Dir zur Feier. Rainer Maria Rilke

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Dir zur Feier - Rainer Maria Rilke


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sich um einen lichten Preis,

      zwei weiße Nonnenhände blühen,

      ohne dass es der Frühling weiß.

      Zwei weiße Nonnenhände halten

      nichtmehr das Leben, das sie umspinnt;

      müssen sich fest zusammenfalten,

      weil sie beide so einsam sind.

      Deine Stube mit den kühlen

      Rosen in den vielen Vasen,

      drinnen wir in tiefen Stühlen

      lehnten, leise Lieder lasen –

      und mein Auge sehnte zag:

      ist die einsame Kapelle,

      welche Zuflucht mir bedeutet;

      warten will ich an der Schwelle,

      bis mir deine Stimme läutet

      meinen Lebensfeiertag.

      Der Regen greift mit seinen kühlen

      Fingern uns die Fenster blind;

      wir lehnen in den tiefen Stühlen

      und lauschen, wie aus müden Mühlen

      die leise Dämmerstunde rinnt.

      Und dann spricht Lou. Und es verneigen

      sich unsre Seelen. Auch der Strauß

      am Fenster grüßt aus hohen Zweigen,

      und wir sind alle heimateigen

      in diesem leisen weißen Haus.

      Wir lächeln leis im Abendwind,

      wenn sich die Blumen schwankend küssen

      und wenn die Vögel müde sind.

      Weil wir nicht mit der Sonne müssen,

      die breit auf flachen Abendflüssen

      aus unsern Wiesentalen rinnt.

      Wir bleiben, und wir sehn die Nacht

      aufwachsen, weit und Wunder werden,

      sehn Berge, Bilder und Gebärden

      viel größer als wir je gedacht.

      Sehn, was die Blüten nicht ertrügen,

      was Vögel erst nach langen Flügen

      erreichen würden, stellt sich nah

      und was am Morgen schon erstarrt

      in Stille ist und Gegenwart,

      wir kannten es, als es geschah …

      Du, wie heilig sind die Abendhaine.

      Sonne hat dein Blondhaar sich geraubt,

      meine Seele betet und die deine

      tut die Wunder, die sie von ihr glaubt.

      Ein ganz weißes Dorf geht fern verloren,

      bleicher breitet sich der Fluss und glatt –

      und wir warten an den letzten Toren

      auf ein Winken aus der Sternenstadt.

      Unsere Liebe hat keine Gewalten.

      So will uns unsere Liebe sehn:

      dass wir uns bei den Händen halten

      und durch Gesichte und Gestalten

      ihrem Garten entgegengehn.

      Keine Tore dürfen wir sprängen

      auf dem weiten Wandern ins Glück;

      aber, wenn uns in Gartengängen

      reife Ranken den Weg verhängen,

      drängen wir sie zärtlich zurück.

      Suchen kommt mich in Abendgeländen

      eine Stunde, die segnen kann.

      Und mit hellen heiligen Händen

      rührt sie leise mein Leben an.

      Und sie greift in gebenden Gnaden

      in seine Tiefen wie in ein Spind,

      öffnet alle unsichtbaren Laden,

      drinnen Gewebe mit träumenden Faden,

      Perlen, gelandet an andern Gestaden,

      Kronen kommender Reiche sind …

      Ich fühle oft mitten im Alltagsmühn

      wenn mein Wesen dürstet:

      Alltagsabend und Sonntagsfrühn

      hat mich dennoch gefürstet.

      Ich weiß oft mitten im Alltagsgrau:

      Ich darf mit meinem Beschwören

      deine Stille nicht stören.

      Du bist so leise, liebe Frau.

      Du wirst mein Schweigen hören.

      Sei du mir Omen und Orakel

      und führ mein Leben an zum Fest,

      wenn meine Seele, matt vom Makel

      die Flügel wieder fallen lässt.

      Gib mir das Niebesessne wieder:

      das Glück der Tat, das Recht zu Ruhn, –

      mit einem Wiegen deiner Glieder,

      mit einem Blick für meine Lieder,

      mit einem Grüßen kannst du’s tun.

      Das Leben ist gut und licht.

      Das Leben hat goldene Gassen.

      Fester wollen wir’s fassen,

      wir fürchten das Leben nicht.

      Wir lieben Stille und Sturm,

      die bauen und bilden uns beide:

      Dich – kleidet die Stille wie Seide,

      mich – machen die Stürme zum Turm …

      Ich denke an Frauen aus lichten Legenden.

      Sie erschauern in scheuem Schmerz.

      Und in hellen heiligen Händen

      bringen sie weinend ihr weißes Herz,

      schreiten einsam durch weite Gelände

      wilde Wege, lebenwärts –

      Und in heischende heiße Hände

      legen sie leise ihr weißes Herz.

      Du lächelst leise, und das große

      Auge grüßt die Dämmerung.

      Die Hände schimmern dir im Schooße

      und deine Hände sind so jung.

      Sie sind nicht müde, wenn sie rasten;

      ein Lauschen nur ist ihre Ruh.

      Sie warten wie auf Orgeltasten

      einer neuen Hymne zu.

      Leg du auf meine Lebensgeige

      die Hände an des Schicksals Statt, –

      dass ich vergesse, wasfür feige

      Töne jede Saite hat.

      Lehr mich ein Lied. Ein Lied, das zage

      wie Glückserinnerung beginnt.

      Ein Lied für meine Feiertage,

      die ohne alle Hymne sind.

      Wenn eng mit Zeit und Stundenschlagen

      der Alltag


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