verständigung unmöglich. Von mehreren Seiten stießen die Kugeln auf die CIMARRON herab. Schon berührte die erste den Schutzschirm des Kreuzers. Doch statt in dem Abwehrfeld zu verdampfen, setzte sich die von intensiver werdenden Schlieren überlaufene Kugel zwischen den entstehenden Strukturrissen fest.

      Flackernde Warnmeldungen. Ein jäher Energieabfall im Schutzschirm. Die Kommandantin reagierte gedankenschnell und schaltete die Feldprojektoren auf maximale Abgabe.

      Drei weitere der jeweils mehrere Meter messenden Seifenblasen stießen auf die CIMARRON zu und hängten sich nacheinander an den Schutzschirm.

      »Sie handeln gezielt, als hätten wir es mit denkenden Wesen zu tun«, überlegte Diana. »Dennoch fällt mir die Vorstellung schwer, dass Leben im Vakuum des Alls existieren und sogar die Barriere des Hyperraums überwinden kann. Eher haben wir es mit einer Naturerscheinung zu tun ‒ oder es handelt sich um eine Waffe.«

      »Die Kugeln ziehen unsere Energie ab«, bemerkte Duncan nach einem Blick auf die Leistungsanzeige. »Die Bedrohung ist deutlich genug.«

      »Solange nicht noch mehr kommen, hält der Schirm!«, rief Ramirez. »Maximal dreißig Minuten – für länger würde ich die Hand aber nicht ins Feuer legen.«

      »Wir müssen dagegen vorgehen«, sagte Lemonde. »Was steckt hinter diesen schillernden Blasen? Ich halte sie für Ballungen einer uns unbekannten Energieform. Aber das sollte sich feststellen lassen.«

      In einer Seitenwand der Zentrale verliefen die Zuleitungen zu den Schirmfeldprojektoren. Gemeinsam mit zwei Technikern entfernte der Erste Offizier die Abdeckungen und legte einige der schenkeldicken Kabelstränge frei. Alles verlief problemlos. Erst als er einen der Analysatoren für die Testverbindung einsteckte, gab es einen peitschenden Knall. Das handliche Gerät explodierte geradezu. Eine Flammenzunge stach aus dem Anschluss hervor und traf Duncan. Er wurde zur Seite geschleudert und blieb regungslos und mit verrenkten Gliedern liegen.

      Diana Rossfeldt schrie auf. Ramirez beugte sich da schon über Lemonde und fühlte nach dessen Puls.

      »Duncan lebt«, sagte der Waffentechniker aufatmend.

      Ein Dröhnen hallte durch die CIMARRON. Von außen kommende Vibrationen pflanzten sich ins Schiffsinnere fort.

      »Entladungen zwischen Schutzschirm und Rumpf!«, meldete Ruttloff. »Sie springen von den Kugeln über.«

      Die Kommandantin nickte schwer. Nicht nur sie dachte in dem Moment an die Aufzeichnungen im Bordbuch der XB-18. Bestand ein Zusammenhang zwischen den schillernden Kugeln und dem Verschwinden des Frachters? Bislang war unbekannt, wer oder was die XB-18 angegriffen hatte, doch war es dort zu ähnlichen Erscheinungen gekommen.

      Der Schutzschirm schimmerte mittlerweile in einem matten Grau. Zudem zog er sich enger um die CIMARRON zusammen.

      Fast jeder in der Zentrale des Kreuzers starrte auf den Hauptbildschirm. Der Schutzschirm ließ kaum mehr Helligkeit durchdringen.

      Eben noch hatte Ramirez versucht, den Ersten Offizier ins Bewusstsein zurückzuholen. Ein Befehl der Kommandantin ließ ihn innehalten und an seinen Platz zurückeilen.

      »Zielerfassung auf Laser, José! Ich unterbreche die Energiezufuhr für den Schutzschirm. Sobald er zusammenfällt und die Kugeln sich weiter nähern, haben Sie Feuerbefehl!«

      »Damit berauben Sie uns unseres einzigen Schutzes«, platzte Ruttloff erschrocken heraus.

      Diana zuckte mit den Schultern. »Wollen Sie lieber herausfinden,


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