Helmi und ihr grösster Wunsch. Lise Gast

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Helmi und ihr grösster Wunsch - Lise Gast


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des Onkels hinein. Ganz schwarze hat er. Tolle Augen! Helmi hat solche noch nie gesehen.

      „Du sollst dir lieber was wünschen, mir sagen, was du am liebsten haben möchtest“, vollendet er seinen Satz.

      Also etwas wünschen! Helmi denkt an das Märchen vom Armen und vom Reichen, sie denkt an die gute Fee, die dem kleinen Jungen erschien und ihm drei Wünsche freigab. Fast alle diese Leute haben es falsch gemacht, haben sich blöde Dinge gewünscht – außer dem Armen, der den lieben Gott aufnahm, ohne zu wissen, wer es war.

      „Muß ich es gleich sagen?“ fragt sie deshalb atemlos. Sie will es richtig machen, gut überlegen. Der Onkel lacht.

      „Nein. Ich bleibe bis morgen. Du kannst ruhig ordentlich nachdenken, ehe du es mir sagst. Oder mach mir Vorschläge!“

      Helmi nickt eifrig. Der Onkel ist richtig, hat haarscharf gemerkt, was ihr durch den Kopf gegangen ist. Nun will sie aber klug sein und – und bescheiden natürlich. Der Onkel hat ja nicht gesagt, wie hoch sich ihre Wünsche versteigen dürfen.

      „Darf ich – ich meine, wieviel ungefähr kann es denn sein?“ fragt sie zögernd.

      „Schwer zu sagen. Hast du denn einen ganz großen Wunsch auf Lager?“

      Helmi schüttelt den Kopf. Nein, das hat sie eigentlich nicht. Nur Kleckerwünsche, heute dies, morgen das. Neue Bindung für die Schier, einen Bleistiftspitzer in Form einer Weltkugel, das Buch, das sie neulich in einer Buchhandlung anguckte und das ihr so gut gefiel, mit einem Riesenwalfisch auf dem Schutzumschlag und wilden Bildern innen, mit Bildern, bei denen man schon beim Ansehen das Gruseln bekommt, wieviel mehr erst beim Lesen! Ja, und eine Lederhose für Wulf. Mutter sagt immer, Wulf habe noch Zeit für eine lederne, er wüchse so schnell, aber es wäre doch zu niedlich: Lederhose und vielleicht noch buntes Hemd und Janker dazu! Aber das ist natürlich unverschämt, denn der Onkel hat sie ja nur nach einem Wunsch gefragt. Außerdem ...

      Die Mutter ruft zum Essen. Es gibt Brühsuppe mit Nudeln und hinterher eine süße Eierspeise. Die Hühner legen trotz des Schnees schon ganz brav. Der Onkel ißt so gern Süßes, hat er gesagt. Helmi lacht.

      „Onkel Adrian, du hättest heute bei Wilma mitessen müssen. Wilmas Mutter hat mich eingeladen. Dort gibt’s Hefeklöße.“

      „Warum bist du denn nicht geblieben?“ fragt die Mutter. – „Na, wegen Onkel Adrian. Ich werde doch nicht in Espenhain bleiben, wenn wir Besuch haben!“ sagt Helmi entrüstet. Der Onkel blinzelt.

      „Tatsächlich. Und woher wußtest du ...“

      „Wir hatten uns doch schon begrüßt. Ich muß überhaupt wieder fort“, sagt Helmi und schaut auf die Uhr, „um drei hab’ ich Flötenstunde.“

      „Du bist ja kaum gekommen“, meint der Onkel. Helmi aber schluckt den letzten Bissen und schiebt den Stuhl mit der Kniekehle nach hinten.

      „Tschüß ...“

      „Wie weit ist es denn von hier bis zur Schule?“ fragt Onkel Adrian, als sie hinausgelaufen ist. Mutter erklärt es ihm. Der Onkel ist entsetzt.

      Er, der ja einige Kilo mehr als Helmi mit sich herumzutragen hat, läuft nur sehr ungern. Daß ein Mensch innerhalb von zwei Stunden, nur um einen ihm bisher unbekannten Besuch begrüßen zu können, fünf Kilometer hin und fünf Kilometer zurück läuft, wenn er noch dazu Hefeklöße angeboten bekommen hat, kann er kaum verstehen. Helmi wächst in seinen Augen beinahe zu einem Heldenmädchen.

      „Alles, was recht ist, ich finde das bewundernwert“, sagt er. Die Mutter lacht.

      „Es schadet ihr nichts. Manchmal tut sie mir auch leid, wenn es stürmt und regnet, oder im Winter, am späten Nachmittag. Aber sie ist frisch und gesund dabei und außerdem jung.“

      Als Helmi an diesem Nachmittag aus dem Schulhaus tritt, steht davor der Opel Olympia. Und darin sitzen Onkel Adrian und Wulf. Sie wollen sie abholen. Helmi fegt noch einmal zurück und erwischt Wilma. – „Du mußt ein Stück mitfahren!“

      So fahren sie erst Wilma nach Hause. Das ist, leider, nicht weit. Espenhain ist nicht groß und besteht nur aus einem Gut und einigen Häusern. Aber es ist trotzdem schön, nach Hause gefahren zu werden. Dann gleitet der Wagen die weiße Waldstraße hinauf gen Mittelwald. – Am Abend sitzen sie alle um den kleinen Tisch in der Ofenecke. Mutter stopft Strümpfe. Vater hat die kurze Pfeife im Mund und Onkel Adrian eine dicke Zigarre zwischen Mittel- und Zeigefinger. Während er blaue Ringe bläst, sagt er nach einem nachdenklichen Schweigen:

      „Hör mal, mein Patenkind, ich hab’ mir da allerhand überlegt. Du solltest dir was wünschen; gut und schön. Ich glaube, es ist besser, ich rate dir etwas. Du kannst doch radeln? Na, ich hätte mich ja sonst auch sehr gewundert. Du scheinst mir überhaupt ein ziemlicher Junge zu sein, Vater schrieb mir das schon immer, aber als ich dich dann so blond und bezopft sah, dachte ich, es wäre doch nicht so. Also meiner Meinung nach ist das Wichtigste, was du jetzt brauchst, ein Rad. Ist das nicht wahr?“

      „Onkel!“ ruft Helmi. So hoch hinauf haben sich ihre Wünsche nicht zu versteigen gewagt. Ihre Augen funkeln. Der Onkel fährt fort:

      „Tja, das wäre sehr schön. Aber so mir nichts, dir nichts kann ich dir das auch nicht schaffen. Vielleicht klingt es euch merkwürdig, aber gar so reichlich hab’ ich es eben auch nicht. Der Wagen gehört der Firma, neu angefangen haben wir alle – na, und so weiter. Ich habe aber Beziehungen zu einer Fabrik und könnte ein neues Rad zumindest zum Einkaufspreis haben, also für ungefähr hundert Mark. Fünfzig davon will ich gern springen lassen, so hoch zu gehen hatte ich sowieso die Absicht. Kannst du die restlichen fünfzig Mark nicht sparen, Helmi?“

      „Onkel Adrian, ein Rad!“ Helmi ist, ihrem sonstigen Tempo zum Trotz, noch gar nicht ganz mitgekommen. „Ein Rad – das wär’ das Allerschönste. Das ist schon so lange mein größter Wunsch –, aber wie soll ich mir denn das verdienen?“ fragt sie dann, plötzlich umschaltend.

      „Nun, geht das nicht? Bekommst du kein Taschengeld, von dem du etwas sparen kannst?“

      „Doch. Aber dafür muß ich Schulhefte kaufen und – nun, was eben so nötig ist“, zögert Helmi. Die Mutter schüttelt ein wenig den Kopf.

      „Davon wird wohl nicht viel bleiben. Du mußt sehen, daß du es dir verdienst.“

      „Im Sommer kann ich Himbeeren pflücken“, sprudelt Helmi heraus, „und im Herbst Kartoffeln lesen und Rüben ausmachen – und –“

      „Aber jetzt ist es noch Winter“, sagt der Vater trocken, „immerhin, wir können ja mal überlegen. Wie wäre es, Helmi, wenn du von jetzt an nur noch Einsen und ‚Null Fehler‘ nach Hause brächtest? Soll ich für jedes Diktat, das mit null Fehlern endet, fünfzig Pfennig aussetzen?“

      „O, Vater, das wär’ technisch!“ ruft Helmi glücklich.

      „Gut, abgemacht, damit du nicht sagst, ich griffe dir nicht ein bißchen unter die Arme. Nur für eine Eins im Turnen gibt es nichts, die bringst du sowieso“, sagt Vater und lacht.

      „Bekomm’ ich auch was für Abwurfstangen, wenn ich welche finde?“ fragt Helmi gespannt. Sie als Försterkind kriecht ja überall im Wald umher und weiß da gut Bescheid. Er nickt.

      „Wieviel?“ fragt Helmi erwartungsvoll.

      „Sagen wir: eine Mark für jede gute.“

      „Nanu?“ fragt Onkel Adrian erstaunt. Helmi hat den Vater plötzlich losgelassen und ist davongeschossen, die Tür hinter sich offenlassend. Vater lacht verständnisvoll.

      „Aha! Da war ich also wieder einmal leichtsinnig und voreilig.“

      Er hat recht vermutet. Helmi erscheint nach einer halben Minute mit zwei Abwurfstangen, die, schon dunkel vor Alter, wahrscheinlich bereits eine Reihe von Jahren gelegen haben. Die eine weist drei, die andere sogar vier Enden auf. Stark sind sie auch – der Vater wiegt sie mit hochgezogenen Brauen in der Hand. Dann zieht er den Geldbeutel und legt Helmi zwei Mark in die Hand.

      „Na


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