Unschuld 1. Michael Martin

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Unschuld 1 - Michael Martin


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auf den Marmortisch neben seinem Bett niedersetzte.

      Um 10 Uhr schliefen Koch und Tür und Flaschenöffner. Das neue Mädchen oben war allein. Wir hatten ein anderes Mädchen, zu dem der Stallknecht hinaufschlich, aber dieses Mädchen ist gegangen. Ich hörte sie immer oben auf der Treppe flüstern, und wenn ich mit gespanntester Aufmerksamkeit lauschte, konnte ich das Knarren in ihrem Zimmer hören.

      Ich habe eine besondere Technik des Lauschens. Ich lege mein Ohr auf etwas Festes, und von allen Decken und Wänden kriechen die Geräusche heran. Ich habe viel über solche Dinge gelesen, und ich glaube, sie behandeln mich deshalb wie einen Engel, weil sie wissen, ich werde als Jungfrau sterben.

      „Sie ist eine Nonne“, hatte ich meinen Vater sagen hören, mit dem besonderen Stolz des Wüstlings; eine üble Art der Verehrung scheint mir. Erzählte ich das meiner Mutter, sie wäre schockierter als über den goldenen Sarg.

      Sie denken: „Sie weiß nichts darüber, und die Enttäuschung wird ihr erspart bleiben.“

      Eines Tages hörte ich Vater und Mutter im angrenzenden Zimmer sprechen. Sie redeten länger als gewöhnlich miteinander, und ich wurde nervös in meinem Bett.

      „Das ist eine gute Idee“, hörte ich meinen Vater murmeln, und mein Herz schlug dumpf, als ich seine Stimme hörte, tief und seltsam angenehm. Unverzüglich begann ich zu läuten, dringlich, wieder und wieder, und einen Augenblick später war meine Mutter im Zimmer.

      „Adriane, was ist …“, kurzer Atem und flammendes Gesicht.

      Ich sank tief in die Kissen zurück und schloß meine Augen; so entging ihr der Schimmer des Hasses in meinem Blick.

      „Ich habe Schmerzen“, wisperte ich.

      „Wo? Wo?“ Ganz sicher würde sie vor mir sterben.

      Mit einer kraftlosen Gebärde deutete ich auf mein Herz. „Hier schmerzt es“, und erschöpft ließ ich den Arm auf die goldne Decke sinken.

      Sie hantierte in meinen Arzneifläschchen herum und fand endlich eine rosa Pille, die sie mir zwischen die Lippen schob.

      „Hier Liebes“, bettelte sie. Dann hielt sie inne und betrachtete aufmerksam mein Gesicht. „Du bist sehr blaß.“ Sie sprach mehr zu sich selbst als zu mir.

      „Ja“, fuhr sie fort, „wir werden es tun müssen. Ich hasse die Situation, die dadurch entsteht, und doch ist es die beste Lösung.“

      Ich öffnete meine Augen.

      „Was willst du tun?“ Mir antun, hatte ich fragen wollen, aber es blieb unausgesprochen, ebenso wie die Frage: Hast du mir denn nicht schon genug angetan?

      „Du wirst eine Pflegerin haben, Adriane. Eine, die Tag und Nacht um dich ist. Es erschreckt mich, dich auch nur eine Minute allein zu lassen. Wir müssen jemanden haben, der immer genau weiß, was im Moment zu tun ist.“

      Nein – darauf bestand ich weiterhin, denn über dieses Thema hatten wir schon gesprochen. Ich wollte keine Fremde, die mich ständig auf weißen Schuhen umschwebte. Ich schätzte die halben Stunden, die ich noch allein sein durfte. Ich wußte, mit einer tüchtigen, sterilen Person immer um mich herum würde der selbstgeschaffene goldne Glanz des Todes verblassen. Nichts bliebe als das alltägliche Geschäft eines Krankenhaustodes.

      Ich bereute meine kindische Szene von vorhin. „Ich fühle mich wieder besser, Mutter. Bitte, keine Pflegerin. Eine Pflegerin würde mich nur kränker machen. Sie würde auf Zehenspitzen herumgehen und die Vorhänge geschlossen halten. Eine Pflegerin würde mich ersticken …“, und ich begann, bittere Tränen zu weinen.

      Zum ersten Mal seit Monaten dachte ich an die Hilflosigkeit meiner Lage, und mein Gesicht war naß von Tränen. Mutter wischte mir die Stirn. Wäre doch Vater an ihrer Stelle und trocknete meine Tränen und verspräche mir, daß keine Pflegerin käme.

      Als mich Mutter nach diesem Ausbruch verließ – sie glaubte, ich schliefe –, war ihr Mund eine dünne Linie.

      Endlich schlief ich doch ein, und als ich viel später wieder erwachte, sah ich, wie sich eine unbekannte Person an den Vorhängen zu schaffen machte. Das hatte ich vermutet. Aber sie zog die Vorhänge auf, und Sonnenlicht flutete durch die Fenster und zeigte mir das dunkelrote Haar und die volle Figur meiner Besucherin.

      „Du bist Adriane?“ fragte sie und kam näher ans Bett heran. Dabei lächelte sie mich geradewegs an. „Du hast sehr lange geschlafen.“

      „Ich fühle mich sonderbar“, sagte ich, und als ich mich jetzt an das Gespräch mit meiner Mutter erinnerte, traten mir Tränen des Selbstmitleids in die Augen.

      „Bist du meine Pflegerin?“

      Sie setzte sich sacht auf die Bettkante. Ich betrachtete sie. Anstelle der gestärkten Schwesterntracht trug sie eine weiche, rote Bluse, in der sich ihre Brüste genau abzeichneten. Um die Hüfte trug sie einen breiten Ledergürtel, und unter dem Gürtel bauschte sich ein grober Tweedrock. Ich fühlte mich zerbrechlich und ätherisch, dieses schwere Tuch, diese starken Farben, die vollen Brüste, die drallen Hüften unter dem Rock, alles dies bedrängte mich. Sie war schmal in der Taille, und darunter begann gleich der aggressive Schwung ihrer Hüften.

      „Ich bin Pflegerin“, antwortete sie geduldig. „Aber kannst du mich nicht als deine Freundin betrachten? Soviel älter als du bin ich nicht, Adriane.“

      Ich wollte sie fragen, woher sie meinen Namen wußte und wie sie es wagen konnte, mich einfach bei meinem Namen zu nennen, statt dessen sagte ich: „Ich hätte gern eine Tasse Tee.“

      Ich wollte sofort geklärt wissen, daß sie meine Dienerin war, nicht meine Freundin. Sie erhob sich hastig von der Bettkante und errötete bis in den Ausschnitt ihrer Bluse.

      „Natürlich“, sagte sie mit einer knappen, peinlich berührten Stimme.

      Ich sah, daß sie jung war, nicht mehr als drei Jahre älter als ich, aber sie hatte diese drei Jahre nicht im Bett verbracht mit all den Gedanken, die einem dabei kommen.

      Wäre sie nicht errötet, hätte ich sie noch am selben Tag entlassen; ihr Selbstbewußtsein jedoch ließ sie nachgeben, und ich war beschwichtigt.

      Als sie den Tee brachte, nippte ich nachdenklich daran. Gerne hätte ich ihren Namen erfahren, nur wußte ich nicht, den Ton zu finden, der ihr zugleich mein Desinteresse gezeigt hätte.

      Sie machte es mir einfach. Sie setzte sich wieder zu mir aufs Bett und sagte: „Ich heiße Rose.“

      „Sehr erfreut“, sagte ich förmlich.

      „Ich bin hier, um dich zu pflegen.“

      Was ich jetzt tat, war mir selbst unerklärlich. Ich griff nach ihr und berührte die Brust unter der roten Bluse.

      „Bist du das?“ Ich lachte und begann, sie zu liebkosen. Ihr Fleisch wollte ich berühren, ich wollte sie riechen, ich wollte sie essen, um sie dann fortzuwerfen.

      „Was tust du da?“ In ihrer Verwirrung hielt sie still unter meiner Berührung.

      „Ich will sehen, womit du mich pflegen wirst.“ Die Brustwarze wurde knochenhart zwischen meinen Fingern und stellte sich auf, gut einen Zentimeter hoch.

      „Ich glaube nicht, daß du das tun darfst!“ Zum ersten Mal bemerkte ich ihre Dummheit.

      Mit meiner freien Hand drehte ich ihren Kopf zur Seite, dann legte ich beide Hände auf ihre Brüste. „Es ist schön, dich anzufassen“, sagte ich bewundernd, und meine Hände zitterten. Ich begriff nicht, was ich tat, mir wurde nur bewußt, wie lange ich nach solcher Berührung gehungert hatte. „Komm näher“, befahl ich ihr.

      Sie gehorchte mechanisch, und ich begann, ihre rote Bluse aufzuknöpfen.

      „Was machst du da? Was machst du da?“ wimmerte sie.

      Ich enthüllte ihre Brüste und knetete das Fleisch mit meinen Händen. Ich wußte, ich tat ihr weh, denn sie keuchte und versuchte, meine verkrampften Fäuste zu lösen.

      „Pflege


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