Tödliche Hände. Marie Louise Fischer

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Tödliche Hände - Marie Louise Fischer


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leider. Vielleicht ist jener Mann daran schuld, der in ihr Leben getreten ist. Jedenfalls … die heutige Sitzung ist die letzte, die auf Eberstein stattfindet. Maria hat einen Käufer für die Burg und den Grundbesitz gefunden. Und morgen vormittag – aber ich bitte, diese Tatsache diskret zu behandeln – heiratet sie.«

      »Was? Maria Sebaldt heiratet?« Monika schrie es fast und wurde rot, als alle sie erstaunt anblickten. »Wen heiratet sie?«

      »Einen gewissen Kasimir Kratky«, antwortete Dr. Zacharias.

      Monika atmete auf. Sie hatte schon befürchtet, der Bräutigam könnte … Martin Sommer heißen.

      Martin Sommer war der Mann, den sie liebte. Aber es war schmerzlich, zu wissen, daß er ihr soviel mehr bedeutete als sie ihm. Zwischen ihnen stand ein Schatten, die Persönlichkeit einer anderen Frau. Einer Frau, von der Martin Sommer mit unwiderstehlicher Gewalt angezogen wurde – Maria Sebaldt.

      »Sie mögen Herrn Kratky nicht?« fragte Monika den Arzt.

      »Es liegt mir fern, ein Urteil über den Menschen abzugeben, den Maria Sebaldt liebt«, erklärte Dr. Zacharias voller Würde.

      Er öffnete eine Tür, und sie traten vom Treppenhaus in die Halle.

      Was zuerst auffiel, war das rotlodernde Feuer in einem mächtigen, altertümlichen Kamin. Dann erst bemerkten sie die kleine Gesellschaft, die stumm in hochlehnigen, holzgeschnitzten Sesseln vor dem Kamin saß. Obwohl jeder die Schritte der neuen Gäste gehört haben mußte, drehte sich niemand um.

      Der Staatsanwalt ging geradewegs auf den Kamin zu und setzte sich zu den anderen.

      Seine Frau folgte, ohne zu zögern, wie immer seinem Beispiel.

      Nur Monika stand noch unter der Tür, sah sich in dem riesigen Raum um. Die Wände waren bis zur halben Höhe getäfelt. Von der Mitte des romantischen Gewölbes hing ein vielarmiger geschmiedeter Leuchter herab, an dem jedoch nur wenige Glühbirnen brannten, die spärliches Licht verbreiteten. Düstere Schatten lauerten in allen Ecken und Winkeln. Ritterrüstungen mit herabgelassenen Visieren standen da, eine Unzahl alter, vergilbter Ölgemälde, wahrscheinlich Ahnenbilder, hing an den Wänden.

      »Na, hast du nun genug geschaut?« fragte eine tiefe Stimme hinter ihr.

      Monika erkannte die Stimme sofort. Sie hätte Martins Organ ohne Zögern unter Hunderten erkannt. Niemand verstand es wie er, in einen einfachen Satz eine so doppelsinnige Bedeutung zu legen.

      Sie drehte sich zu ihm um, nicht im geringsten überrascht, ihn hier zu treffen. Er hatte ihr zwar erzählt, daß er übers Wochenende seinen kranken Vater besuchen müsse. Aber das hatte Monika ihm von Anfang an nicht geglaubt. Sie hatte gleich vermutet, daß es ihn zu Maria zog.

      »Guten Abend, Martin«, sagte sie mit beherrschter Stimme und reichte ihm die Hand.

      »Wie kommst du hierher?« fragte er sie direkt.

      »Mein Schwager war so liebenswürdig, mich mitzunehmen.«

      »Warum hast du …« Er stockte, biß sich auf die runde, volle Unterlippe.

      »Warum ich dich nicht vorher um Erlaubnis gefragt habe?« erwiderte sie freundlich.

      »Unsinn. Aber du hättest es mir doch wenigstens sagen können.«

      »Du hast mir ja auch nichts gesagt. Du hast mich sogar belogen.«

      Er packte sie beim Arm. »Hör mal, Monika …« Er dämpfte die Stimme zu einem fast unhörbaren Flüstern. »Du kannst hier nicht bleiben.«

      »Und warum nicht?«

      »Frag mich nicht, ich kann es dir nicht erklären. Aber es liegt etwas in der Luft, etwas sehr Ungutes.«

      »Gib dir keine Mühe. Ich bin froh, daß ich hier bin. Jetzt werde ich sie endlich kennenlernen. Du ahnst nicht, wie lange ich mir das schon gewünscht habe.«

      »Ach so, deswegen … Hast du immer noch nicht eingesehen, daß deine Eifersucht völlig unsinnig ist?« »Nicht unsinniger als deine Liebe zu dieser Frau«, brach es nun aus Monika heraus.

      »Ich liebe sie nicht. Glaub mir doch endlich. Fährst du nun zurück?«

      »Nur, wenn auch du mitgehst.«

      »Ich kann nicht«, flüsterte er.

      »Danke, das ist eine klare Antwort.«

      Sie wandte sich ab und ging auf den Kamin zu. Martin versuchte nicht, sie aufzuhalten.

      Kurz darauf trat Mr. George Pearson, der Amerikaner, in die Halle. An seiner Seite schritt eine Frau, offensichtlich seine Gattin.

      Sie war hochgewachsen, fast mädchenhaft schlank, trug ein hervorragend sitzendes, mit schmalem Nerzfell besetztes Kostüm aus violettem Wollstoff. Ihre hochhakkigen Pumps waren violett wie ihr Kostüm, und violett geschminkt war auch ihr Mund.

      Sie gehörte zu jenen Frauen, deren Alter schwer zu schätzen ist. Sie konnte ebensogut eine guterhaltene Vierzigerin wie eine frühverbrauchte Dreißigerin sein.

      In jeder anderen Gesellschaft hätte sie sofort alle Blicke auf sich gezogen. Hier aber war Monika die einzige, die sie überhaupt zu bemerken schien.

      Kein Wunder, daß Mr. Pearson, der stolze Besitzer dieser Dame, von dem frostigen Empfang einigermaßen schockiert war. Er räusperte sich und schmetterte ein lautes »Hälloh!« in den Raum.

      Niemand antwortete ihm.

      Er rieb sich verlegen die Nase, duckte sich unter dem verweisenden Blick seiner Gattin und sagte dann, plötzlich unsicher geworden:

      »Entschuldigen Sie bitte …«

      Er war Monika in diesem Augenblick sympathisch, weil ihn seine Verlegenheit irgendwie anziehend machte.

      Vom Gang her kam ein scharf quietschendes Geräusch. Es stammte von einem klapprigen Teewagen, den Anton in die Halle rollte. Während der Diener den Tee einschenkte, betrachtete Monika die vier Personen, die schon bei ihrem Eintritt um das Feuer gruppiert waren. Ihr Blick glitt von einem gutgenährten blonden Mann in einem hochgeschlossenen schwarzen Anzug zu einer jungen Frau in einem schlecht sitzenden hellbraunen Kleid, mit regelmäßigem, etwas herbem Gesicht und streng zurückgekämmtem Haar.

      Dicht beieinander saßen ein Herr mit eisgrauem Schnurrbart und eine platinblonde Dame. Beide waren groß und schlank, beide wirkten außerordentlich vornehm. Monika schätzte sie als Ehepaar ein.

      Anton kam mit dem Teewagen zu ihr, und Monika hatte dann alle Mühe, die Tasse, das Sandwich und die Zigarette gleichzeitig in ihren Händen zu blancieren.

      So kam es, daß ihr jener bedeutsame Augenblick entging, auf den sie gewartet hatte, seit sie sich dieser merkwürdigen Gesellschaft gegenübersah. Monika erblickte Maria Sebaldt erst, als diese schon mitten im Raum stand.

      Monika war von ihrer Schönheit nicht überrascht. Die Sebaldt mußte ja bildschön sein, um Martin so sehr an sich fesseln zu können.

      Das klare Gesicht war eingerahmt von langen, blonden, lose herabfallenden Locken. Die dunkelblauen Augen waren von zarten Schatten umgeben, die sie noch größer erscheinen ließen. Ein Lächeln umspielte den feingeschnittenen Mund. Die weißen Hände hielt sie leicht erhoben.

      Auf Monika wirkte sie ungemein reizvoll und … außerordentlich unsympathisch.

      Monika starrte Maria Sebaldt immer noch an, als sie durch ein klirrendes Geräusch neben sich aus ihrer Betrachtung gerissen wurde.

      Sie wandte den Kopf und sah, daß Lisa ihre Teetasse kaum noch in ihren zitternden Händen halten konnte. Lisa war totenbleich geworden, ihre Lippen bebten. »Lisa … was hast du?« fragte Monika erschrocken. »Ist dir nicht gut?«

      Lisas Lippen formten ein krampfhaftes Lächeln. »Es ist schon vorbei«, flüsterte sie.

      Es schien so, als starre Lisa unverwandt auf Maria Sebaldt. Aber als Monika ihrer Blickrichtung


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