Seewölfe - Piraten der Weltmeere 662. Jan J. Moreno
Читать онлайн книгу.spitzem Winkel lief die „Aguila“ auf die Galeone zu. Die Drehbassen auf Back und Achterdeck jagten ihre tödlichen Geschosse zwischen die Piraten. Bei knapp fünfzig Schritten Distanz sprachen noch einmal die Culverinen des Batteriedecks.
Ihre Wirkung war verheerend, die Galeone wurde abgetakelt und endgültig zum Wrack geschossen. An Bord entstand heillose Verwirrung, als die Segelfetzen wie Leichentücher niedersanken und sich stehendes und laufendes Gut zu einem unentwirrbaren Durcheinander verknoteten.
„Ich will den Seewolf lebend!“ brüllte César Garcia aus Leibeskräften, als die erste Reihe seiner Soldaten die Musketen abfeuerten und die zweite Reihe ans Schanzkleid trat.
Krachend schrammten die Schiffsrümpfe aneinander. Auf der kleineren Galeone brachen Rüsten und Berghölzer.
Der Kampf Mann gegen Mann, mit unbarmherziger Härte geführt, begann. Mit Schiffshauern, Degen und Äxten drangen Soldaten und Piraten aufeinander ein, wobei die Spanier von vornherein in der Überzahl waren.
Musketen und Arkebusen waren in dem Getümmel noch als Schlagwaffen zu gebrauchen, und einzig Pistolenschüsse krachten hin und wieder. Aber keiner der Schützen fand Gelegenheit zum Nachladen.
César Garcia und Juarez Molina verfolgten das Gemetzel vom Achterdeck des Viermasters aus. Auf der Piratengaleone wurde es eng. Die Soldaten drangen unnachgiebig auf die Engländer ein, ihre Helme und die leichten Panzer verliehen ihnen einen nicht zu unterschätzenden Vorteil. Immer öfter mischten sich die Schreie Verwundeter in das Klirren der Blankwaffen.
Urplötzlich riß Molina seine Pistole aus dem Gürtel, spannte in derselben fließenden Bewegung den Hahn und drückte ab. Ein Engländer, der sich hinter dem Capitán über die Brüstung schwingen wollte, warf die Arme in die Höhe und kippte zurück. Sein Cutlass klirrte an Deck.
Mehrere Piraten versuchten, den Spaniern auf dem Umweg über die „Aguila“ in den Rücken zu fallen. Enterhaken verfingen sich in der Takelage, verwegene Kerle schwangen sich auf das Kriegsschiff.
Garcia zog ebenfalls seine Pistole und schoß. Die Kugel ließ einen weiteren Gegner in die Tiefe stürzen.
Aber dann waren zwei Engländer heran. Mit Cutlassen drangen sie auf den Capitán und seinen Ersten Offizier ein. Molina entging der gegen ihn geführten Klinge nur durch einen blitzschnellen Sprung zur Seite. Als der Pirat ins Leere stürmte, setzte er nach und bedrängte ihn mit wuchtigen Degenhieben.
Garcia hatte weniger Glück. Sein Degen brach bei der ersten Parade. Fluchend schleuderte er dem Angreifer den Rest der Klinge entgegen, aber der Engländer, ein hochgewachsener, breitschultriger Bursche, lachte nur.
Sein Entermesser zuckte vor, verfehlte den Capitán jedoch, weil er sich überraschend herumwarf. Der nächste Hieb riß Splitter aus der Verschanzung, doch da hatte Garcia schon den auf den Planken liegenden Cutlass an sich gebracht. Der Kapitän führte die breite Klinge mit beiden Händen und legte seinen ganzen Haß in die Hiebe.
Sein Gegner verstand sich aufs Kämpfen und war gewiß kein einfacher Seemann. Garcia begann zu begreifen, daß er dem Seewolf gegenüberstand – die Beschreibungen, die er über diesen Mann erhalten hatte, stimmten ziemlich genau.
„Bastard!“ stieß er auf englisch hervor. „Hurensohn! Diesmal geht es dir an den Kragen.“
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