Von den Pflichten der Kirchendiener. Ambrosius von Mailand

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Von den Pflichten der Kirchendiener - Ambrosius von Mailand


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an derselben irre; anders Job (40—42). In Wahrheit ist jeder Gottlose ein Unglücklicher, jeder Gerechte ein Glücklicher (43—46).

      40. Doch so manche lassen sich in der Pflicht der mitteilsamen Barmherzigkeit irre machen. Wenn sie nämlich sehen, wie Sünder im Reichtum schwimmen, der Ehren, der Gesundheit, der Kinder sich erfreuen, Gerechte hingegen in Not, in Verachtung, kinderlos, siech am Leibe, oft von Trauer heimgesucht ihr Leben fristen, dann glauben sie, der Herr kümmere sich nicht um das Tun des Menschen; oder er wisse nicht, was wir im Verborgenen treiben, woran unser Gewissen sich hält; oder aber sein Gericht erscheine keineswegs als gerecht.

      41. Nicht unwichtig ist diese Frage. Erklärten doch jene drei königlichen Freunde Jobs ihn deshalb für einen Sünder, weil er, wie sie sahen, aus einem Reichen ein Armer, aus einem mit Kindern reichgesegneten Vater ein kinderloser geworden war, mit Geschwüren überdeckt, von Schwielen strotzend, vom Haupt bis zu den Füßen von Beulen zerwühlt63. Der heilige Job gab ihnen nun Folgendes zu bedenken: Wenn ich meiner Sünden wegen dies leide, „warum leben dann die Gottlosen? Alt aber sind sie geworden, und ihre Nachkommen schwelgen im Reichtum nach Wunsch, ihre Kinder gedeihen vor ihren Augen, ihre Häuser mehren sich in Überfluß: nirgends aber eine Frucht; keine Geißel Gottes ruht auf ihnen“64.

      42. Ein Schwächling, der dies sieht, wird in seinem Herzen irre und seinem Eifer abwendig. Was er vorbringen kann, dem hat der hl. Job zum voraus mit den Worten Ausdruck verliehen: „Ertraget mich! Ich aber will reden: dann verlacht mich nicht! Denn werde ich auch der Sünde geziehen, werde ich als Mensch derselben geziehen. So traget denn die Last meiner Worte!“65 Ich werde, will er sagen, sprechen, was ich nicht billige; aber zu euerer Widerlegung will ich die sündhaften Worte aussprechen. Oder doch, weil der Vers so lautet: „Wie aber? Werde ich wohl von einem Menschen der Sünde geziehen?“66 folgendermaßen: Kein Mensch kann mich der Sünde zeihen, ob ich auch Tadel verdiene; denn nicht auf offenkundige Schuld gründet sich euer Tadel, sondern aus den Schicksalsschlägen, die ich erlitten, schließt ihr auf das Mißverdienst von Vergehungen. Angesichts der Tatsache nun, daß Ungerechte im Überfluß des Glückes schwelgen, er selbst aber von Unglück heimgesucht wird, spricht der Schwächling zum Herrn: „Geh weg von mir! Ich will nichts wissen von Deinen Wegen. Was nützt es, daß wir ihm gedient, was frommt es, daß wir ihm uns geweiht haben? In ihren Händen häufen sich alle Güter; die Werke der Gottlosen aber sieht er nicht“67.

      43. Man lobt an Plato, daß er in seiner Staatslehre68 einen, der die Rolle des Anwalts wider eine gerechte Sache übernommen hatte, ob der Worte, die er selbst nicht billigen konnte, um Entschuldigung bitten und versichern läßt, daß ihm jene Rolle nur übertragen worden sei, um der Wahrheit auf den Grund zu kommen und Frage und Antwort auf ihren Gehalt prüfen zu können. Und dieses Verfahren billigte Tullius so sehr, daß auch er in seinen Büchern über den Staat69 für diese Ansicht eintreten zu sollen glaubte.

      44. Wie bedeutend älter als jene Denker ist Job, der zuerst auf diesen Gedanken kam und nicht nur zur rednerischen Ausschmückung, sondern zur Erhärtung der Wahrheit das vorausschicken zu sollen glaubte. Sofort ließ er die Lösung der Frage folgen mit der Beteuerung, daß „die Leuchte der Gottlosen ausgelöscht werde und ihr Untergang bevorstehe“70. Gott, der Lehrer der Weisheit und der Zucht, lasse sich nicht täuschen, sondern sei Richter über die Wahrheit71. Darum dürfe die Glückseligkeit der einzelnen nicht nach dem äußeren Überfluß bemessen werden, sondern nach dem inneren Gewissen, das zwischen Verdienst und Mißverdienst der Schuldlosen und Lasterhaften unterscheide: ein wahrhafter und unbestechlicher Schiedsrichter über Strafe und Lohn! Der Schuldlose stirbt als Mächtiger im Reich der Unschuld, als überreicher Herr des eigenen Willens, im Besitze einer Seele, die gleichsam „voll Fett“ ist72. Dagegen aber bringt der Sünder, ob er auch äußerlich im Überfluß schwimmt, in Vergnügungen schwelgt und von Salben duftet, das Leben „in der Bitterkeit seiner Seele“73 zu und beschließt den letzten Tag, ohne etwas Gutes von seinen Genüssen mitnehmen, ohne etwas anderes mit sich fortnehmen zu können als den Preis seiner Verbrechen.

      45. Bedenke das und leugne, wenn du kannst, daß es eine Vergeltung im göttlichen Gerichte gibt! Jenen macht das eigene Herz glücklich, diesen unglücklich. Jenen spricht das eigene Urteil frei, diesen schuldig. Jenen überkommt Freude beim Hinscheiden, diesen Trauer. Wer könnte auch einen Menschen freisprechen, der nicht einmal vor sich selbst schuldlos dasteht? „Sagt mir“, heißt es, „wo ist der Schutz seiner Hütten?“74 Keine Spur von ihm wird man finden75. Denn das Leben des Lasterhaften ist wie ein Traum; er schlägt die Augen auf: dahin ist seine Ruhe, entschwunden das Ergötzen76. Selbst die äußere Ruhe der Gottlosen, die zu ihren Lebzeiten in die Erscheinung tritt, gehört der Hölle an; denn lebendig fahren sie zur Hölle77.

      46. Du siehst das Gastmahl eines Sünders: frage sein Gewissen! Riecht es nicht übler denn alle Gräber? Du schaust sein vergnügtes Leben, staunst über seine leibliche Gesundheit, über die überreiche Zahl an Kindern und Schätzen: schau hin auf die Beulen und Striemen seiner Seele und die Trübsal seines Herzens! Was soll ich denn ein Wort verlieren über seine Schätze? Liest du doch: „Nicht vom Überfluß hängt sein Leben ab“78; weißt du doch, daß er, ob er dir auch reich erscheint, selbst arm sich dünkt und mit seinem Urteil das deinige Lügen straft. Was soll ich desgleichen über seine vielen Kinder und sein Freisein von Leid ein Wort verlieren? Muß er doch sich selbst bedauern und sich sagen, daß er ohne Erben bleiben werde, nachdem er seinesgleichen nicht zu Erben haben will. Der Sünder hinterläßt überhaupt kein Erbe. So ist also der Gottlose sich selbst zur Strafe, der Gerechte hingegen sich selbst zur Freude, und jeder von ihnen erntet den Lohn der Selbstvergeltung, sei es für die guten, sei es für die bösen Werke.

      XIII. Kapitel

       Von der göttlichen Vorsehung: Der vorausgehende Exkurs nicht zwecklos (47). Widerlegung der aristotelischen und epikureischen Auffassung (48—50).

      47. Doch kehren wir zum Thema zurück, damit es nicht scheine, wir hätten die Einteilung, die wir machten, vergessen, weil wir der Meinung derer entgegentraten, die deshalb, weil sie die lasterhaftesten Menschen in Reichtum, Vergnügen, Ehren und Macht sehen, während so viele Gerechte darben und kranken, wähnen, Gott kümmere sich entweder keinen Deut um uns, wie die Epikureer behaupten, oder aber er wisse um das Treiben des Menschen nicht, wie die Lasterhaften meinen, oder er sei, wenn allwissend, ein ungerechter Richter, der die Guten darben, die Ungerechten in Überfluß leben lasse. Nicht überflüssig war der ‚Exkurs‘, wenn ich so sagen darf. Es sollte einer derartigen Auffassung gerade das seelische Empfinden derer Antwort stehen, die sie glücklich preisen, während sie sich selbst für unglücklich halten; denn mich dünkte, sie würden ihnen selbst eher Glauben schenken als uns.

      48. Nach dieser Darlegung erachte ich es für leicht, die übrigen Einwände zu widerlegen: zunächst die Behauptung derer, die glauben, Gott kümmere sich keineswegs um die Welt. So behauptet Aristoteles, seine Vorsehung reiche nur bis zum Monde79. Aber welcher Meister vergäße der Sorge um sein Werk? Wer ließe das, was er selbst ins Dasein setzen zu sollen glaubte, im Stiche und gäbe es preis? Wenn Regieren ein Unrecht ist, liegt nicht im Erschaffen ein noch größeres Unrecht? Würde doch, so wenig das Nichterschaffen ungerecht ist, im Nichtsorgen die größte Grausamkeit liegen.

      49. Gott, seinen Schöpfer, verleugnen, oder aber sich selbst zu den Tieren und Bestien rechnen: was sollen wir zu solchen Leuten sagen, die sich selbst so unrecht tun und verurteilen? Sie behaupten selbst, Gott durchdringe alles und auf seiner Kraft beruhe alles, seine Macht und Größe durchdringe alle Elemente, Erde, Himmel und Meere: und wenn er den Geist des Menschen, das Erhabenste, was er uns verliehen hat, durchdringt und mit dem Wissen seiner göttlichen Majestät darin eindringt, so rechnen sie ihm das als ein Unrecht an.

      50. Indes spotten die Philosophen selbst, soweit sie als nüchtern gelten, über den Lehrer solcher Leute (Epikur) als einen Trunkenbold und Anwalt der Lust. Was soll ich aber von der Meinung des Aristoteles sagen, der glaubt, Gott bescheide sich in die ihm gezogenen Grenzen und friste sein Dasein innerhalb eines abgesteckten Reiches gemäß jener Fabeldichtungen, wonach


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