Spurensuche. Georg Markus
Читать онлайн книгу.der Prüfer von der ostafrikanischen Küstensprache ebenso wenig Ahnung hatte wie er selbst. Der Professor war aus demselben Grund auf seinen Posten gekommen, wie Herr Petko es nun vorhatte. Und der Professor fühlte sich dort so sicher, weil er nie im Leben gedacht hätte, dass irgendjemand in diesen Breiten des Suahelischen mächtig wäre.
Eine Hand wusch die andere – die beiden Herren haben einander selbstverständlich gegenseitig nicht verraten. Und so wurde Alex Petko der erste Suaheli-Dolmetsch der Welt, der kein Wort Suaheli konnte.
Er überlebte auf diese Weise den Krieg und eröffnete, als dieser endlich vorbei war, den Künstlerclub in der Akademiestraße. Susi Nicoletti erinnerte sich des Lokals auch deshalb besonders gerne, weil sie hier ihren späteren Mann Ernst Haeusserman kennengelernt hatte. Und eines Tages erzählte ihr Herr Petko seine Lebensgeschichte und somit auch von seiner lebensrettenden Karriere als Suaheli-Dolmetsch.
Das Geheimnis des Schnorrerkönigs
Poldi Waraschitz hat nie etwas bezahlt
Er war eines der großen Originale der Nachkriegszeit. Leopold »Poldi« Waraschitz hatte es sich zur Aufgabe gemacht, die Reichen und Schönen anzuschnorren und zwischen Kitzbühel, Cannes, München und Wien sehr gut davon zu leben.
Poldi Waraschitz residierte wie ein König und hat nie einen Groschen dafür bezahlt. Das erledigten für ihn Weltstars wie Liz Taylor, Claudia Cardinale, Curd Jürgens und Sophia Loren, die den Bonvivant zu ihren Premieren mitnahmen und ihm in noblen Restaurants Kaviar und Champagner spendierten.
Der Schnorrerkönig stammte aus einer armen Bauernfamilie in Lassee im Marchfeld und war eines von vierzehn Geschwistern. Nach einer Schneiderlehre schloss er sich einer Wanderbühne an und trat als Statist an Wiener Theatern auf. So lernte er Schauspieler wie Maxi Böhm, Heinz Conrads und die Familie Hörbiger kennen, durch die er auch mit anderen Stars in Kontakt kam. Waraschitz erledigte zunächst kleine Dienste für die Berühmtheiten, war eine Zeit lang Butler von Gunther Philipp, besorgte Flugtickets für Curd Jürgens. Sein wahres Talent hatte der im Jahr 1900 geborene Lebenskünstler aber schon im Berlin der 1920er-Jahre entdeckt: Er begeisterte die Lieblinge aus Film und Bühne mittels »Wiener Schmäh« und gewann sie als Freunde. Die Schauspieler schenkten ihm Freikarten ihrer Vorstellungen, die er dann weiterverkaufte.
In seinen unveröffentlicht gebliebenen Memoiren gab der Schnorrerkönig Einblick in die Kunst des Schnorrens: »Man sollte sich nie an die ganz Reichen wenden, die sind meistens knausrig«, schrieb er, »bei der guten Mittelklasse ist mehr zu holen«. Weiters gehörte es zu Poldis Maximen, »stets erstklassig gekleidet zu sein, es fand sich immer jemand, der mir Maßanzug, Hemd und Krawatte spendierte. Denn nur elegante Leute lässt man in gute Lokale. Man braucht kein Geld zu haben, man darf nur nicht so ausschauen, als ob man keines hätte.« Die Sakkos bekamen später seine Brüder und Neffen.
Menschenkenntnis, sagte Poldi Waraschitz, sei die wichtigste Voraussetzung für sein Gewerbe. »Man muss immer wissen, bei wem und auf welche Art man schnorrt.« Als er etwa zum Grand Prix von Monaco geladen war, rutschte Poldi im Swimmingpool eines Fünfsternehotels so unglücklich aus, dass er sich an der Hand verletzte. Vom behandelnden Arzt nach seinem nächsten Angehörigen gefragt, antwortete er fast wahrheitsgemäß: »Curd Jürgens!« Der kam dann auch für die Spitalskosten auf.
»Mein nächster Angehöriger«: Poldi Waraschitz (im Bild rechts) mit Curd Jürgens
Als Hitler 1933 in Berlin an die Macht kam, übersiedelte Poldi nach Wien, wo man ihn in der Eden-Bar als »den besten nicht zahlenden Gast, den wir je hatten« bezeichnete. Doch es gab auch einen anderen Poldi Waraschitz, der jüdischen Freunden zur Ausreise verhalf. Eine Familie emigrierte nach Argentinien und ließ ihn nach der Nazizeit jedes Jahr in ihre neue Heimat kommen.
Kaum war der österreichische Film nach dem Krieg wiederauferstanden, luden ihn Stars und solche, die es werden wollten, zu den Premierenpartys, weil jedem klar war: Wer mit Poldi fotografiert wird, kommt in die Zeitung, zumal der Schnorrerkönig zeitweise populärer war als viele seiner Opfer. Oder, wie Poldi zu sagen pflegte: »Wer von mir noch nicht angepumpt wurde, der hat es nicht verdient, im Who’s Who zu stehen.«
Zu seinen Gönnern zählten auch Robert Stolz, Senta Berger, Uschi Glas, Dietmar Schönherr, Paul Hörbiger und Hans Moser (bei dem er seine Meisterprüfung als Schnorrer ablegte, da der große Komödiant als besonders sparsam bekannt war). Und der »Hendlkönig« Friedrich Jahn gab ihm eine Karte, mit der er auf Lebenszeit in jedem Wienerwald-Lokal der Welt gratis essen und trinken konnte.
Man traf Poldi auch in Venedig, München, Acapulco, Hollywood, Las Vegas, beim Hahnenkammrennen in Kitzbühel und bei den Filmfestspielen in Cannes, wobei er Frankreich besonders liebte. Mit einer Einschränkung: »Wenn der Curd Jürgens nicht in Paris ist, merke ich erst, wie teuer dieses Land ist!«
Am Gipfel seiner Popularität hatte Poldi Waraschitz einen Status erreicht, der es ihm erlaubte, sich seine Förderer aussuchen zu können. Als sich der legendäre Playboy Gunter Sachs einmal in St. Moritz weigerte, mit Poldi fotografiert zu werden, verkündete der Schnorrerkönig dezidiert, »von Herrn Sachs keine Spenden mehr entgegenzunehmen«.
Seine Förderer waren es dann auch, die nach Poldis Tod im Jahr 1970 für die Begräbniskosten am Friedhof von Lassee aufkamen. Denn der Ruf, der Welt bester Schnorrer zu sein, verpflichtete über Poldis Grab hinaus.
SPURENSUCHE IN DER WELT DER MUSIK
Mozarts Vater
Wie Leopold das junge Genie förderte
Natürlich wäre Mozart auch ohne die Hilfe seines Vaters das Genie geworden, dessen Musik wir kennen und lieben. Und doch war Leopold Mozart eine wichtige Stütze für seinen Sohn, vor allem war er es, der das überragende Talent früh erkannt und gefördert hatte.
Leopold Mozart war am 14. November 1719 als Sohn eines Buchbindermeisters in Augsburg zur Welt gekommen, wo er das Jesuitengymnasium besuchte. Nach der Reifeprüfung übersiedelte er nach Salzburg, legte das Bakkalaureat der Philosophie ab und inskribierte danach Rechtswissenschaften. Er brach das Studium jedoch ab, um sich seiner wahren Berufung, der Musik, zuzuwenden.
Der Übersiedlung nach Salzburg verdanken wir es, dass sein Sohn Wolfgang Amadeus als »Österreicher« zur Welt kam. Wobei er eigentlich nie Österreicher war, denn als das Genie 1756 zur Welt kam, war Salzburg ein souveränes Erzbistum, das erst 1804 österreichisch wurde. Und da war Mozart nicht mehr am Leben.
Leopold wurde Violinist und Kammerdiener – das waren damals gleichrangige Berufe – des Domherrn Graf Thurn und Taxis.
Im Jahr 1747 heiratete Leopold Mozart die aus St. Gilgen stammende Anna Maria Pertl, die sieben Kinder zur Welt brachte. Fünf von ihnen starben als Säuglinge, nur Wolfgang Amadeus und seine Schwester Maria Anna, genannt »Nannerl«, erlebten das Erwachsenenalter. Mozarts Mutter Anna Maria starb, als Wolfgang 22 Jahre alt war.
»Nannerl« und Wolfgang Amadeus Mozart am Klavier, Vater Leopold mit Geige, an der Wand hängt ein Bildnis ihrer Mutter Anna Maria.
Leopold Mozart schuf zahlreiche Kompositionen, von denen 250 erhalten sind. Geschichte schrieb er aber, weil er seinem Sohn »Wolferl« ab dessen viertem Lebensjahr Musikunterricht erteilte.
Wolfgang war noch nicht sechs Jahre alt, als sich Leopold entschloss, mit seinen beiden »Wunderkindern« – auch Nannerl war überaus talentiert – ausgedehnte Tourneen zu unternehmen. Sie kamen an die Höfe in Wien, Paris, London, in viele Adelspaläste und gaben öffentliche