Der Archipel in Flammen. Jules Verne

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Der Archipel in Flammen - Jules Verne


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es in der Ab­sicht des Ka­pi­täns, ans Land zu ge­hen und nicht etwa die Nacht auf dem schon ziem­lich be­weg­ten Meer, wel­ches noch mehr auf­ge­regt zu wer­den droh­te, zu­zu­brin­gen.

      Wenn die See­leu­te von Vi­ty­lo nun nicht mehr in Zwei­fel sein konn­ten, dass die Sa­co­le­ve in einen Ha­fen ein­lief, so frag­ten sie sich doch, ob sie ge­ra­de in ih­rem Ha­fen an­le­gen wür­de.

      »Ah«, rief ei­ner von ih­nen, »man möch­te sa­gen, dass sie sich im­mer nur am Win­de zu hal­ten, aber nicht ein­zu­lau­fen such­te.«

      »Da soll sie der Teu­fel ins Schlepp­tau neh­men!« ver­setz­te ein an­de­rer. Soll­te sie wirk­lich nur la­vie­ren und wie­der auf die hohe See ge­hen?

      »Steu­ert sie über­haupt auf Co­ron zu?«

      »Oder viel­leicht auf Kala­ma­ta?«

      Bei­de Voraus­set­zun­gen hat­ten etwa gleich­viel für sich. Co­ron ist ein von Han­dels­fahr­zeu­gen der Le­van­te stark be­such­ter Ha­fen der ma­nia­ti­schen Küs­te, wo ein be­deu­ten­der Aus­fuhr­han­del von Öl aus dem süd­li­chen Grie­chen­land statt­fin­det. Das­sel­be gilt für Kala­ma­ta am Grun­de des Gol­fes, des­sen Ba­za­re mit Ma­nu­fak­tur­wa­ren, Stof­fen oder Ge­schir­ren ge­füllt sind, wel­che von West­eu­ro­pa hier ein­ge­führt wer­den. Es war also mög­lich, dass die Sa­co­le­ve nach ei­nem die­ser zwei Hä­fen be­stimmt war, ein Um­stand, der die raub- und plün­de­rungs­lüs­ter­nen Vi­ty­li­ner sehr ent­täusch­te.

      Wäh­rend sie so mit ziem­lich in­ter­es­sier­ter Auf­merk­sam­keit be­ob­ach­tet wur­de, glitt die Sa­co­le­ve rasch vor­wärts. Bald be­fand sie sich auf der Höhe von Vi­ty­lo. Jetzt muss­te ihr Schick­sal sich ent­schei­den. Wenn sie noch wei­ter auf den Hin­ter­grund des Gol­fes zu­hielt, muss­ten Goz­zo und sei­ne Spieß­ge­sel­len jede Hoff­nung, sich ih­rer zu be­mäch­ti­gen, auf­ge­ben. Selbst wenn sie sich in ihre schnells­ten Boo­te war­fen, hat­ten sie kei­ne Aus­sicht, jene ein­zu­ho­len, umso viel war sie ih­nen durch das un­ge­heu­re Se­gel­werk, wel­ches sie trug, an Ge­schwin­dig­keit über­le­gen.

      »Sie kommt hier­her!«

      Die­se drei Wor­te rief der alte See­mann, des­sen Arm mit nie­der­ge­bo­ge­ner Hand sich gleich ei­nem En­ter­ha­ken nach dem klei­nen Schiff zu aus­streck­te.

      Goz­zo täusch­te sich nicht. Das Steu­er­ru­der wur­de in den Wind ge­legt, und die Sa­co­le­ve rich­te­te sich jetzt auf Vi­ty­lo. Gleich­zei­tig wur­den das Top­se­gel und ein Fock­se­gel ein­ge­zo­gen und an­de­re Se­gel we­nigs­tens halb ge­reeft. Auf die­se Wei­se von ei­nem Teil des auf ihr las­ten­den Wind­drucks be­freit, ge­horch­te sie nun leich­ter der Hand des Steu­er­manns.

      Jetzt dun­kel­te es all­mäh­lich mehr. Die Sa­co­le­ve hat­te ge­ra­de nur noch Zeit, in die Ein­fahrt von Vi­ty­lo ein­zu­lau­fen. Hier lie­gen un­ter dem Was­ser Fel­sen ver­streut, wel­che we­gen der Ge­fahr, dar­an voll­stän­dig zu schei­tern, sorg­sam ver­mie­den wer­den müs­sen. Trotz­dem stieg kei­ne Lot­sen­flag­ge am Groß­mast des klei­nen Fahr­zeugs auf. Der Ka­pi­tän muss­te also mit dem ziem­lich ge­fähr­li­chen Fahr­was­ser selbst ge­nü­gend ver­traut sein, weil er sich, ohne Bei­stand zu ver­lan­gen, in das­sel­be wag­te. Vi­el­leicht miss­trau­te er auch – und zwar ganz mit Recht – dem be­lieb­ten Ver­fah­ren der Vi­ty­li­ner, wel­che wohl nicht da­vor zu­rück­ge­schreckt wä­ren, ihn ir­gend­wo hier auf den Grund lau­fen zu las­sen, wo schon so sehr viel Fahr­zeu­ge auf die­se Wei­se ver­lo­ren­ge­gan­gen wa­ren.

      Bis­her er­hell­te üb­ri­gens noch kein Leucht­turm die Küs­te die­ses Tei­les von Ma­gne. Ein ein­fa­ches Ha­fen­licht diente dazu, den Ein­gang in den en­gen Kanal zu be­zeich­nen.

      In­zwi­schen nä­her­te sich die Sa­co­le­ve. Bald be­fand sie sich nur noch eine hal­be Mei­le von Vi­ty­lo. Sie muss­te gleich lan­den. Man merk­te, dass eine er­fah­re­ne Hand sie führ­te.

      Auch das war nicht dazu an­ge­tan, die Ungläu­bi­gen zu be­frie­di­gen; sie hat­ten ja weit mehr In­ter­es­se dar­an, das Fahr­zeug auf ir­gend­ei­nem Fel­sen stran­den zu se­hen; dann hat­ten sie die Bran­dung ge­wis­ser­ma­ßen als Bun­des­ge­nos­sen. Die­se be­gann die Ar­beit, wel­che sie nur zu vollen­den hat­ten. Erst der Schiff­bruch, dann die Plün­de­rung, das war ihr ge­wöhn­li­ches Ver­fah­ren. Das er­spar­te ih­nen ja meist einen Kampf mit be­waff­ne­ter Hand, einen un­mit­tel­ba­ren An­griff, dem doch al­le­mal ei­ni­ge von ih­nen zum Op­fer fal­len konn­ten. Es gab in der Tat oft ge­nug von ei­ner mu­ti­gen Mann­schaft ver­tei­dig­te Fahr­zeu­ge, wel­che sich nicht un­ge­straft über­fal­len lie­ßen.

      Die Ge­nos­sen Goz­zos ver­lie­ßen also ih­ren Beo­b­ach­tungs­pos­ten und gin­gen nach dem Ha­fen hin­un­ter, um alle ver­bre­che­ri­schen Vor­be­rei­tun­gen zu tref­fen, wel­che bei den Strandräu­bern, ob die­se die Mee­re des Aben­do­der des Mor­gen­lan­des un­si­cher mach­ten, so ziem­lich die glei­chen sind.

      Es er­schi­en ja so leicht, die Sa­co­le­ve in der en­gen Fahr­stra­ße des Kanals stran­den zu las­sen, wenn man ihr falsche Wei­sun­gen er­teil­te, was die zu­neh­men­de Dun­kel­heit noch be­güns­tig­te, die, ohne ge­ra­de schon voll­kom­men zu sein, doch die Füh­rung ei­nes Schif­fes ei­ni­ger­ma­ßen er­schwer­te.

      »Ans Ha­fen­licht!« be­fahl Goz­zo, dem sei­ne Ge­fähr­ten ohne Zö­gern zu ge­hor­chen pfleg­ten.

      Alle ver­stan­den den al­ten See­mann. Schon zwei Mi­nu­ten spä­ter er­losch die­ses Licht – eine ein­fa­che, am Ende des Ha­fen­dam­mes an ei­nem dort ste­hen­den Pfahl be­fes­tig­te La­ter­ne – ur­plötz­lich.

      Das falsche Licht be­stand aus ei­ner La­ter­ne, de­ren Schein sich von dem des Ha­fen­lich­tes nicht un­ter­schied. Die­se La­ter­ne hat­te man aber an den Hör­nern ei­ner Zie­ge be­fes­tigt, wel­che lang­sam am Ran­de der Klip­pe hin­ge­trie­ben wur­de. Sie ver­än­der­te ih­ren Ort also mit dem Tie­re und muss­te in­fol­ge­des­sen auch die Sa­co­le­ve zu falschem Ma­nö­vrie­ren ver­lei­ten.

      Es war nicht zum ers­ten Mal, dass die Leu­te in Vi­ty­lo auf die­se Wei­se ver­fuh­ren. Nein, ge­wiss nicht! Und es war lei­der auch nur sel­ten, dass ih­nen ihre schänd­li­chen Ab­sich­ten miss­lan­gen.

      Zum größ­ten Er­stau­nen der das­sel­be be­ob­ach­ten­den See­leu­te be­weg­te sich das Schiff durch die Win­dun­gen des Kanals mit un­glaub­li­cher Si­cher­heit wei­ter. Um das


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