Den Cyborgs ausgeliefert. Grace Goodwin
Читать онлайн книгу.kaum an sie erinnern, aber ich erinnerte mich daran, wie sich ihr kahler Kopf angefühlt hatte, wenn ich sie umarmte. Ich erinnerte mich an die Gerüche der Krankheit in meinem Zuhause.
Nachdem sie gestorben war, hatte mein Vater sich bemüht, weiterzumachen. Er hatte es geschafft, bis ich an der Uni war. Dann hatte er sich zu Tode getrunken.
Schuldgefühle. Was für ein schwaches Wort für die Emotionen, die in mir brüllten, wenn ich an meinen Vater dachte. Ich hätte ihn niemals alleine lassen sollen. Ich wusste, dass er sie immer noch vermisste. Ich wusste, dass er mit seinen eigenen Dämonen kämpfte. Aber ich war achtzehn gewesen und begierig darauf, in die Welt hinaus zu ziehen und ein neues Leben zu beginnen. Ich war zweitausend Kilometer weit entfernt zur Uni gegangen und kam nur ein paar Mal im Jahr nach Hause. Ich war davongelaufen, und er war direkt vor meiner Nase in sich zusammengefallen. Großer Fehler. Sehr großer Fehler.
Nein. Ich würde vor dem hier nicht davonlaufen.
Aufseherin Egara seufzte, und ich war nicht erfreut über die Enttäuschung oder Resignation, die ich in ihren Augen sah. Als hätte ich mich falsch entschieden.
„In Ordnung. Bitte nehmen Sie zur Kenntnis, dass die Zuordnung erfolgt ist, aufgezeichnet und zu ihrer Akte hinzugefügt wurde. Wenn Sie es sich anders überlegen, haben Sie ein gesetzliches Recht, mich zu kontaktieren. Sollten Sie sich doch entscheiden, eine Braut zu werden, werden alle Anschuldigungen gegen Sie fallengelassen, Ihr Strafregister wird getilgt und Sie werden umgehend zu Ihren Gefährten geschickt.“
Während sie sprach, hob sie ein seltsames Gerät an die Seite meines Kopfes, und ich jaulte auf, als ein scharfer, beißender Schmerz meine Schläfe durchfuhr.
„Aua!“ Ich wand mich vor ihr, zerrte mit neuer Entschlossenheit an den Schnallen. „Was war das?“
„Es tut mir leid, Rachel, aber es war notwendig.“ Sie ging davon und legte das eigenartige zylindrische Gerät auf dem Tisch ab, bevor sie sich wieder mir zuwandte, ihr Daten Tablet fest in der Hand und eine grimmige Miene auf dem Gesicht. „Und es tut mir leid wegen der Kopfschmerzen, die Sie in den nächsten paar Stunden erleiden werden. Für gewöhnlich wären Sie im Transport unterwegs, während Ihr Gehirn sich an die NPU gewöhnt, aber diesen Luxus werden Sie nicht haben.“
„NPU? Was ist das?“ Ich wollte meine Hand an meine Schläfe heben und mir über die schmerzende Stelle reiben. Was zur Hölle hatte sie gerade getan? „Was haben Sie mit mir angestellt?“
Die Fesseln um meine Handgelenke lösten sich mit einem einfachen Fingerwisch der Aufseherin über ihr Tablet. Sie hob ihren Blick vom Tablet, um meinem Blick zu begegnen, und ich sah kein Mitgefühl darin, eher Mitleid. „Die NPU ist eine neuronale Prozessor-Einheit, die für den Transport vom Planeten notwendig ist. Die Neuro-Technologie verbindet sich mit dem Sprachzentrum Ihres Gehirns und ermöglicht es Ihnen, alle bekannten Sprachen der Koalitionsflotte zu verstehen und zu sprechen. Sie können ohne sie nicht als Braut abgefertigt werden.“
„Ich will keine Braut sein.“ Als ich aufstand, kam ein Wächter mit den nur zu vertrauten Handschellen heran, mit einer langen Kette zwischen den Handgelenken. Ich wusste, wohin er mich bringen würde: zurück ins Gefängnis, zurück in die Einzelhaft, wo die Wächter mich behandelten, als wäre ich unsichtbar, eine Ratte im Käfig, die Wasser und Futter brauchte und sonst nichts. Trotzdem war es besser als die Alternative. Ich wollte nicht mehr für sie sein als eine weitere Insassin, ein weiteres Maul zum Stopfen. Ich wollte ihnen nicht auffallen.
Aber ich war unschuldig. Bestimmt würden mein Anwalt und meine Freunde draußen der Wahrheit auf die Spur kommen. Ich musste daran glauben, dass der Richter, der meinen Fall behandelte, die Lügen der Anklage durchschauen konnte.
„Wenn Sie keine Braut sein wollen, warum sind Sie dann der Empfehlung Ihres Anwalts nachgekommen, sich testen zu lassen?“ Ihre Frage traf einen Nerv, aber ich weigerte mich, zurückzuweichen. Ich weigerte mich, zu glauben, dass das Justizsystem mich so völlig im Stich lassen würde.
„Für alle Fälle.“
Ihr Nicken war knapp und präzise. „Ganz genau. Und nun haben Sie eine NPU, für alle Fälle.“
Sie warf mir meine eigenen Worte ins Gesicht, aber der Tonfall dahinter machte deutlich, dass sie glaubte, ich würde zurückkommen, eher früher als später. Und wenn das System mich im Stich ließ und ich verurteilt wurde, dann würde ich vielleicht tatsächlich zurückkommen. Dieser Traum. Mein Körper schmerzte immer noch vor Lust. Ich wollte diese großen Hände auf meinem Körper. Ich fühlte mich ganz bescheuert, als wäre ich ausgehungert nach Berührungen. Aber ich konnte nicht aufhören, daran zu denken, wie ihre Hände über meine Haut gefahren waren, ihre riesigen Schwänze mich weit gedehnt hatten. Die intensive Lust, als ich sie geritten hatte, bis ich den stärksten Orgasmus meines armseligen Lebens erlebt hatte.
Ein falscher Orgasmus, von irgendeiner dämlichen Computer-Manipulation meines Gehirns. Wenn ich den Vorgang richtig verstanden hatte, dann hatte ich die tatsächlichen Erinnerungen einer anderen Frau durchlebt. Hatte erlebt, was sie erlebte.
Die ganze Sache war mir unheimlich. Und ich wollte nicht von der Erde weg. Ich wollte mein verdammtes Leben zurück, und ich würde es bekommen.
Noch zwei Monate in Einzelhaft würde ich überstehen. Ich ließ nicht zu, dass ich daran zerbrechen würde. Aber eine nagende Stimme hatte begonnen, während meiner stillen Existenz im Gefängnis in meinem Kopf herum zu spuken. Selbst wenn ich die Anschuldigungen zurückweisen konnte und meine Berufung gewann, was würde aus mir werden? Selbst wenn es mir erlaubt werden würde, nach Hause zu gehen, würde ich jemals wirklich frei sein? Wenn die Anklage fallengelassen würde, wenn mein Name reingewaschen würde, dann würde es trotzdem immer Zweifler geben, die mich und alle Daten, die von mir kamen, als unzuverlässig ansehen würden. Kein Labor würde mich anfassen. Zumindest nicht in den USA. Ich würde umziehen müssen, ein neues Leben beginnen.
Und wenn ich nicht gewinnen würde, wenn das System versagte? Ich würde entweder jahrzehntelang in Ketten im Gefängnis sitzen, oder auf einen anderen Planeten geschickt werden, wo ich der Gnade nicht nur eines Aliens ausgeliefert war, sondern zwei.
Es sah so aus, als wäre ich auf die eine oder andere Weise bereits jetzt dazu bestimmt, eine lebenslange Strafe abzusitzen.
Kapitel 2
Maxim, Gouverneur von Basis 3, Kolonie-Planet von Prillon, Sektor 901
Das Stapfen von schweren Kampfstiefeln erfüllte den engen Flur. Meine Schritte waren eilig, ein wenig zu eilig, und doch konnte ich mich auf meinem Weg ins Kommunikationszentrum nicht bremsen. Aufseherin Egara, die auf der Erde das neue Interstellare Bräute-Abfertigungszentrum für die Kolonie leitete, wollte mich sprechen. Ich musste annehmen, dass sie Neuigkeiten bezüglich einer Zuordnung einer Gefährtin zu einem der seelenverdrossenen Soldaten unter meinem Kommando hatte. Neuigkeiten, die wir—dazu verdammt, unseren Lebensabend in der Kolonie zu verbringen—wirklich gut brauchen konnten.
„Ryston.“ Ich nickte mit ernsthaftem Gesicht meinem ernannten Sekundär zu, als er sich mir anschloss. Captain Ryston Rayall, mein Freund und Waffenbruder seit vielen Jahren. Er war von Kopf bis Fuß in die schwarzbraune Tarnmuster-Panzerung eines Prillon-Kriegers gehüllt, und ich war über seine Anwesenheit sowohl erleichtert als auch besorgt.
„Ich höre, es gibt Neues von der Erde.“ Sein Ausdruck war grimmig. Trotz der blassgoldenen Farbe seiner Haare und Augen war sein Blick düster. Nachdem er nach seiner Rettung von seiner Familie verstoßen worden war, war er ein Schatten seiner Selbst geworden. Unfreundlich. Verbittert. Wagemutig und unberechenbar. Schlechte Nachrichten würden weder sein Temperament noch seine derzeitige Laune verbessern.
„Ich bin schon unterwegs, Bruder. Geduld. Ich weiß noch nicht, was Aufseherin Egara zu vermelden hat.“ Ich klopfte ihm freundschaftlich auf die Schulter. Er war mein engster Vertrauter, mein Freund und Verbündeter auf dieser Basis. Ich würde keinem anderen meine Gefährtin