Jupp Heynckes & die Bayern. Detlef Vetten
Читать онлайн книгу.mittlerweile ausgewechselt, hält es nicht mehr auf seinem Stuhl. Er streift die Kapuze ab, geht ein paar Schritte nach vorne und signalisiert: Gebt mal ein bisschen Gas!
James wird am Strafraum gefoult, da war er auf dem Weg zum Tor. Er schießt den Freistoß selbst. Zwei lockere Schritte. Kunstschuss mit links, der Ball dreht sich über die Mauer und landet links oben im Tor. Da kann Bayer-Torwart Leno fliegen, wie er will.
Die Bayern werfen sich auf James. Jetzt ist ihnen der Sieg nicht mehr zu nehmen.
Auf der Ehrentribüne rüsten sich die Menschen für den Heimweg. Michael Schade, Sprecher der Bayer-Geschäftsführung, kommt zum Gratulieren. Hoeneß steht kurz auf, nickt wie ein Politiker, setzt sich wieder. Ernst sieht er aus, dabei gewinnen die Jungs doch gerade.
Eine Minute später pfeift Schiedsrichter Siebert ab. Thomas Müller läuft mit den anderen Bayern zu den Fans, die sind genauso ausgelassen wie die Akteure. War ein hartes Stück Arbeit, das hätte auch noch schiefgehen können. Na ja, sei’s drum, die drei Punkte sind gebongt, Zeit zum kurzen Feiern. Müller winkt lachend zu den Menschen auf der Tribüne. Nimmt Alaba in den Arm, gibt dem Ulreich einen Klaps auf den Hintern, latscht zur Mittellinie zurück. Ein Reporter steht im Weg.
Schnell, schnell, eine Antwort, auf den Punkt:
„Das war mehr als okay. Wir haben gleich mal allen gezeigt, dass mit uns nicht zu spaßen ist.“
Schon begriffen. Die Frankfurter Allgemeine sieht die Bayern anderntags „kampfbereit auf den Spuren von Rocky. Seit Monaten schon und seit dem Winter-Trainingslager vielleicht noch ein bisschen mehr wirken die Münchner wie besessen von der Vorstellung, es allen – und auch sich selbst – noch einmal zeigen zu wollen: in Gedanken ganz bei sich, den eigenen Stärken und dem Ziel. Die Welt da draußen mit ihren Verführungen und Fallen? Ausgeblendet.“
Autor Christian Kamp reibt sich die Augen über dieses Team, das im Herbst noch in Schockstarre schien: „Es ist eine schöne, ja eine romantische Geschichte, in der die Bayern derzeit schwelgen. Und spannend ist sie auch. Schließlich ist noch längst nicht klar, wohin die ganze Schufterei am Ende führen kann. Ob die Münchner auf ihre älteren Tage vielleicht wirklich noch einmal einen legendären Fight in sich haben oder ob doch eher das Handtuch fliegt, wenn die schweren Jungs aus Paris, Barcelona oder Manchester kommen.“
Ach, was soll das Gerede? In München versuchen die Verantwortlichen, zu große Euphorie zu kontrollieren. Immer gelingt ihnen das nicht. Ein durch und durch beseelter Karl-Heinz Rummenigge singt im Fernsehen das Hohelied auf diesen phänomenalen Jupp. Den wollen sie auch in der nächsten Saison als Ausbilder haben:
„Es gibt diese Charmeoffensive von Uli Hoeneß – und wenn ich ehrlich bin, unterstütze ich die total. Wir haben jetzt 17 Spiele betrieben – 16-mal sind wir als Sieger vom Platz gegangen. Die ganzen jungen Spieler lieben ihn. Wir wären ja schlecht beraten, diesen Mann, der nicht nur ein guter Trainer ist, sondern auch ein wunderbarer Mensch, wenn wir den so ohne Weiteres kampflos aufgeben würden. Es ist nicht auszuschließen, dass Jupp Heynckes am 1. Juli noch auf der Trainerbank sitzt. Heynckes wäre der idealste deutsche Trainer. Man muss den Jupp, ohne ihn zu drängen, mit der notwendigen Eleganz begleiten.“
Der Trainer selbst ist schon Minuten nach dem ersten Sieg des Jahres die Nüchternheit in Person. „Meine Mannschaft“, sagt Heynckes – ein wenig blass, mit ein paar hektischen Flecken auf den Wangen, „meine Mannschaft hat heute über weite Strecken taktisch sehr gut gespielt, vor allem in der Defensive. Leverkusen war sehr offensiv ausgerichtet, und da mussten alle unserer Angriffskräfte defensiv arbeiten. Es ist schwer, in Leverkusen zu gewinnen. Das ist eine junge, hungrige und talentierte Mannschaft, und heute waren sie ungemein offensiv ausgerichtet, aber wir haben das defensiv sehr gut gemacht.“
Aber: „Es hat ganz einfache Ballverluste gegeben, die Jungs sind ein bisschen oberflächlich und nicht konzentriert genug aufgetreten. Es gibt noch viel zu tun. Wir sind noch nicht auf dem Level, das ich mir vorstelle.“
Katrin Müller-Hohenstein vom ZDF fragt, warum Heynckes den Stürmer Sandro Wagner erst recht spät eingewechselt habe.
Der Bayern-Trainer sieht an der Fernsehfrau vorbei, er hat einen kleinen Ekel in der Mimik. Diese Art Fragen ist ihm zuwider. „Ich weiß, dass alle wollten, dass Sandro von Anfang spielt. Aber ich habe gesehen, dass er noch nicht so weit ist. Er muss sich an uns gewöhnen. Und ich werde nicht so aufstellen, wie sich die Leute das vorstellen. So ticke ich nicht.“
Basta.
Und da ist noch der unverfälschte Emotionalist Franck Ribéry. Der redet mittlerweile auf Anfrage ungebremst Deutsch. Das hört sich dann an wie nach dem Kick gegen Leverkusen: „Is gut, wenn du mach Tor. Ich hab immer viel Dribbling, dann mach Tor. Is schön. Leverküsen ist immer ein schwierig Spiel. Wir haben gemacht ein gut Urlaub in Katar. Aber das ist schön, dass wir gewinn 3:1. Ich hoffe, weiter spielen bei Bayern, so lange wie möglich bleiben. Bin immer glücklich, habe meine Spaß, auch mit die Fans. Ciao.“
Avec plaisir, Franck! Ciao!
Aufstieg
Schon abgeschrieben – echt? Der Masterplan des Jupp Heynckes sieht so aus: den Anschluss an die Tabellenspitze in der Bundesliga nicht verlieren, im Pokal und international im Rennen bleiben. Das wird hart sein, sehr hart.
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