Die Wächter von Magow - Band 4: Die kleine Spreejungfrau. Regina Mars

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Die Wächter von Magow - Band 4: Die kleine Spreejungfrau - Regina Mars


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hervor und rannte los.

      Wachse, dachte sie hastig, zerknüllte das Tütchen »Rankende Gärten« und warf es auf den Rücken des Ifrits, der Nat zwischen zwei Regalen in die Enge getrieben hatte.

      Schon im Flug sprossen die Samen. Trichterwinden, Sternwinden und Kapuzinerkresse, die besonders schön rankten und zauberhaft bunt blühten. Sie explodierten förmlich. Blitzschnell umschlangen sie den Körper des Ifrits, pressten seine Arme gegen den Körper und fesselten seine Beine.

      Dann verbrannten sie.

      Ranken schnappten auf, es stank nach versengten Blättern und der Ifrit wandte sich zu ihr um.

      »Hallo«, sagte Sofie und machte einen Schritt zurück.

      Das Monster hob die Hände. Verschmorte Ranken fielen zu Boden. Weiße Augen glühten.

      Zwei haarige Körper schossen durch die Luft, über Sofies Schultern hinweg. Zwei Werwölfe. Die Zwillinge. Sie rannten auf den Ifrit zu, dessen Augen sich panisch weiteten. Er schlug mit den Peitschen nach ihnen. Die beiden Wölfe wichen jedoch nicht aus. Stattdessen verbissen sie sich darin. Der Ifrit schrie. Die Zwillinge teilten sich auf, einer lief nach links, einer nach rechts und die Arme des Ifrits wurden auseinandergerissen. Wie ein Gekreuzigter starrte er nach vorn. Sofie roch verbranntes Fleisch. Hörte schmerzerfülltes Knurren.

      Ihre Münder schmoren an, dachte sie. Und sie lassen trotzdem nicht los.

      Noch jemand rauschte an Sofie vorbei. Nikolas. Seine Haare flatterten hinter ihm her, das Schwert blitzte. Er sprang. Direkt auf den zappelnden Ifrit zu.

      Er stieß das Schwert in das Auge des Ifrits.

      Der schrie. Nikolas ebenfalls. Er wurde zurückgeworfen und ein metallisches Brechen erklang. Beide Hälften seines Schwerts fielen zu Boden, dann er selbst. Das Auge des Ifrits schien unversehrt.

      Der Ifrit brüllte und riss sich los. Die Zwillinge rollten über den Boden.

      »Diese verkackt eklige Hackfresse«, sagte Jean neben Sofie. Er hielt sein Schwert und zögerte sichtlich, auf den Dämon loszugehen.

      Wenn sogar Jean zögert, ist die Kacke am Dampfen, dachte Sofie.

      »Vivi«, flüsterte sie in das Mikro an ihrem Kragen. »Vivi, was ist das? Können wir was machen? Hat er eine Schwachstelle?«

      Nichts. Sie betete. Der Ifrit kam auf sie und Jean zu. Sie hörte die Zwillinge jaulen und sah, wie Nikolas ihm aus dem Weg eilte.

      »So, jetzt verreckt ihr«, knurrte der Dämon. »Scheiß-Wächter.«

      »Vivi?«, murmelte Sofie. »Hilfe?«

      Nichts, nicht mal ein Rauschen. Sie atmete tief ein.

      »Hauen wir ab«, sagte Isa hinter ihr. Sie roch nach verbranntem Fell und verschmorter Haut. »Auf meinen Rücken, aber flott.«

      Sofie machte einen Schritt zurück, rannte los, wurde auf halbem Weg von Isa gepackt und auf ihren Rücken geschleudert. Jean klammerte sich bereits in ihr Nackenfell. Aber Isa hinkte. Sie waren kaum schneller als zu Fuß. Und dann stolperte sie und sie rollten über den Boden.

      »Bring euch um«, keuchte der Dämon und Sofie roch seinen schwefligen Atem, so nah war er.

      Hektisch suchte sie nach ihrem Schwert. Aber sie hatte es fallen gelassen, als sie Liliflora gefangen hatte.

      Blöde Liliflora, dachte sie.

      Ein Zischen erklang und dann war alles weiß. Ein Strahl traf den Ifrit im Gesicht, erstickte sein Brüllen. Wieder zischte es, ohrenbetäubend. Er hustete, spuckte, würgte.

      Liliflora trat aus einer der Regalreihen, mit baumelndem Pferdeschwanz und einem gigantischen Feuerlöscher in der Hand. Unablässig beschoss sie den Dämon mit Löschschaum, bis er unter einer Wolke davon begraben war und sie ihn nur noch gurgeln hörten.

      Erst, als der Feuerlöscher leer war, schmiss die Dryade ihn zu Boden und stemmte die Hände in die Hüften.

      »Mistkerl«, sagte sie. »Du hast mein Schwert zerbrochen.«

      »Ist er tot?«, fragte Sofie.

      Eine Hand schnellte aus dem Schaumberg. Flocken sprühten. Sie alle zuckten zurück. Dann sahen sie, dass es keine flammende Hand mehr war, sondern eine menschliche.

      »Ist gut, ihr Arschkrampen«, knurrte es aus den Tiefen des Schaums. »Ich geb auf.«

      »Besser so.« Liliflora schnaubte und legte ihren Pferdeschwanz über die Schulter. Sie wandte sich zu Sofie um und hob eine perfekt gezupfte Augenbraue. »So macht man das, kleine Hexe.«

      Sofie wollte etwas Intelligentes erwidern, aber ihr fiel nichts ein. »Äh. Gute Arbeit.«

      »Einer muss sie ja machen.« Liliflora seufzte. Dann weiteten sich ihre Augen. Sie starrte auf etwas hinter Sofie. »Was ist das?«

      Sofie wandte sich um, halb erwartend, dass ein weiterer Ifrit auftauchen würde. Aber da war nur das Regal, in das sie vorhin gekracht war, als der Nachtwächter sich verwandelt hatte. Aus dem eine Kiste gefallen war, eine riesige. Sie war offen, der Deckel lag weit entfernt. Und der Inhalt der Kiste war herausgerollt.

      Ein nackter Elf lag dort, weißhaarig, faltig, blau gefroren, die Augen geschlossen und die Züge so entspannt, dass es nur eins bedeuten konnte.

      »Ist der tot?«, fragte Jean.

Kapiteltitellogo

      Vivi?« Gantar wedelte mit einem zerknitterten Captain Awesonic-Heft vor ihrer Nase herum. Ausgabe 11, in der sie gegen den Langen Hannes kämpfte. Langsam verschwand der Schwindel und Vivi blinzelte.

      »Der Lange Hannes ist eine erbärmliche Nemesis«, krächzte sie. »Die Heldin des Universums hätte etwas Besseres verdient.«

      »Vivi!« Gantar grinste. »Da bist du ja wieder.«

      »Ja.« Verwirrt blickte sie sich um. Die Hälfte ihrer Kollegen stand um sie herum und sah auf sie nieder. »Was ist … Isi!«

      »Alles gut.«, Gantar wirkte zerknirscht. »Sorry, in dem Chaos habe ich gar nicht mitbekommen, dass du umgekippt bist. Das war ein Kampf, sag ich dir. Keine Angst, deine Liebste hat nur ein paar Verbrennungen.«

      »Nur ein paar …« Scham schlug über Vivi zusammen. Sie war schuld. Nur, weil sie so langsam geschaltet hatte, war Isa verletzt. Sie hatte doch gleich gespürt, dass mit dem Kerl etwas nicht stimmte. Warum hatte sie nichts gesagt? »Was ist mit dem Ifrit?«

      »Ausgeschaltet.«

      »Wie?« Sie richtete sich auf. »Ifrite sind unkaputtbar und brennen.«

      Gantar verzog das Gesicht. »Ich hab Liliflora geraten, es mit einem Feuerlöscher zu versuchen. Hat funktioniert. Natürlich hat sie die Idee als ihre eigene ausgegeben und Onkel Lars hat ihr auf die Schulter geklopft.«

      »Oh.« Unsicher tätschelte sie seine Hand. »Aber du hast sie gerettet, oder?«

      »Ja. Wäre nett, mal ein Danke zu hören. Aber hey, alle leben und allen geht es gut. Die Zwillinge haben verbrannte Mäuler, also vergeht mindestens eine Woche, bevor Firat mich das nächste Mal als Qualle bezeichnet.«

      »Und die anderen?«

      »Prellungen, Schnitte, kleine Verbrennungen. Eure Hexe hat keine Augenbrauen mehr. Steht ihr gar nicht schlecht.«

      Jorinde, die Stinkmorchel, stöhnte leise. »Du und dein Hexenfetisch.«

      Die anderen verzogen sich wieder auf ihre Plätze, nun, da sie wussten, dass es Vivi gut ging.

      »Hexen sind unberechenbar«, sagte Gantar und lächelte versonnen. »In all den Jahrhunderten hat niemand herausgefunden, zu was sie wirklich fähig sind. Und bis heute kapiert keiner, wie Waldemar der Wüste die Hälfte der Sachen gemacht


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