Der Frauenarzt - Unterhaltungsroman. Marie Louise Fischer

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Der Frauenarzt - Unterhaltungsroman - Marie Louise Fischer


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      Marie Louise Fischer

      Der Frauenarzt - Unterhaltungsroman

      Saga

      Der Frauenarzt – UnterhaltungsromanCoverbild / Illustration: Shutterstock Copyright © 1968, 2020 Marie Louise Fischer und SAGA Egmont All rights reserved ISBN: 9788726444803

      1. Ebook-Auflage, 2020

      Format: EPUB 2.0

      Dieses Buch ist urheberrechtlich geschützt. Kopieren für gewerbliche und öffentliche Zwecke ist nur mit Zustimmung von SAGA Egmont gestattet.

      SAGA Egmont www.saga-books.com und Lindhardt og Ringhof www.lrforlag.dk

      – a part of Egmont www.egmont.com

      1

      „Meine lieben Kinder . . .“ begann Professor Dr. Konrad Hartwig, aber seine Worte gingen in der allgemeinen Fröhlichkeit unter. Der Polterabend seiner Tochter Vera hatte den Höhepunkt erreicht. Die Gäste — fast ausschließlich Ärzte der privaten Frauenklinik des Professors und Freundinnen der Braut — hatten unter Scherzen und Lachen billige Töpferwaren auf dem schönen eingelassenen Steinboden zerschlagen, von dem die bunten kostbaren Teppiche eigens zu diesem Zweck beiseite gerollt worden waren.

      Jetzt bemühte sich Vera, mit einem riesigen Strohbesen die Scherben zusammenzukehren. Sie sah dabei, mit schwarzem, schimmerndem Haar, den sanft geröteten Wangen, den vor Glück strahlenden tiefblauen Augen, sehr reizend aus, wenn sie auch etwas ungeschickt mit dem großen Besen hantierte, denn hausfrauliches Können war nicht gerade ihre Stärke. Sie mußte einige ausgelassene Witze über sich ergehen lassen, aber sie tat es mit Humor.

      „Meine lieben Kinder“, begann Professor Hartwig noch einmal, aber wieder unterbrach er sich: „Verdammt, warum hört mir denn niemand zu?“

      Claudia, seine Frau, die neben ihm auf der breiten, mit Schaffell bezogenen Couch saß, lächelte ihm mit leichtem Spott zu. „Wenn du einen Toast ausbringen willst, mein Lieber, mußt du vorher an dein Glas klopfen. Aber ich weiß nicht, ob jetzt gerade der richtige Moment ist, um . . .“

      „Und ob er das ist!“ Professor Hartwig zog einen goldenen Füllhalter aus seiner Westentasche, schlug einmal, zweimal, dreimal gegen das Glas, das er in seiner Rechten hielt, mit jener sturen Hartnäckigkeit, wie sie nur ein Schwips verleiht, und hatte schließlich Erfolg.

      Das Glas zersprang. Im gleichen Augenblick wandte sich die allgemeine Aufmerksamkeit ihm zu.

      „Macht nichts!“ meinte Dr. Klaus Berg, der Bräutigam, beruhigend. „Je mehr Scherben, desto mehr Glück!“

      Er war ein großer, breitschultriger Mann, und es sah ein wenig komisch aus, als er jetzt einer der Brautjungfern Handbesen und Kehrblech abnahm und die Glassplitter mit geradezu rührender Behutsamkeit zusammenfegte.

      „So“, sagte er dann, „wenn jemand von euch auf die Idee kommt, barfuß zu tanzen, kann nichts passieren!“ Alle lachten, als hätte er einen großartigen Witz gemacht.

      Von dem allgemeinen Trubel blieb nur ein einziger Mensch unberührt — Assistenzarzt Dr. Günther Gorski. Er stand unbewegt, die eine Hand in der Hosentasche, in der anderen eine brennende Zigarette, an der Längsseite des großen Raums, etwas seitlich des wunderbaren Renoirs, dem Prunkstück der Wohnung, die Professor Hartwig und seine Frau für das junge Paar im Obergeschoß ihres Hauses eingerichtet hatten.

      Dr. Gorski lächelte, er lächelte unentwegt, aber seine dunklen Augen waren verhangen, und sein Lächeln wirkte starr und ohne Heiterkeit.

      Claudia Hartwig erhob sich, nahm zwei Sektschalen und schritt quer durch den Raum auf Dr. Gorski zu. Der junge Mann war ein entfernter Verwandter ihres Mannes, und sie hatte sich um ihn gekümmert, seit er nach Abschluß seines Studiums nach Düsseldorf gekommen war.

      „Du hast noch nichts zu trinken, Günther“, sagte sie.

      Eine Sekunde lang reagierte er verwirrt, wie aus einem Traum gerissen. Dann zog er die Hand aus der Hosentasche, nahm das eine Glas entgegen, verbeugte sich geschmeidig. „Sehr lieb von dir, Tante Claudia.“

      „Du solltest nicht so ein Gesicht machen“, mahnte sie leise, „es nützt dir nichts, wenn morgen über dich geklatscht wird.“

      Er zuckte mit den Schultern. „Geklatscht wird so und so.“

      „Das muß nicht sein“, erklärte sie mit Nachdruck, „nicht, wenn du keinen Anlaß dazu gibst. Und du hast gar keinen Grund, niedergeschlagen zu sein. Onkel Konrad ist sehr zufrieden mit dir, du siehst glänzend aus, bist jung . . . das ganze Leben liegt noch vor dir!“

      Dr. Gorski drückte mit einer heftigen Bewegung seine Zigarette aus. „Ich bin durchaus nicht deprimiert.“

      „Das ist sehr vernünftig“, sagte Claudia Hartwig, „du warst immer schon ein vernünftiger Junge. Es muß nicht gerade Vera sein. Es gibt noch viele hübsche und . . . reiche Mädchen, Günther!“

      In seinen dunklen Augen blitzte es auf, aber sofort hatte er sich wieder in der Hand. „Danke, Tante Claudia“, sagte er steif.

      Claudia Hartwig war unzufrieden mit sich. Dennoch behielt ihr immer noch schönes, sehr gepflegtes Gesicht den Ausdruck lächelnden Gleichmutes bei.

      Die frohe Laune von Vera und Klaus durfte auf keinen Fall gestört werden, das war jetzt am wichtigsten.

      „Ich bin sehr glücklich“, ertönte Professor Hartwigs tiefe, eindrucksvolle Stimme, „und ich frage mich immer wieder, worüber eigentlich? Im Grunde müßte ich ja böse sein, daß Klaus Berg . . . na, immerhin mein Oberarzt, aber doch noch ein junger Dachs . . . mir meine Tochter entführt . . .“

      „So klein bin ich gar nicht mehr, Vati“, warf Vera dazwischen.

      Alle lachten.

      Der Professor drohte ihr mit dem Finger. „Eigentlich“, sagte er, „hatte ich ja andere Pläne mit dir. Ich hatte mir sehr gewünscht, daß du Medizin studieren würdest, und ich bin nach wie vor davon überzeugt, daß eine tüchtige Ärztin aus dir geworden wäre, wenn nicht eben dieser junge Dachs dazwischengefunkt hätte. Na, Schwamm darüber. Wie ich schon sagte . . . ich bin glücklich . . . glücklich, liebe Vera, daß deine Wahl wenigstens auf einen Mediziner gefallen ist und nicht auf einen Rennfahrer oder einen Löwenbändiger . . .“

      Das allgemeine Gelächter zwang ihn zu einer Pause.

      „Du hast dir einen guten, klugen und tüchtigen Mann ausgesucht, liebe Vera . . . und du Klaus, du hast das wundervollste Mädchen von der Welt erobert, das sage ich dir, weil ich ihr Vater bin, und weil ich es weiß!“

      „Ein solcher Vater“, sagte Claudia Hartwig lächelnd, „kann ja nur das wundervollste Mädchen von der Welt zur Tochter haben!“

      Professor Hartwig wandte sich seiner Frau zu. „Nein, so eingebildet bin ich nun doch nicht, Claudia! Du bist eine herrliche Frau, und wir alle können nur hoffen, daß aus unserem kleinen Mädchen mal eine Frau wird wie du! Dann werdet ihr beide, Vera und Klaus, so glücklich werden wie wir beide . . .“ Der Professor legte den Arm um seine Frau, hob sein Glas dem Brautpaar entgegen. „Das ist es, was ich euch wünsche, und es ist, glaubt mir, sehr viel! Auf euer Glück!“

      Die Gläser klirrten. Der Professor, seine Frau, nach ihnen die anderen Gäste, stießen mit dem jungen Paar an. Selbst Günther Gorski, der sich der Gruppe genähert hatte, folgte ihrem Beispiel.

      „Ich wünsche euch von Herzen alles Gute!“ sagte er mit unbewegtem Gesicht.

      „Nein“, sagte Dr. Berg, „mit dir möchte ich lieber auf unsere alte Freundschaft anstoßen . . .“

      „Ich auch!“ rief Vera. „Du wirst doch unser Freund bleiben, Günther, nicht wahr?“

      „Immer.“

      Sie stießen an. Vera hob sich auf die Zehenspitzen und küßte Doktor Günther Gorski flüchtig auf beide Wangen.

      Im gleichen Moment hatte jemand den Plattenspieler eingeschaltet. Vera wandte


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