Seewölfe - Piraten der Weltmeere 694. Sean Beaufort

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Seewölfe - Piraten der Weltmeere 694 - Sean Beaufort


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Es stank nach heißem und noch mehr nach erkaltetem Schweiß, und schließlich wickelten die beiden wuchtigen Inder die triefenden Leinentücher um die Körper der Seewölfe.

      Sie blieben ein paar Atemzüge lang erschöpft, aber entspannt liegen.

      Dann murmelte Dan O’Flynn: „Was haben die Kerle jetzt mit uns vor?“

      „Leinen los“, sagte Hasard, zuckte mit den Schultern und verbesserte sich: „Keine Ahnung. Wahrscheinlich kreuzt gleich einer mit Flöte und Korb auf und läßt irgendwelche blöden Schlangen tanzen.“

      „Ach ja“, meinte Dan, „solange sie keinen von uns beißen, sollen sie tanzen und dudeln.“

      Es dauerte seine Zeit, bis sie, von den schweißtriefenden Indern halb gestützt, halb getragen, den nächsten Raum erreichten. Dort erwartete sie, durch Löcher in der westlichen Wand erhellt, ein Becken voller Wasser, das in vier Abteilungen abgetrennt war. Als sei es ein Überfall, rissen die muskulösen Inder den Seewölfen die Tücher vom Leib und schoben sie sanft, aber nachdrücklich, in das erste Becken.

      Hasard junior kreischte laut, Dan etwas leiser.

      Es war, nach aller Hitze, eiskalt. Wie die Brandung vor Cornwall im Dezember.

      So schien es ihnen jedenfalls.

      Schlagartig wurden sie hellwach. Ihre Sohlen erreichten den Boden des gemauerten Beckens, und sie waren bis zum Hals in dem kalten Wasser versunken.

      „Bei der eiskalten Kali“, ächzte Hasard junior. „Das ist böse. Ich bin wieder völlig wach.“

      Dans rauhes Gelächter verlor sich zwischen den dicken Wänden aus luftgetrockneten Lehmziegeln und schweren Quadern.

      „Ich auch. Leider. Aber es tut gut.“

      Die Inder trieben die beiden Badegäste von einem Becken ins andere, von kaltem Wasser ins warme und wieder zurück.

      Eine halbe Stunde später, nachdem sie sich abgetrocknet hatten, sagte Hasard junior verblüfft: „Wahrscheinlich fühlt man sich so, wenn man neu geboren wird, eh? Die verstehen etwas von ihrem Handwerk, die Bademeister und Kneter.“

      Die Inder schienen sich über die lachenden, frisch rasierten und strahlenden Gesichter der Seewölfe ebenso zu freuen wie über die Rupien, die ihnen Dan in die öligen Hände drückte. Völlig wach und in bester Stimmung verließen Hasard und Dan das Badehaus.

      „Madras, wir kommen“, sagte Dan. „Auf zum Basar!“

      Clint und Mac Pellew hatten ihnen den Weg beschrieben. Es war bereits dunkel geworden, und die Straßen und Gassen wurden durch Kienspäne, Fackeln und Öllampen nur schwach beleuchtet. Die Seewölfe blieben in der Mitte der Gassen und schauten sich wachsam um. Schattenhafte Gestalten bewegten sich entlang der Mauern und in Hauseingängen. Aus einigen Gärten drang die Musik von Flöten, kleinen Trommeln und Zupfinstrumenten. Die Lieder, fand Hasard junior, klangen nicht gerade fröhlich und ausgelassen.

      „Wenn wir die Worte verstehen könnten“, erwiderte Dan, „würden wir vielleicht anders urteilen.“

      „Kann schon sein.“

      Für Dan und Hasard unterschied sich dieser Teil von Madras nicht von anderen Städten Indiens. Die gleichen Bäume, überall Zäune, Hecken und Mauern, die gewohnten Gerüche von Feuerstellen und scharfen Gewürzen.

      Nach hundert Schritten blieb Dan O’Flynn stehen, sah den Fledermäusen zu, die zwischen den Bäumen Insekten jagten, dann sagte er: „Das Kneten und Baden hat mich hungrig werden lassen. Wie geht es dir?“

      Hasard junior lachte kurz und erwiderte: „Du hast recht. Ich wollte gerade das gleiche vorschlagen. Suchen wir uns einen Laden, in dem sie Chapattis backen oder sonst etwas.“

      „Einverstanden. Da lang. Da geht’s zum Basar.“

      Dan zeigte nach links. Sie traten aus einer halbdunklen Gasse auf die breite, teilweise gepflasterte Straße, die ihnen der Koch beschrieben hatte. Hier herrschte sehr viel mehr Leben als in dem dunklen Viertel. Fast alle Fenster sämtlicher Häuser waren erhellt, in einigen Gärten brannten Lämpchen, und viele Passanten hielten Fackeln in den Händen.

      Männer unterhielten sich lachend, Kinder rannten herum, Hunde schnüffelten an den Mauerecken, und in den Häusern bewegten sich Frauen in farbenfrohen Saris. In den Bäumen schnatterten kleine Affen. Ein paar Bettler hockten auf dem Boden und hielten ihre Schalen in die Höhe.

      „Clint hat recht gehabt“, sagte Hasard junior. „Madras verfügt über eine richtige Prunkstraße.“

      Sie gingen langsam auf den Basar zu. Die Inder warfen ihnen zwar neugierige Blicke zu, blieben aber freundlich. Niemand belästigte sie. Sie sahen auch keine zwielichtigen Gestalten, solche, die vielleicht beim Überfall auf die Schebecke dabeigewesen waren. Zwei Doppelposten der Wache gingen, ihre langen Speere geschultert, durch die Menschenmenge. Ein Ochsenkarren fuhr mit knarrenden Feigen in der Mitte der Straße.

      „Weit und breit keine Gaststube zu sehen“, sagte Hasard. „Aber überall riecht es nach Essen. Mir läuft das Wasser im Mund zusammen.“

      „Und mir knurrt der Magen“, meinte Dan. „Gehen wir einfach der Nase nach.“

      Sie sahen die großen und vergleichsweise prächtigen Häuser an, drehten sich nach langhaarigen Frauen um und passierten einen plätschernden Brunnen, von dem Mädchen und Frauen große Wasserkrüge auf dem Kopf oder den Schultern wegtrugen. Die Mädchen kicherten, als die hochgewachsenen Engländer grinsend vorbeigingen und, immer der Nase nach, schließlich vor dem weitgeöffneten Tor des Basars standen.

      „Was willst du eigentlich kaufen?“ fragte Hasard. „Hoffentlich nichts zum Essen. Die Köche haben alles schon gebunkert.“

      Dan zuckte mit den Schultern und zog Hasard mit sich auf den Eingang eines langgestreckten Gebäudes zu, in dem sie viele Menschen, viele Lampen und eine große Zahl hölzerner Säulen sahen, die das Dach stützten.

      „Was ich suche? Weiß ich selbst nicht“, antwortete Dan. „Wenn ich es sehe, fällt es mir ein.“

      Inderinnen, die volle Körbe schleppten, kamen ihnen entgegen. Aus dem Inneren drangen Stimmengewirr und unzählige Gerüche. Auf dem Boden lagen Abfälle und zertretene Früchte. Überall summten Fliegen, und die Seewölfe ließen sich von der nachdrängenden Menschenmenge mitziehen.

      „Hier gibt’s wirklich alles“, meinte Hasard.

      Dan fügte hinzu: „Und von allem ziemlich viel.“

      Die Halle, etwa hundert Schritte in der Länge und Breite, war entlang der Wände und in einem großen Viereck in der Mitte jeweils durch breite Gänge in kleinere und größere Verkaufsstände unterteilt. Auf den niedrigen Mauern, auf dem Boden, auf Bambusgestellen und, auf Schnüren und Leinen zwischen den Pfeilern aufgehängt, befanden sich Früchte, Gewürze, alle denkbaren Arten Nüsse, Melonen, Kürbisse und streng riechendes Gemüse.

      An jedem Stand verhandelten Inder lautstark über Preise und den Zustand der Waren. Jeder weitere Schritt brachte einen anderen Geruch.

      „Hier!“ Hasard deutete auf eine Tischplatte, auf der zwei Dutzend verschiedener Krüge in vielen Farben und unterschiedlichen Größen standen. Umgedrehte Becher waren vor den Krügen aufgereiht. Ein hübsches Mädchen mit einem dicken, langen Zopf lächelte die Fremden zwinkernd an.

      „Was verkauft die?“ fragte Dan und ließ sich von Hasard mitziehen.

      „Irgend etwas zum Trinken. Aber das erfahre ich gleich“, sagte Hasard junior und grinste das Mädchen an.

      „Was ist in den Krügen?“ fragte er in Hindi. „Teuer oder billig?“

      Sie war überrascht, daß er in der Sprache des Landes mit ihr redete. Sie deutete nacheinander auf sechs oder sieben Krüge und zählte auf. Abwehrend hob Hasard die Hände. Er hatte nur ein einziges Wort verstanden: Kokosnußsaft.

      „Langsam. So gut verstehe ich nicht“, sagte


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