Seewölfe Paket 35. Fred McMason

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Seewölfe Paket 35 - Fred McMason


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knapp zweihundert Yards achterlich segelte.

      Die Dreimastgaleone mit den stark gelohten Segeln führte die Farben Galiciens auf Fock und im Topp. Sie war ein schlankes, schnelles Schiff und der „Seawind“ sicherlich in jeder Hinsicht überlegen.

      Zweimal blitzte es drüben im Vorschiff auf. Bis ich den Geschützdonner vernahm, waren die Geschosse schon heran. Eins riß eine mächtige Fontäne aus der See, das andere fuhr krachend und splitternd durch unsere Achterdecksverschanzung. Trümmerstücke regneten nach allen Seiten. Die Schreie eines verwundeten Decksmanns gingen mir durch und durch.

      Am liebsten hätte ich mich auf der Stelle herumgeworfen, mich unter Deck verkrochen und auf das unvermeidliche Ende gewartet. Aber der Profos war anderer Meinung. Er drosch mir die Hand zwischen die Schulterblätter, daß ich beinahe unter die nächste Lafette geschleudert wurde und mir das Wasser in die Augen schoß.

      „Da hast du deinen neuen Pulveraffen, Masterson!“ rief er laut. „Nimm ihn ordentlich ran!“

      Die bisherigen Helfer waren übel zugerichtet. Mir drehte sich der Magen um, ich würgte, aber nur noch der Geschmack von Galle stieg in mir hoch.

      Eine Kugel hatte das Schanzkleid an der Stückpforte aufgerissen. Von scharfkantigen Splittern regelrecht aufgespießt, lag ein Toter neben der Lafette. Seine gebrochenen Augen schienen mich anzustarren.

      Ein zweiter Mann lehnte in sich zusammengesunken an einem Stützpfosten. Er war verwundet, blutete aus Mund und Nase und nahm kaum noch wahr, was um ihn herum geschah.

      Meine kindlichen Vorstellungen von einem Seegefecht stimmten in keiner Weise mit der Wirklichkeit überein. Wie konnten Menschen nur so grausam sein? Trotz allem fiel es mir unsagbar schwer, den Blick abzuwenden. Wahrscheinlich sah es nirgendwo an Deck besser aus. Wo die Kugeln der Spanier einschlugen, brachten sie Tod und Verderben.

      Masterson glotzte mich tückisch an, als wolle er mich lieber gleich über Bord werfen, dann brüllte er mit sich überschlagender Stimme: „Faß mit an! Ausrennen!“

      Er war ein übler Kerl, untersetzt, stiernackig, mit blutunterlaufenen, tief in den Höhlen liegenden Augen und abstehenden Ohren. Sein abstoßendes Äußeres versuchte er durch Brüllen zu überdecken.

      Da ich nicht sofort das richtige Tauende erwischte, hagelte es wüste Beschimpfungen.

      Das schwere Geschütz auszurennen – immerhin eine Basilisk mit 4000 englischen Pfund Rohrgewicht –, kostete unheimlich Kraft. Ohne die mehrscheibigen Blöcke hätten wir es zu dritt niemals geschafft.

      „Her mit der Fackel!“

      Über den Rand des Rohres hinweg peilte Masterson die Spanier an. Sein Gesicht verzerrte sich zur Grimasse, als ich ihm endlich die blakende Pechfackel reichte.

      „Spanische Bastarde“, fauchte er, „fahrt zur Hölle!“

      Ich schaffte es gerade noch, zur Seite zu springen. Das Dröhnen der Pulverexplosion zerriß mir schier die Trommelfelle. Die zurückgeschleuderte zweirädrige Lafette rollte hautnah an mir vorbei. Masterson grinste nur infam, dann hetzte er mich herum, daß mir im wahrsten Sinne des Wortes Hören und Sehen verging.

       3.

      Ob sein Schuß getroffen hatte, blieb mir verborgen. Die „Seawind“ wurde jedoch ständig von Einschlägen erschüttert. An Bord herrschte das Chaos, kaum einer konnte noch Befehle und die Schreie der Verwundeten auseinanderhalten. Ätzender Pulverdampf lag erstickend über der Kuhl, nacheinander fielen die Vormarsrah, der Besanmast und die Fockrah und richteten an Deck erhebliche Schäden an.

      Trotz des ausgestreuten grobkörnigen Sandes wurden die Planken allmählich rutschig. Der anhaltende Regen hatte daran ebenso Schuld wie die Geschützbedienungen, die die ausgebrannten Überreste der Kartuschen zumeist achtlos hinter sich warfen.

      Bald waren wir alle nur noch pulvergeschwärzte, schwitzende Marionetten, die stumpfsinnig unablässig die gleichen Bewegungen ausführten.

      Rohr abkühlen und die verbrannten Teile der Kartusche entfernen. Dann den mit Lammfell bezogenen Wischer ansetzen und die Bohrung reinigen. Wehe, es verbleibt noch Glut im Zündkanal oder tief unten im Rohr. So schlau war ich selbst, daß ich mir die möglichen Folgen ausmalen konnte, Masterson brauchte mich nicht so eindringlich darauf hinzuweisen.

      Das Pulver – entweder lose oder in der Kartusche – mit der Ladeschaufel einführen. Zehn Pfund sind es für eine Basilisk. Danach die Kugel. Sie wurde mit dem Setzer am anderen Ende der Schaufel und einem Wergpfropfen festgerammt.

      Masterson stach die Kartusche durch das Zündloch an und schüttete feinkörniges Pulver auf Zündloch und Pfanne. Dafür brauchte er mich nicht, nur noch für das Ausrennen des Geschützes.

      Das Gefecht zog sich endlos hin. Mehrmals glaubte ich den Klang der Schiffsglocke zu hören, aber mir blieb nie die Zeit, mich darauf zu konzentrieren. Was spielte es auch für eine Rolle, ob das gegenseitige Abwracken eine Stunde, zwei Stunden oder gar einen halben Tag dauerte?

      Der Spanier lag inzwischen querab und hatte das Großsegel aufgegeit, um nicht an uns vorbeizulaufen. Unaufhaltsam schob er sich näher heran. Seine Überlegenheit erlaubte ihm ein derartiges Manöver.

      „Pulver!“ brüllte Masterson. „Verdammt, du kleine Kröte, ich brauche Pulver!“

      Am liebsten hätte er wohl mit der Ladeschaufel auf mich eingedroschen, doch dann begnügte er sich, nur drohend die Faust gegen mich zu erheben. Ich war froh, endlich wieder unter Deck verschwinden zu können.

      Im Zwischendeck stand das Wasser mittlerweile fast eine Handspanne hoch. Mir war es egal. Ich stapfte zur Pulverkammer, lud mir zwei Zehn-Pfund-Kartuschen auf und kehrte auf demselben Weg zurück.

      Urplötzlich holte die „Seawind“ über. Meine Schritte wurden schneller, der Versuch, die jähe Bewegung abzufangen, endete kläglich. Ich schlug der Länge nach hin – und mit mir die beiden Kartuschen. Sie klatschten ins Wasser.

      Mit nassem Pulver läßt sich kein Schuß abfeuern. Also blieb mir nichts anderes übrig, als noch einmal die Pulverkammer aufzusuchen. Diesmal war ich so schlau, nur eine Kartusche mitzunehmen, die wuchtete ich mir aber auf die Schulter, und es mußte schon mit dem Teufel zugehen, wenn ich sie nicht heil nach oben brachte.

      „An dir verderben sich selbst die Haie den Magen.“ Masterson empfing mich mit grimmiger Miene, riß mir das Leinensäckchen aus der Hand und rammte es in den Lauf der Basilisk.

      Die Spanier waren mittlerweile bis auf wenig mehr als fünfzig Yards heran. Ich hatte nicht gefragt, wer das Gefecht begonnen hatte, denn Masterson wäre mir die Antwort bestimmt schuldig geblieben.

      Achtmal hintereinander blitzte es drüben auf. In gleichbleibenden Abständen. Das war eine volle Breitseite.

      Wie eine Strafe Gottes brach das Eisengewitter über die „Seawind“ herein. Ich hatte ausreichend Gelegenheit, die Trefferwirkung vom Bug bis zum Heck zu verfolgen. Obwohl ich mittendrin stand, blieb ich seltsamerweise verschont.

      Eine Kettenkugel takelte den Bugspriet ab, eine zweite zersplitterte den Fockmast in Höhe des Marses. Mit Donnergetöse rauschte die Stenge nach unten und durchschlug die Back.

      Im Bereich des Vorschiffs blieb vom Schanzkleid nur Kleinholz. Eine Ladung Grobschrot fegte wie ein eiserner Besen über die Back und tötete die Männer, die den Fall der Stenge überstanden hatten.

      Vor dem Backbordniedergang zum Achterdeck erfolgte der wohl schwerste Treffer. Eine feindliche Kugel zerschmetterte die letzte Lafette, das feuerbereite Geschütz kippte, stieß gegen ein Feuerbecken und verstreute die glühende Holzkohle im Umkreis von mehreren Yards.

      Die Ladung im Rohr krepierte, eine grelle Feuerzunge stach aus der Mündung und setzte augenblicklich zwei Taurollen in Brand. Die Kugel zerschmetterte einige Aufbauten, aber auch das Rohr selbst wurde zum tückischen Geschoß, durchbrach das Lukensüll und verschwand dröhnend im Laderaum.

      Die


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