Der Bergpfarrer Box 1 – Heimatroman. Toni Waidacher

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Der Bergpfarrer Box 1 – Heimatroman - Toni Waidacher


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Himmels willen, doch net alle durcheinander. Also, Bachmeier, es ist dein Sohn, was ist passiert?«

      Der Bauer berichtete, und die anderen nickten zustimmend. So ganz mochte Sebastian nicht glauben, was der Alte da über Thomas Anderers Schuld an dem Geschehen erzählte, aber er konnte sich ein ungefähres Bild machen.

      »Wir wollen hoffen, daß der Anton wieder ganz gesund wird, und daß der Thomas sich seiner Verantwortung net entzieht«, sagte er. »Allerdings bin ich ganz entschieden dagegen, daß hier jemand verurteilt wird, dessen Schuld net einwandfrei erwiesen ist.«

      Er schaute in die Gesichter der Leute, die ihn betreten anblickten.

      »Vielleicht solltet ihr für heut’ Schluß machen«, schlug er vor. »Die Stimmung ist eh’ dahin.«

      Damit wandte er sich um und ging. Er sah aber nicht, daß sich in einer Ecke ein paar Burschen zusammentaten und verschwörerisch miteinander tuschelten.

      *

      Thomas rannte, als ginge es um sein Leben. Das Motorrad hatte er gegenüber vom Hotel abgestellt. Im Schein der Laterne daneben, sah er Katharina stehen und auf ihn warten. Gleich, als Thomas so gehetzt herausstürmte, ahnte das Madel, daß etwas Schlimmes geschehen war.

      Der Bursche schwang sich auf die Maschine und warf sie an.

      »Madel, du mußt dich entscheiden«, rief er durch den Motorenlärm. »Entweder kommst’ mit mir oder… oder es ist alles aus.«

      Auffordernd sah er sie an. Katharina wurde ganz schwindelig. Wie sollte sie sich nur entscheiden. Sie schaute zum Hotel hin­über. Dort drinnen waren ihre Eltern – und dort drinnen wartete ein Leben an der Seite Anton Bachmeiers.

      Kathie zögerte nicht länger und setzte sich hinter Thomas auf das Motorrad. Ganz eng schlang sie die Arme um seine Brust und schmiegte sich an ihn. Thomas gab Gas und sie fuhren davon, als die Hoteltür aufging und ein paar Männer hinausstürmen.

      Einer holte Doktor Wiesinger, ein anderer lief zum Pfarrhaus hinüber, um Pfarrer Trenker zu alarmieren, die anderen suchten Thomas Anderer, doch der brauste, Katharina Sterzinger auf dem Sozius, durch die Nacht.

      Er wußte eigentlich gar nicht, wohin er sich wenden sollte. Nach Hause konnte er nicht, dort würden sie ihn zuerst suchen. Blieb nur eine Möglicheit. Thomas kannte eine abgelegene Holzhütte, droben am Höllenbruch, einem unwegsamen Waldstück, in dem er schon etliche Male heimlich Holz geschlagen und Fallen gestellt hatte. Dort würde man ihn vielleicht vorerst nicht vermuten, und er war für einige Zeit in Sicherheit und konnte sich überlegen, was er nun tun sollte.

      Natürlich würde er weiter fliehen müssen, eventuell sogar ins Ausland. Hier konnte er ja net bleiben, nach allem, was geschehen war. Herr im Himmel, hilf,

      ich hab’ ihn doch net umbringen wollen, diesen Hirsch, diesen dammischen! Warum mußte er auch versuchen, mich aufzuhalten?

      All diese Gedanken gingen ihm durch den Kopf, während sie durch die Nacht fuhren. Schließlich erreichte er eine Stelle, wo es mit dem Motorrad nicht mehr weiterging. Er hielt an, und sie versteckten die Maschine im Unterholz und tarnten sie mit Reiser und Blattwerk, daß sie nicht mehr zu sehen war. Dann nahm Thomas Kathie bei der Hand und sie stiegen auf.

      Endlich hielt das Madel es nicht mehr aus und faßte sich ein Herz.

      »Thomas, willst mir net sagen, was im Gasthaus geschehen ist?« fragte sie.

      Beide waren stehengeblieben. Es war ein kaum befestigter Weg, auf dem sie unterwegs waren. Silbern hell leuchtete der Mond durch die Tannen und strahlte auf ihre Gesichter.

      Thomas berichtete in knappen Worten, was geschehen war und warum er fliehen mußte. Entsetzen zeichnete sich auf Kathies Gesicht ab, als sie das hörte.

      »Glaub’ mir, Madel, ich hab’s net gewollt«, sagte Thomas mit rauher Stimme. »Ich würd’ alles drum geben, wenn ich’s ungeschehen machen könnt’.«

      »Aber… was sollen wir denn jetzt machen?« fragte Kathie. »Wohin sollen wir denn? Sie werden dich doch überall suchen.«

      Thomas zeigte zum Höllenbruch hinauf.

      »Dort oben net«, sagte er. »Erstmal sind wir dort sicher.«

      Er schaute sie eindringlich an.

      »Was ist, Madel, hast dich entschieden?« wollte er wissen. »Kannst du dir vorstellen, dein Leben mit einem Mörder zu teilen?«

      Kathie hörte deutlich die Bitterkeit, die in diesen Worten mitschwang.

      »Ich kann dich verstehen, wenn du lieber umkehren willst«, fuhr Thomas fort. »Ich gebe dich frei, wenn du es willst.«

      Katharina schaute in sein Gesicht. Nein, das war nie und nimmer das Gesicht eines Mörders! Sie erinnerte sich an den Augenblick, in dem ihr zum ersten Mal bewußt wurde, daß sie Thomas Anderer liebte. Auf der Kirchweih war es geschehen. Thomas hatte mit dem Luftgewehr einen Preis nach dem anderen geschossen, so daß der Besitzer der Schießbude schon ganz ärgerlich wurde. Den größten Preis – einen riesigen Teddybären – hatte er ihr geschenkt.

      Mit ein paar Freundinnen war sie dort gewesen und hatte zugeschaut. Thomas drehte sich um und sah sie lächelnd an. Sie kannten sich bisher nur vom Sehen, und Kathie wußte über ihn nur, was alle im Dorf redeten, daß er ein Taugenichts und Tagedieb sei. Aber, als er da so vor ihr stand, den übergroßen Bären in den Händen, und sie anlächelte, da spürte Kathie ihr junges Herz wie wild klopfen.

      »Für dich«, sagte Thomas und drückte ihr das Plüschtier einfach in die Hände.

      Später sahen sie sich wieder, tanzten sogar in dem Festzelt, und noch später gab er ihr den ersten, heimlichen Kuß. Im Mondschein geschah es, genauwie jetzt.

      »Ich weiß, was die Leut’ über meine Familie und mich reden«, sagte Thomas. »Aber für dich, Madel, hätt’ ich mich geändert. Eine Arbeit hätt’ ich mir gesucht, daß wir heiraten können, und ich würd schon für dich sorgen.«

      Er schluckte schwer, und auch Kathie spürte einen dicken Kloß in ihrem Hals.

      »Du bist kein Mörder, Thomas«, rief Katharina leidenschaftlich. »Es war ein Unfall, und was immer geschieht – ich gehöre zu dir. Nichts und niemand kann uns trennen!«

      Wild und ungestüm riß er sie in seine Arme und bedeckte ihr Gesicht mit Küssen.

      »Komm«, sagte er dann und zog sie mit sich.

      Zum Höllenbruch hinauf.

      *

      Sebastian Trenker und Max saßen im Wohnzimmer des Pfarrhauses. Der Polizeibeamte war eben von den Besuchen bei den Amtskollegen seines Bruders zurückgekommen und schüttelte ungläubig den Kopf, als er hörte, was sich auf dem samstäglichen Ball abgespielt hatte. Natürlich würde er die Sache weiterverfolgen, zumal der alte Bachmeier angekündigt hatte, Anzeige erstatten zu wollen.

      Wegen versuchten Mordes!

      Gottlob ging es Anton Bachmeier schon wieder besser, wie ein Anruf bei Dr. Wiesinger erbrachte.

      »Sind die denn alle narrisch geworden?« schimpfte der junge Polizist. »Hau’n sich die Schädel ein!«

      Dabei schielte er auf den Teller mit belegten Broten, den Sophie Tappert auf den Tisch gestellt hatte. Es waren köstliche garnierte Schnitten, mit kaltem Braten, Schinken und Käse. Ein kühles Bier hatte sie ebenfalls dazugestellt.

      »Greif schon zu«, forderte der Pfarrer seinen Bruder auf.

      Sebastian meinte dann, daß er wohl noch etwas an seiner morgigen Predigt ändern müsse und kam dann auf den Diebstahl der Madonnenfigur zu sprechen.

      »Hast du denn etwas von meinen Amtsbrüdern erfahren können?«

      Maximilian Trenker kaute und nickte.

      »Stell dir vor, sowohl in Engelsbach, als auch in Waldeck ist der Mann aufgetaucht. Pfarrer Bernhard und Pfarrer Buchinger haben beide exakt denselben Mann beschrieben,


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