Seewölfe - Piraten der Weltmeere 680. Sean Beaufort

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Seewölfe - Piraten der Weltmeere 680 - Sean Beaufort


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Spektiv einigermaßen ruhig zu halten. Er peilte nach Osten, wo das Land lag, und hoffte, daß er das Land auch sehen konnte. Er sah es zwar, aber nur die gezackte Linie der Berge weit im Hinterland, hinter denen sich die Farbe des frühen Morgens von Rot in Gelb zu verändern begann.

      Hilflos zuckte Dan mit den Schultern. Er war nicht in der Lage, zu sagen, vor welche? Stelle der Verdammten Küste sie sich befanden.

      „Aber wahrscheinlich irgendwo vor Cochin“, murmelte er im Selbstgespräch. Der Wind schien zu drehen, er wehte nicht mehr gleichmäßig aus Südwesten.

      Dan drehte sich um und rief dem Ersten zu: „Wir werden mit ein wenig Glück auf Gegenkurs gehen können, Ben.“

      Ben nickte und erwiderte: „Das dauert noch eine Weile. Ich traue dem Frieden noch nicht.“

      „Abwarten.“

      Hinter den fernen Schattenrissen der Berge schossen die ersten Sonnenstrahlen flach über die Wellen.

      „Sieht doch schon viel freundlicher aus, diese pestverseuchte Malabarküste!“ rief Luke Morgan, der inzwischen das Ruder übernommen hatte. „Bald wird es wieder so heiß sein, daß wir nach Luft japsen.“

      „Hoffentlich wird es so ruhig, daß die Köche in Ruhe arbeiten können“, entgegnete Dan. „Tut mir leid. Erst wenn wir auf Gegenkurs und näher am Ufer sind, kann ich sagen, ob die Gegend der Karte gleicht oder nicht.“

      „Vielleicht gleicht auch deine Karte der Gegend nicht“, antwortete Luke und fing zu lachen an.

      Ben grinste ebenfalls und blinzelte zu den dünnen Wimpeln im Masttopp.

      „Ich glaube fast, Dan behält mal wieder recht“, sagte er und nickte zufrieden. Je höher die Sonne stieg, je mehr die Wärme des Morgens zur Hitze des Tages wurde, desto mehr beruhigte sich auch die See. „Der Monsun schläft tatsächlich ein. Wenigstens für die nächste Zeit, scheint’s.“

      Nach den vier Doppelschlägen hatte sich das Deck gefüllt. Die Köche hatten heißen Tee zubereitet, und die Sturmfront der vergangenen Nacht hatte sich in die gewohnte Kette weißer Wolken verwandelt, die nordwärts zogen. Einige fliegende Fische zitterten über die Wellen dahin.

      Hasard war wieder an Deck und blies in seine Muck.

      „Klar zum Wenden, Ben“, sagte er leise. „Und kurz darauf haben wir wieder die alte, vertraute Küste voraus.“

      „Das ist richtig“, sagte der Erste. „Und kurz darauf wissen wir auch, wie weit uns der Sturm nach Norden oder Nordwesten getrieben hat.“

      „Jedenfalls nicht so weit, daß wir nicht zurückfinden“, sagte Hasard.

      „Das ganz sicher nicht“, Stimmte der Erste zu, dann gab er seine Kommandos.

      Langsam schwang das Heck der Schebecke herum, als sie in den Wind ging.

      Schoten, Halstaljen und Brassen wurden losgeworfen. Die Segelwachen packten die Rahruten und holten sie auf den anderen Bug. Nach einigen Dutzend Handgriffen fuhr der Wind in die Segel, und der Rudergänger steuerte den neu angesetzten Kurs. Der Bug zeigte wieder auf die Küste zu.

      „Neuer Kurs liegt an, Sir!“ rief Ben. „Ein Strich östlicher als Südost.“

      „Verstanden“, erwiderte Hasard und setzte sich auf das Achterdeck, den Rücken am Schanzkleid. Die salzüberkrusteten Decksplanken hatten sich längst wieder erhitzt, aber noch konnte man mit bloßen Füßen darauf stehen und laufen. Die Schebecke nahm Fahrt auf und senkte sich langsam in das flache Tal der weiten Dünung.

      „Sorgen, Mac?“ fragte Hasard.

      Der Koch und Feldscher zeigte sein gewohnt grämliches Gesicht.

      „Nicht direkt, Sir“, sagte er. Er kippte einen mächtigen Schluck Rum in Hasards Muck. „Noch nicht.“

      „Geht es darum“, erkundigte sich Hasard und leckte sich nach dem winzigen ersten Schluck die Lippen, „daß du mir sagen willst, ein ausgedehntes Essen und eine angemessene Trinkerei an Land seien jetzt endlich mal wieder fällig? Oder ist es etwas Ernstes?“

      Der ehemalige Koch der „Marygold“ blieb unschlüssig, aber er erwiderte in sachlichem Tonfall: „Es ist wieder wegen des Proviants, Sir. Das gibt nichts Rechtes. Die Proviantlast ist zwar noch nicht leer, aber was uns die Eingeborenen verkauft haben, ist heute abend weg. Bis auf Curry und Tee natürlich.“

      „Also Schiffszwieback und Pökelfleisch, wie?“ fragte Hasard.

      „Das nun nicht gerade, aber wir werden wieder fischen müssen.“

      Hasard nahm einen größeren Schluck und hatte natürlich jedes Verständnis für die Sorgen seiner Köche. Es waren schnell die Sorgen der gesamten Seewölfecrew.

      „Im Ernst. Wann brauchen wir neuen Proviant?“ fragte er.

      „Wenn wir zwei Tage lang etwas zusammenrühren, das uns die Arwenacks nicht ins Haar schütten, dann haben wir alles, was einigermaßen gut schmeckt, verbraucht.“

      „Das ist ein Wort“, sagte der Seewolf und nickte. „In drei Tagen müssen wir also die Proviantlast wieder füllen. Alles klar. In drei Tagen sind wir sicher in Tiruvanaantapuram, Mac.“

      „Versprochen bleibt versprochen, Sir“, sagte Mac Pellew und nickte. „Übrigens: du kannst auch Old Donegal und den Kutscher fragen. Sie sagen das gleiche wie ich.“

      Hasards eisblaue Augen zwinkerten. „Mein Glaube an euch ist grenzenlos.“ Er seufzte und nahm einen weiteren Schluck.

      Mac nickte, enterte auf die Kuhl ab, schaute einige Atemzüge den Möwen zu und verholte unter Deck.

      Noch vor Mittag waren an Bord wieder die gewohnte Ordnung und Ruhe eingekehrt. Pützen voll Seewasser waren aufgeholt und das Deck geschrubbt worden. Ferris Tucker besserte kleine Schäden aus, die anderen spleißten Tauwerk oder ölten ihr Lederzeug ein. Al Conroy saß im Schatten des Segels, reinigte die Läufe der Musketen, verteilte Öl auf dem Metall und arbeitete mit Bürsten und Lappen.

      Im Bug stand Dan O’Flynn neben Hasard junior. Sie peilten durch die Kieker und unterhielten sich halblaut.

      „Die winzige Huk Backbord voraus“, sagte Dan, „sieht so aus, als gehöre sie zu Cochin.“

      Nach einer Weile Schüttelte Hasard den Kopf, setzte das Spektiv ab und erklärte: „Glaube ich nicht, Dan. Bis Mittag liegt vor der Peryar-Mündung immer Nebel. Hast du mir jedenfalls erzählt. Dort ist kein Nebel.“

      „Stimmt. Kein Nebel“, sagte Dan. „Wahrscheinlich ist es nicht Cochin.“

      „Wenn es Alleppey sein sollte, dann würden wir wieder jene ölige Wasserfläche sehen. Jetzt noch nicht, aber in ein paar Stunden“, sagte Hasard und wiederholte, was er gelernt hatte. „Wahrscheinlich – was meinst du? – befinden wir uns zwischen Cochin und Alleppey.“

      Dan ließ sich Zeit, ehe er antwortete.

      „Die Küste zwischen den beiden Punkten war flach oder etwas hügelig. Meistens gab es dicht hinter den Ufern Palmen, Wald und am Wasser die Mangroven. Der Streifen, dem wir uns nähern, sieht nicht anders aus. Ich glaube, wir halten etwa auf die Mitte zwischen Cochin und Alleppey zu.“

      „So wird’s wohl sein“, meinte Hasard und schob das Spektiv zusammen.

      Der Wind war nicht gerade schwach, aber das Schiff lief weniger schnell als vor vierundzwanzig Stunden. Kurz vor dem sechsten Glasen, etwa viereinhalb Seemeilen vor dem Land, stieß Dan O’Flynn einen Fluch aus. Der Ehrgeiz, früher und mehr zu erkennen, welcher Ort nun Backbord voraus oder recht voraus auftauchte, hatte ihn in den Ausguck getrieben. Niemand an Deck verstand ihn.

      „Also doch“, sagte er und zog die Luft scharf zwischen den Zähnen ein. „Es ist Alleppey.“

      Er war sicher. Wie breite Krakenarme streckten sich vom Wasser in der Nähe der Ufer die Streifen des völlig ruhigen, ölig wirkenden Wassers in den Bereich der Wellen. Nur die Sonnenlichtspiegelung,


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