Berechnung von Stoffdaten und Phasengleichgewichten mit Excel-VBA. Wolfgang Schmidt
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Die Stärke der Joback-Methode besteht in der einfachen und der sehr flexiblen Verwendung. Ihre Schwäche ist die, dass die genaue Molekülstruktur und damit Wechselwirkungen der gewählten Gruppen mit Nachbargruppen nicht berücksichtigt werden. Dies ist allerdings die Schwäche vieler Inkrementmethoden, was offensichtlich zwei Gründe hat. Einerseits besagen die Inkremente ohnehin nichts über Wechselwirkungen untereinander, andererseits auch nichts über ihre Position in einem Molekül. Wie bereits dargestellt, bestehen z.B. zwischen einem CH3-Inkrement und dem OH-Inkrement andere Wechselwirkungen als zwischen dem CH3- und dem CH2-Inkrement. Während für viele einfache Moleküle die Molekülstruktur aus den Inkrementen eindeutig hervorgeht, ist das bei größeren Molekülen nicht der Fall, z.B. bei Isomeren. So stellt 2 CH3- eindeutig Ethylen dar. Aber 4 CH3-, 2 CH2- und 2 CH- ergeben 3 Isomere, nämlich 2,3-, 2,4- und 2,5-Dimethylhexan (DMH). Deren Siedepunkt würde mit Joback für alle 3 Isomere Tb = 551,52 K ergeben (Ex_xls), (ifp15). Tatsächlich betragen die Siedetemperaturen für 2,3-DMH Tb = 563,5 K, für 2,4-DMH Tb = 553,6 K und für 2,5-DMH Tb = 550 K.
Bei diesem Molekül kann man annehmen, dass Wechselwirkungen kaum die Ursache für die unterschiedlichen Siedetemperaturen sein können, sondern eher die Positionen. Warum das so ist, ist wenig erforscht. Wir können also nur empirisch vorgehen und die speziellen Positionen herausfinden und ihnen Joback-Werte zuordnen.
In der Literatur sind neben der Joback-Methode auch weitere Methoden ausführlich beschrieben.
Die Verbesserung der Joback-Methode durch Einführung von Wechselwirkungsparametern wird in der Exceldatei ex_03_07_Group_Contribution.xls (Abb. 1.25) sowohl bei der Berechnung der Siedetemperatur Tb als auch der kritischen Temperatur Tc dargestellt.
Abb. 1.25. Erweiterte Joback-Berechnung 2. Grades für Isomere
Während man für Tb dem 2,3-DMH ein (CH3)2CH- mit dem Korrekturwert −0,0035 und ein CH(CH3)CH(CH3)-Inkrement mit dem Korrekturewert 0,316 zuordnet, wird dem 2,4-DMH ein (CH3)2CH- und dem 2,5-DMH 2 (CH3)2CH-Inkremente zugeordnet (vgl. Abb. 1.26).
Abb. 1.26. Inkremente der 2. Ordnung
Der Summenwert ΣGi für Tb beträgt 5,4096 (F30). Die vollständige, korrigierte Berechnung von ΣGi erfolgt durch
(1.20)
Damit erhält man aus der Joback-Gani-Gleichung
(1.21)
Mit Tb0 = 222,543 (C8) erhalten wir Tb = 375,69 K (F40) nach Joback, d.h. unkorrigiert und 388,19 K (F41) korrigiert. Nach DIPPR beträgt der Siedepunkt 388,76 (F42). Die Abweichung beträgt nur noch 0,15% (F45). Leider fallen die Verbesserungen für die beiden anderen Isomere trotz Verwendung der Korrekturwerte bei Weitem nicht so gut aus (E30:M45). Auch die Berechnung der Siedepunkte für die beiden weiteren Moleküle 2,3,4-Trimethylpentane und n-Propylcyclohexan nach Joback-Gani ergeben sich trotz Verwendung der Korrekturen 2. Ordnung keine nennenswerten Verbesserungen im Vergleich zu den Joback-Ergebnissen (N30:S45).
Die Joback-Gani-Methode unterscheidet sich in Bezug auf den Siedepunkt etwas von der Joback-Methode. Die Gleichung zur Berechnung der Siedetemperatur lautet nach Joback-Gani
(1.22)
Darin ist Tb0 = 222,543 K.
Für die kritische Temperatur gilt eine ähnliche Gleichung wie bei Joback.
(1.23)
Natürlich sind dann die Inkrementdaten anders.
In der Tabelle „Second-order molecules“ werden die 3 Isomeren von Dimethylhexan betrachtet. In der Zeile 30 und 40 haben alle zunächst dieselben Grunddaten. In den Zeilen 32 bis 37 werden die Strukturen der Isomeren betrachtet und deren Joback-Konstanten verwendet. Diese werden in F41:G41 der zuvor gewonnenen Summe zuaddiert.
(1.24)
(1.25)
Wie man in den Zeilen 44 und 45 erkennen kann, wird die Genauigkeit durch diese Methode deutlich verbessert. Hier das Beispiel 2,3-diemethylhexan.
Was die Korrekturen bedeuten, geht aus der Grafik in der Excel-Datei hervor, die zwischen T und AE zu finden ist.
Eine weitere Verbesserung sind Strukturbeschreibungen der 3. Ordnung. Im Beispiel der Tabelle „Third-order molecules“ der Exceldatei Ex_03_07_Group_Contrubuition.xls werden die Siedeund kritischen Temperaturen einiger substituierter Aromaten berechnet. Die Methode ist identisch mit der der 2. Ordnung, d.h. die Parameter der 3. Ordnung in den Zeilen 41–44 werden den zuvor gebildeten Summen zuaddiert, sodass die Formeln lauten
(1.26)
und
(1.27)
Die Genauigkeiten werden dadurch aber nur z.T. gegenüber der der 1. bzw. 2. Ordnung verbessert.
1 Ordnung | 2,00% | 0,66% | 0,50% | 2,98% | 3,89% | 1,13% | ||
2 Ordnung | 1,77% | 0,60% | 0,50% | 2,98% | 3,89% | 1,13% | ||
3 Ordnung | 1,51% | 0,00% | 0,27% | 2,95% | 1,93% | 0,28% |
Bei der Betrachtung dieser Liste fällt auf, dass die Methode der 2. Ordnung nicht immer eine Verbesserung gegenüber der Methode der 1. Ordnung liefert. Aber auch bei der Methode 3. Ordnung verbleiben Abweichungen.
Wechselwirkungen zwischen den Molekülen gleicher Art sind nicht selten, werden bei der Joback-Methode aber nicht berücksichtigt.