Sturm des Herrn. Rudolf Stratz
Читать онлайн книгу.überschaute finster den endlosen Tempelhofer Exercierplatz.
„Ha — der Prahlplatz!“ sprach er. „Und hier stehen zwei alte Lützower Freischärler! Das ist die zum Himmel schreiende Kluft der Zeit: Auf dem Turnplatz die Freiheit! Auf dem Exercierplatz der Gehorsam!“
„Besser Drillich als Drill!“ schrie der Turner. „Nu komm zum Halleschen Tor!“
Baumlange Grenadiere sonnten sich da auf der Bank vor der Wachtstube. Der braungebrannte Römerkopf des Studiosus Ellerbrook lugte misstrauisch auf sie nieder.
„Was bedeutet denn das ‚U’ mit der Kaiserkrone auf den weissen Achselklappen, Schellhase?“
„Na, Mensch! Alexander von Russland! Das is dem sein anjestammtes Regiment!“
„Ha — des Zaren!“
Passt Ihnen das etwa nicht, Männeken?“ frug der Corporal der Alexander-Grenadiere.
„Der Zar ist uns Burschen eingeschworener Feind! Nur Ihr deutschen Krieger tragt auf der Schulter seinen Stempel!“
„Sie sind wohl schon lange nicht arretiert worden — was?“ erkundigte sich gedämpft der schnurrbärtige Wachhabende.
„Ich bin frank und hart! Ich sage, was ich denke!“
Ein Windstoss öffnete den dunklen Wandermantel, den Christian Ellerbrook über seinem schwarzen Burschenwams trug. Auf dem wurde das Eiserne Kreuz sichtbar. Die Miene des Unteroffiziers von den Alexander-Garde-Grenadieren wurde viel milder.
„Habe ich auch! Woher Ihres?“
„Ligny!“
„War ich auch dabei! Ich war überall dabei. Aber bei Ligny — erinnern Sie sich noch? Das war an dem Abend das einzige Mal, dass es gleichzeitig am Himmel und auf der Erde geblitzt und gedonnert hat!
Na — nun gehn Sie mal weiter! Und wenn ich Ihnen einen guten Rat geben darf — wenn Sie drinnen in Berlin reden wollen, dann schweigen Sie! Ist besser!“
„Unser Pferdejeschäft liegt malerisch an die olle Stadtmauer jelehnt, gerade zwischen dem Halleschen und dem Potsdamer Tor“, sagte Fritze Schellhase. „Vom Futterboden oben kannst über die Mauer weg durch die freie Natur bis zum Dorf Stegliss in der Ferne sehen. Vorteil — begreifste —, dass man mit den Gäulen gleich draussen ist. Komm mit! Ich weiss gleich dabei bei ‘nem Schneidermeister ein propperes Stübchen!“
„Erst muss ich den Geheimen Oberkriegsrat und Staatsrat und Polizeirat — was weiss ich — kurz einen gewissen Römhild koramieren! Hast Du je was von dem Kerl gehört?“
‘Fritze Schellhase blieb stehen und faltete mit einem Blick zum Himmel die Hände.
„Einen jewissen Römhild!“ sprach er. „Junge — Junge! Gott erhalte Dir Deine Unschuld! . . . Einen jewissen! sagt er . . . Nicht zu jlauben! Der mächtige Mann wohnt am Gensdarmenmarkt. Den kennt jeder Schusterjunge und macht um ihn ’nen weiten Bogen. Das ist ‘n Jemütsmensch! Der verschafft Dir freie Kost und Logis in der Hausvoigtei! Ehe Du Dich versiehst!“
„Dann führ’ mich mal dahin!“
„Hör’ mal, Dir pickt’s wohl? . . . So von der Strasse weg zu Römhild — in seine Privatwohnung? Sonst biste jesund — bloss im Kopfe haste Nebenluft, wat?“
„Jetzt ist’s Mittag! Da kommt der Finsterling sicher nach Hause, um zu essen! In seinem Ministerium dringe ich doch nicht zu ihm durch. Da speist mich irgendeine Schreiberseele im Vorzimmer ab! Los!“
Mitten auf dem Gensdarmenmarkt starrte die rauchgeschwärzte Ruine des abgebrannten Schauspielhauses. Rechts und links wölbten sich die Kuppeln der Neuen und der Französischen Kirche. Gegenüber ragte in der Häuserfront ein stattliches Gebäude.
„Also krauche Du in die Höhle des Löwen!“ sagte der kleine Schellahase. „Ich habe vor den Franzosen nicht gemuckt! Das weisste! Aber hier verziehe ich mich doch lieber, ehe sie Dich rausschmeissen oder womöglich jleich dabehalten!“
„Wenn Du wieder soweit bist!“ Er wandte sich zum Gehen. „Denn frage nur den ersten besten Nante an der Ecke nach dem ollen Schellhase, dem Pferdeschmeisser an der Stadtmauer. Denn jiebt er Dir noch Jrüsse mit! Mein Vater — der is populär!“
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