Das Logierhaus zur schwankenden Weltkugel. Franziska zu Reventlow

Читать онлайн книгу.

Das Logierhaus zur schwankenden Weltkugel - Franziska zu Reventlow


Скачать книгу
zwei, als die Glocke zum zweitenmal läutete, eröffneten wir ihm, daß wir mitfahren wollten. Er hielt es für einen Scherz und ging nicht weiter darauf ein. Das Trapezmädel war inzwischen an Bord gewesen und flüsterte uns zu, das Gepäck sei schon da, und soeben nahe Hieronymus Edelmann mit seiner Präsidentin und dem Krokodil in einer Barke. Gleich darauf meldete ein Matrose seine Ankunft – die Dame war im Boot geblieben. Der Kapitän ging hinauf, um ihn zu begrüßen, wir folgten. Hieronymus war ungemein aufgeregt – vor einer halben Stunde erst hatte man unseren abermaligen Fluchtversuch entdeckt, und Mynheer hatte ihn hinter uns hergeschickt. Man zerbrach sich den Kopf, wohin wir uns gewandt haben möchten, und darüber war ihm das Frühstück wieder eingefallen. Tot oder lebendig sollte er uns wieder zur Stelle schaffen, und nun schleuderte er uns die furchtbarsten Beschuldigungen entgegen, sprach von den Blattern, dem Prozeß und dem Flammenbund ... und zerrte dabei das unglückliche Krokodil an der Kette herum.

      Wir leugneten einmütig – nein, wir wußten von keinem Prozeß und von keinen Blattern. Die Matrosen amüsierten sich königlich, denn inzwischen war auch Monsieur Mouton vorgetreten, und es war ein eigenartiger Anblick, wie die beiden sich mit ihren Haustieren gegenüberstanden und aufeinander einschrien.

      Der Kapitän aber wurde sehr ernst. Es war strenge Vorschrift, daß jeder Passagier ein Gesundheitsattest vorweisen mußte, er sah auch jetzt, daß es uns Ernst war mitzufahren, und falls er Hieronymus Glauben schenkte, mußte er uns für eine Art verseuchter Verbrecherbande halten.

      Die Schwester saß immer noch in ihrem Klappstuhl und rang die Hände. Aber beim Anblick des rasenden Hieronymus und seiner Präsidentin zerrannen ihre Skrupel. Nein, sie wollte nicht in dieses Haus des Lasters zurückkehren. Sie rang die Hände und flehte Gott um ein Wunder an.

      In diesem Augenblick der höchsten Spannung vergaß sich das Krokodil und schnappte in auffallender Weise nach dem Ameisenbär, der friedlich neben seinem Herren stand. Darüber wurde Monsieur Mouton so zornig, daß er ihm einen fürchterlichen Fußtritt gab. Hieronymus fuhr dabei die Kette aus der Hand, und das Krokodil sauste mit einem langen Satz über Bord.

      Und nun geschah etwas Unbegreifliches, was man sich weder im Augenblick noch später zu erklären wußte. Hieronymus sprang ihm nach – eine Viertelsekunde lang starrte er völlig abwesend und entgeistert durch sein Monokel das entschwindende Ungetüm an und sprang dann ohne weitere Überlegung ebenfalls über Bord, in das Meer, das gerade an diesem Tage stark bewegt war.

      Alles stand wie angewurzelt, nur drunten im Boot stieß die Präsidentin des Flammenbundes einen gellenden Schrei aus.

      Zum dritten Mal ertönte die Schiffsglocke. Von allen Seiten eilten Barken herbei, aber weder Hieronymus noch das Krokodil kamen wieder zum Vorschein.

      Der Dampfer setzte sich in Bewegung, der Kapitän gab keinen Gegenbefehl, es wurde vorläufig überhaupt kein Wort mehr geredet. Wir waren an Bord – unser Gepäck war an Bord – man fuhr ab –, wir fuhren mit, auch für Mouton und seinen Ameisenbären gab es kein Zurück mehr. Mochte das Logierhaus in den Boden versinken und die ganze Insel vom Meer verschlungen werden, wie Hieronymus und sein Krokodil – wir kehrten nicht mehr zurück.

      Erst weit draußen, als der Hafen längst hinter uns lag, fand man allmählich die Sprache wieder.

      Schwester Hildegard wollte wieder von ihren religiösen Bedenken anfangen und fühlte sich schuldig, weil sie um ein Wunder gebetet hatte, das uns retten möge. Monsieur Mouton aber brachte sie zum Schweigen, indem er sagte: Nein, hiermit habe der liebe Gott nichts zu tun, und wenn überhaupt von einem Wunder die Rede sein könne, so sei es, daß dieser Hieronymus jemals existiert habe, nicht aber sein jäher und spukhafter Untergang. Er selbst, Mouton, der doch durch seinen Fußtritt den Anstoß zur Katastrophe gegeben, spreche sich gleichfalls von jeder Schuld frei, denn Hieronymus –»c’était un revenant, m’ssieurs et mesdames.« Wir übrigen neigten stumm das Haupt.

      Kapitän Petersen aber stand nachdenklich und breitbeinig da – jeder Zoll ein Seemann. Er verstand unsere Gespräche nicht, er verstand überhaupt nichts mehr und sagte schließlich kopfschüttelnd: »In die Kajüte, meine Herrschaften. Ich denke, auf den Schrecken ist es am besten, wenn wir erst mal weiter frühstücken.«

      Конец ознакомительного фрагмента.

      Текст предоставлен ООО «ЛитРес».

      Прочитайте эту книгу целиком, купив полную легальную версию на ЛитРес.

      Безопасно оплатить книгу можно банковской картой Visa, MasterCard, Maestro, со счета мобильного телефона, с платежного терминала, в салоне МТС или Связной, через PayPal, WebMoney, Яндекс.Деньги, QIWI Кошелек, бонусными картами или другим удобным Вам способом.

/9j/4AAQSkZJRgABAgAAAQABAAD/2wBDAAgGBgcGBQgHBwcJCQgKDBQNDAsLDBkSEw8UHRofHh0a HBwgJC4nICIsIxwcKDcpLDAxNDQ0Hyc5PTgyPC4zNDL/2wBDAQkJCQwLDBgNDRgyIRwhMjIyMjIy MjIyMjIyMjIyMjIyMjIyMjIyMjIyMjIyMjIyMjIyMjIyMjIyMjIyMjIyMjL/wAARCBAlDBwDASIA AhEBAxEB/8QAHwAAAQUBAQEBAQEAAAAAAAAAAAECAwQFBgcICQoL/8QAtRAAAgEDAwIEAwUFBAQA AAF9AQIDAAQRBRIhMUEGE1FhByJxFDKBkaEII0KxwRVS0fAkM2JyggkKFhcYGRolJicoKSo0NTY3 ODk6Q0RFRkdISUpTVFVWV1hZWmNkZWZnaGlqc3R1dnd4eXqDhIWGh4iJipKTlJWWl5iZmqKjpKWm p6ipqrKztLW2t7i5usLDxMXGx8jJytLT1NXW19jZ2uHi4+Tl5ufo6erx8vP09fb3+Pn6/8QAHwEA AwEBAQEBAQEBAQAAAAAAAAECAwQFBgcICQoL/8QAtREAAgECBAQDBAcFBAQAAQJ3AAECAxEEBSEx BhJBUQdhcRMiMoEIFEKRobHBCSMzUvAVYnLRChYkNOEl8RcYGRomJygpKjU2Nzg5OkNERUZHSElK U1RVVldYWVpjZGVmZ2hpanN0dXZ3eHl6goOEhYaHiImKkpOUlZaXmJmaoqOkpaanqKmqsrO0tba3 uLm6wsPExcbHyMnK0tPU1dbX2Nna4uPk5ebn6Onq8vP09fb3+Pn6/9oADAMBAAIRAxEAPwDu8ELi pFcDDHovNRMxVwrcE9BUiLhSGBwRzitSWJNKbWAtIchVy30okuIo4Irhn2xy8KPX/OKhv136dOT8 zOhXAqjb6bNqng+E3ClZbeXMf0+br+dBXQ2FdjHkHj0pr/eBpwDbVBA3bcHFRTzpAF39zgUgHk7m wKCCpzTGbyJ1RzgvjBqbO7FIB4GSGqUqJVwe1RD0pyk9BQBeguAkXl01mUk1WAw9AO0nNIBXAyaj 70800jFIBy0/PNRBsYp+eaAHNg0dttMYnHFIrkjHFAEyjC1A3LYqYHC80wL82aAIyoFP+6tImC5p JCQcUAIe

Скачать книгу