Ponyreiten. Lise Gast
Читать онлайн книгу.kennengelernt. Andere sind durch die Pfalz oder die Lüneburger Heide geritten, haben einsame Bauernhöfe oder alte Burgen als Nachtquartier bezogen und sich in die Zeit ihrer Vorväter zurückgeträumt, während die Pferde im Turnierhof wieherten; und gar aus Stiefeln getrunken, weil einer vergessen hatte, die Bügel überzuschlagen und eine Runde ausgeben mußte. Oder Reiterferien an der See: Neben der Brandung über den feuchten Sand galoppieren, im harten, salzigen Seewind, rechts das Meeresrauschen, links die Marsch, wie der Schimmelreiter! Oder gar durch Island reiten! Feuerspeiende Berge und sprühende Geysire erleben, im Zelt schlafen, Schwarzen Tod trinken – und das alles zusammen mit Frau und Kindern erleben! Ist das nicht ein Traum, den zu verwirklichen es lohnt? Und dann nach langem Ritt die Heimkehr in den Stall. Erst die Pferde versorgen – immer kommen die Pferde zuerst! Abgesattelt, abgehalftert. Wasser angeboten, Heu gegeben, Hufe ausgekratzt. Alles mit klammen Fingern und ein wenig wacklig auf den Beinen. Muskelkater kriegt man vom Reiten ...! Und dann in die warme Gaststube! Die Glieder strecken, und Vater spendiert einen Grog, auch für die Minderjährigen ...
Urlaub im Sattel, gibt es das wirklich? Sollte das auch für Sie möglich sein?
Was Sie mitbringen sollten
Natürlich ist ein solcher Urlaub für Sie möglich. Sie müssen jedoch fähig und bereit sein, sich umzustellen, sich einzustellen auf Neues, Überraschendes, sich nicht an Schwierigkeiten und Nebensachen zu stoßen, und, wenn etwas schief geht, lieber zu lachen als zu maulen oder gar zu schimpfen. Sie sind doch noch jung oder Sie werden es wieder. Sie kommen der Natur wieder nahe, es wird Ihnen wichtiger sein, daß Grani oder Schecki zur Zeit sein richtiges Futter bekommt, als daß Sie selbst reichlich und gut essen. Sie werden die Wonne der Kameradschaft mit dem Tier neu spüren, wenn es Ihnen morgens vergnügt entgegenwiehert, und Sie werden sich wie ein König fühlen, wenn Sie in tauiger Morgendämmerung den Sattel aufgelegt haben und den Fuß in den Bügel heben, um das zu erleben, von dem immer gesungen und gesagt wird: vom höchsten Glück der Erde, das auf dem Rücken der Pferde liegt.
Freilich, die allerersten Ahnungen vom Reiten müssen Sie haben. Sonst quälen Sie das Pferd und sich selber. Deshalb – suchen Sie sich einen Ponyhof, auf dem Sie in ein paar Wochen die ersten Grundlagen erlernen können – samt Frau und Kindern.
II. Gute und schlechte Ponyhöfe
Ponyhöfe sind eine Erfindung der letzten zwanzig Jahre. Ihre Entstehung hat zwei Gründe: Die Sehnsucht in unserer technisierten Umwelt nach Tier und Natur und der so oft bekrittelte Wohlstand. Hier hat er seine Vorteile. Ponyhöfe gibt es jetzt überall in Deutschland. Adressen finden Sie in Pferdezeitschriften (siehe Seite 77) oder im Reisebüro. Wahrscheinlich werden Sie den wählen, der Ihnen am nächsten liegt. Fahren Sie hin und sehen Sie sich ihn an!
Telefon haben alle. Es gibt den schlampigen Ponyhof öfter als man denkt. Zum Glück ist er ziemlich leicht als solcher zu erkennen. Ein Anruf genügt: Fragen Sie den Besitzer, ob Sie am nächsten Sonntag drei oder vier Ponys ausleihen und einen Ausritt damit machen können. Sagt er zu, so dürfen Sie sicher sein, daß dieser Hof für Sie nicht in Frage kommt. Wer seine Tiere fremden Leuten ohne Aufsicht überläßt, handelt fahrlässig: ihm kommt es nur auf das Geld an, das diese Tiere für ihn erarbeiten.
Die Besichtigung
Es gibt noch ein paar andere Merkmale, an denen Sie schnell erkennen können, ob Sie an der richtigen Adresse sind. Zuerst gucken Sie in die Sattelkammer! Oft gibt es sie überhaupt nicht, das Sattelzeug liegt irgendwo hingeknallt, die Sättel (Abb. 5) sind alte, schwere Militärsättel, die überhaupt nicht passen. Die Gebisse sind rostig, grünspanüberzogen und zu dünn. Ein dünnes Gebiß schneidet mehr ein als ein dickes, rundes, vor allem, wenn Anfänger die Zügel fuhren. Das Lederzeug ist nicht gezeichnet, so daß immer wieder etwas vertauscht wird und die Sättel nicht passen, demzufolge drücken sie und verursachen Wundstellen. Schlecht gepflegtes Lederzeug ist für die Tiere eine Qual, weil es hart ist, und für Sie bedeutet es eine Gefahr, weil es leicht bricht. Lederzeug muß immer aufgehängt werden, darf nie herumliegen, und muß regelmäßig mit Fett geschmeidig gehalten werden.
Auf einem guten Ponyhof hat jedes Pferd sein eigenes Kopfstück (Abb. 4), seinen eigenen Sattel bzw. sein eigenes Geschirr. Alles hängt ordentlich auf dem Geschirrbock, mit dem Namen des Pferdes gezeichnet. Das Lederzeug ist sauber, gut eingefettet, also weich und geschmeidig. Die Gebisse der Kopfstücke sind abgewaschen und aus rostfreiem Metall. Allein an den Gebissen können Sie sehen, welche Sorgfalt den Tieren zuteil wird.
In der Sattelkammer befindet sich auch der Apothekenschrank. Er hängt so hoch, daß Kinder ihn unter gar keinen Umständen erreichen können und ist mit einer Tür versehen, damit nichts einstaubt.
Wird auf dem Ponyhof auch gefahren, so müssen die Wagen genauso in Ordnung sein, die Achsen geschmiert und die Polster abgedeckt. Sie müssen auf Größe und Schwere der Ponies abgestimmt sein.
Wie Pferde wohnen sollen
Natürlich ist auch der Zustand der Ställe sehr aufschlußreich. Am besten sind Robustpferde in zugfreien Offenställen (Abb. 6) untergebracht. Diese Ställe sind nach Süden hin offen. Sie sind stabil gebaut, am besten aus Holz. Die Tiere haben in Offenställen die Möglichkeit, ihren Aufenthalt selbst zu wählen, können frei ein- und ausgehen, wie es ihrer Natur entspricht. Sie halten sich oft im kältesten Winter lieber draußen auf als drinnen. Ställe sind aber nötig, um die Tiere im Sommer vor Hitze und Insekten zu schützen und um sie füttern zu können, ohne daß das Futter – Heu oder Kraftfutter – durch einfallenden Regen verdirbt.
Oft sind die Offenställe nur wacklige Bretterbuden, bei denen es durch die Ritzen pfeift und die bei einer kräftigen Keilerei auseinanderfallen. Hervorstehende Nägel an den Wänden, umherliegende Plastiktüten, zerbrochene Eimer und Futterschüsseln sind Quellen der Gefahr.
Sind die Tiere in festen Ställen untergebracht, so ist Einstreu nötig, Stroh, Torfmull, Sägemehl. Der Mist muß täglich aus der Streu entfernt werden. Hat nicht jedes Pferd eine Box für sich, in der es sich frei bewegen kann, sondern sind die Tiere in Ständen nebeneinander angebunden, so muß jedes Tier soviel Platz haben, daß es sich beim Schlafen bequem ausstrecken kann (Abb. 7). Angebundene Tiere sind etwas Naturwidriges. Sie wollen umhergehen, sich legen und misten, wie es ihnen gefällt.
Müssen sie angebunden sein, so sind ordentliche Stallhalfter oder breite Lederriemen Bedingung, keinesfalls Ketten. Werden solche Lauftiere wider ihre Natur angebunden gehalten, so ist Grundvoraussetzung, daß sie mindestens eine Stunde am Tag bewegt werden. Betreten Sie einen gut gehaltenen Stall, so riechen Sie sofort die herbe Ausdünstung der Pferde, nicht jedoch scharfen Ammoniakgeruch, der in den Augen beißt.
Der feste Stall darf nicht zu eng, nicht dunkel und nicht schmutzig sein. In vielen Fällen werden die paar Mark nicht aufgebracht, die nötig sind, den Stall einmal im Jahr frisch zu kalken, Spinnweben zu entfernen und Fenster zu putzen. Schlägt Ihnen ein scharfer Ammoniakgeruch entgegen, dann wird entweder an der Streu gespart oder zu selten ausgemistet. Mitunter kommt es vor, daß mit der Mistgabel Löcher in das Streupolster, die Matratze, gestochen werden, so daß den Tieren der Dunst in den Augen brennt und ihren Atmungsorganen Schaden zufügt. Wer Tiere hält, sollte auch die Zeit aufbringen, den Mist zu beseitigen, und zwar täglich, auch sonntags. Ein chinesisches Sprichwort lautet: Dreierlei Arbeit schändet nicht, die für den Vater, die für den Sohn, die für das Pferd.
Koppeln, Zäune und anderes
Die Koppeln seien mit Holz oder Maschendraht eingezäunt. Achten Sie darauf, ob Abfälle, Blechbüchsen, Drahtenden oder Latten mit herausstehenden Nägeln herumliegen. Die Weiden sollen möglichst groß sein und nicht direkt an einer Fahrstraße liegen. Ungünstig ist es auch, wenn sie ständig von Schaulustigen umlagert werden, die die Tiere necken oder mit den unsinnigsten Sachen füttern.
Der billigste, aber gefährlichste Zaun ist der Stacheldraht. Ich gebe zu, er läßt sich bei manchen Ausbruchsspezialisten