Blutroter Schmerz und finstere Lust | Erotischer SM-Vampir-Roman. Angelique Corse

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Blutroter Schmerz und finstere Lust | Erotischer SM-Vampir-Roman - Angelique Corse


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schloss Lion kategorisch aus. Zwar hegte er durch seine besondere Wahrnehmung eine gewisse Zuneigung zu jedem Lebewesen, aber jene schlug niemals ins Extreme. Ein Wesen wie er kannte Trauer und Verlust wahrscheinlich besser als die Menschen, aber selbst in einem solchen Fall war sein Empfinden anders. Der Vampir seufzte und verließ den lichten Kreis der Laterne. Die Nacht war noch jung, dennoch verrieten ihm seine erbarmungslos pulsierenden Eckzähne, dass es Zeit für eine Jagd war.

      Im sogenannten Partyviertel der Stadt mischte er sich seit knapp zehn Minuten unter die feiernde Menge. Heute stand ihm nicht der Sinn nach altem, verbrauchtem Fleisch. Vielmehr sehnte seine Zunge sich nach etwas Lebendigem und dieser Ort war dafür bestens geeignet. Wie immer tummelten sich dort unzählige Menschen von jung, über reif bis alt und nicht wenige frönten dem Alkohol. Mehr als einmal verzog Lion kaum merklich das Gesicht, weil er auf eine Flasche oder in eine Lache getreten war. Zwar war ihm dieses Genussmittel nicht fremd, aber es dermaßen zügellos zu konsumieren, entzog sich seinem Verständnis. Andererseits hatte dies einen klaren Vorteil; es erleichterte die Suche oder vielmehr das Finden eines Opfers. Die Wahrnehmung der Menschen in diesem Zustand war bereits verschleiert und die Erinnerung danach getrübt. In einem solchen Fall konnte er auf seine telepathischen Kräfte fast völlig verzichten. Der oder die betroffene Sterbliche würde es danach für einen heißen Traum infolge des Alkoholrausches halten. Lion lächelte und offenbarte einige Sekunden lang seine Fangzähne. Ihr Pulsieren hatte seit seiner Ankunft merklich zugenommen, sein Hunger wuchs. Trotzdem nahm er sich Zeit, die Menschen eingehend zu betrachten, schließlich galt er als ausgesprochen wählerisch. Zwar besaß jeder seine eigene Faszination, welche Lion, dank seiner besonderen Augen, ohne Filter oder Makel wahrnehmen konnte, dennoch brauchte ein Opfer das gewisse Etwas.

      Endlich. Am Straßenrand erblickte Lion eine Gruppe männlicher Jugendlicher im Alter von neunzehn bis fünfundzwanzig. Auch sie hielten fast ausnahmslos Bierflaschen in der Hand und grölten irgendwelchen Schwachsinn, der nicht selten unter die Gürtellinie ging. Nur einer von ihnen spielte nicht mit, sondern saß stattdessen teilnahmslos daneben und nahm von Zeit zu Zeit einen Schluck von seiner Cola. Andere mochten dieses Verhalten als uncool bezeichnen, aber Lion gefiel es.

      Überhaupt wirkte es auf ihn, als würde der unbekannte junge Mann von innen heraus strahlen. Wie ein Licht in dunkler Nacht. Seine blauen Augen schauten neugierig, interessiert auf das, was um ihn herum geschah und deutliches Mitgefühl spiegelte sich in ihnen. Lockige blonde Haare, die ihm einen femininen Touch verliehen. Ob er schon alleine aus diesem Grund ein Außenseiter war, welcher zu derartigen Treffen stets nur mitgeschleppt und das stumme Anhängsel war? Der Vampir hielt es für möglich, wenngleich es eine Schande war. Diese moderne Zeit schimpfte sich offen und tolerant und trotzdem waren die Fesseln zuweilen enger als in seinem menschlichen Leben, das in der Renaissance angesiedelt gewesen war.

      Dass er stehen blieb, bemerkten die Jugendlichen zunächst nicht, auch sein mögliches Opfer benötigte einige Sekunden. Doch während seine Freunde ihn beleidigten oder sogar mit Schlägen bedrohten, was Lion jedoch kommentarlos hinnahm, hob der Unbekannte lediglich den Kopf. Ihre Blicke trafen sich und Lion spürte die Intensität jener Geste ganz deutlich. Jedoch schien es seinem Gegenüber nicht anders zu gehen, im Gegenteil, die blauen Augen wirkten plötzlich wie ein von der Sonne beschienenes Meer.

      Ah ja, dachte der Vampir und unterdrückte den Impuls, sich über die Lippen zu lecken. Kann es sein, dass du dich in der Vergangenheit bereits zu Männern hingezogen gefühlt und dir vorgestellt hast, wie es mit ihnen wäre?

      Seinem schüchternen und doch hungrigen Blick nach zu urteilen verhielt es sich so und natürlich konnte man solche Gefühle nicht zugeben. Auch ohne ein Wort mit ihnen gewechselt zu haben, konnte Lion sich ihre Reaktion lebhaft vorstellen. Nicht nur, dass sie den Jungen sofort aus der Gruppe ausgeschlossen hätten, wahrscheinlich würden sie sogar von ihren Fäusten Gebrauch machen und dann wäre er chancenlos. Der Junge verfügte über einen wachen Verstand, gepaart mit Intelligenz, war jedoch in Sachen Kraft hoffnungslos unterlegen. Kaum merklich runzelte Lion die Stirn und trat einen Schritt näher, schon jetzt wusste er; sollte es dazu kommen, würde er sein Opfer verteidigen.

      »Hey, du Tunte, was willst du hier?«, pöbelte einer der Jugendlichen aggressiv.

      »Genau, zieh Leine oder du wirst es bereuen«, ergänzte der Zweite und Lions sensible Ohren vernahmen das Klicken eines sich öffnenden Butterfly-Messers. Nur eines von vielen Verboten, welches die beiden Anführer der Gruppe übertreten hatten.

      Lion beeindruckte dieses Verhalten jedoch wenig. Anstatt auf die beiden anderen einzugehen, fixierte er den Jungen noch stärker mit den Augen. Sein deutlich beschleunigter Herzschlag steigerte seine Begierde. Er musste ihn haben, um jeden Preis.

      Lockend streckte Lion die Hand nach ihm aus und wie in Trance erhob der Junge sich. Als seine Hand sich in die des Vampirs legte, verzogen sich die vormals melancholischen Gesichtszüge erst mal zu einem sanften Lächeln, welches das untote Herz berührte.

      »Bist du jetzt n‘ Stricher, oder was?« Schmunzelnd registrierte Lion die leichte Fassungslosigkeit in jenen Worten.

      »Geh nicht mit ihm mit«, mischte der Zweite sich ein und sein Tonfall offenbarte deutliche Angst. Dergleichen hatte der Vampir schon oft erlebt, manche Menschen verfügten über einen recht ausgeprägten Instinkt, der sie vor Gefahr warnte, selbst wenn sie diese nicht genau benennen konnten.

      Aber der Junge hörte nicht auf seine Freunde, sondern ließ sich widerstandslos von Lion in die Arme schließen. Der Vampir knurrte, als ihm ein männliches und dabei doch süßliches Parfum in die Nase stieg. Da verfügte jemand über einen ausgezeichneten Geschmack.

      »Wie heißt du?«, fragte er, als sie Hand in Hand wie zwei Freunde die Partymeile entlang schlenderten. Zwar hätte er den Namen auch durch seine Gedanken herausfinden können, aber ihn aus seinem Mund zu hören, fand Lion sehr viel schöner. Ihm fiel auf, dass der Junge sich jedes Mal, wenn eine Gruppe Betrunkener vorbeikam, fester an seine Hand krallte.

      »Elias«, antwortete der Junge und plötzlich kehrte die Unsicherheit in seine Stimme zurück.

      Offensichtlich wurde ihm allmählich bewusst, dass er einfach so mit einem Fremden mitgegangen war, was niemals ungefährlich war. Oder, der Vampir versteifte sich und drang in Elias‘ Gedanken ein. Ließ seine geringe Kontrolle nach? Oder brauchte er doch mehr als zunächst gedacht? Als er nichts bemerkte, beschloss Lion nachzufragen. Eine Kreatur wie er war schwer zu belügen, also konnte ein Versuch nicht schaden.

      »Was ist mit dir?«, erkundigte Lion sich weiter und zwang seine Begleitung sanft, sich auf einer Parkbank niederzulassen. Sein leichtes Zittern war für Menschen unsichtbar, doch seine scharfen Sinne spürten es.

      »Ich… ich weiß nicht«, stammelte Elias und strich sich durch die blonden Locken. Eine Geste der Nervosität, das wusste Lion, schließlich hatte er die gleiche Angewohnheit. »Ich meine… Sie… du… bist ein Fremder und ich laufe mit dir durch die Straßen, als würden wir uns schon ewig kennen.«

      »Das stimmt allerdings.« Entspannt setzte Lion sich neben ihn, ohne die Hand loszulassen. Sollte Elias versuchen wegzugehen, konnte er immer noch den Arm um seine Schultern legen. »Aber ist das wirklich so schlimm? Ich meine, du fühlst dich doch wohl.«

      »Ja«, brach es aus ihm heraus. »Sogar wohler als bei meinen sogenannten Freunden. Doch was ist, wenn sie recht haben und du mich verletzen oder sogar töten willst? So etwas gibt es doch.«

      Und ich könnte es sogar, stimmte Lion ihm in Gedanken zu und lächelte in sich hinein. Aber in den letzten Minuten war er von seinem ursprünglichen Vorhaben abgewichen. Ihn zu töten wäre eine Verschwendung von großer Intelligenz. Außerdem konnte ein solcher Charakter ihm noch nützlich sein.

      »Betrachten wir es doch einmal nüchtern«, sprach Lion und verlieh seiner Stimme einen schmeichelnden Klang. »Ich habe dich auf der Partymeile gefunden. Dort gibt es neben zahlreichen Klubs auch ebenso viele dunkle Gassen. Wenn ich dir also etwas antun wollte, hätte ich es dort schnell und einfach machen können. Oder glaubst du, es wäre jemandem aufgefallen? Stattdessen sitze ich hier und rede mit dir.«

      Elias antwortete nicht, sondern senkte schuldbewusst den Blick. Die


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