Lachendes Asien!. Artur Hermann Landsberger

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Lachendes Asien! - Artur Hermann Landsberger


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sportlichen Klubs ohne gesellschaftlichen Verkehr sind und bleiben ihm, auch als Gast, verschlossen. — Schweizer suchen mit Geschick in die Lücke, die Deutschland hinterließ, einzurücken. Wir müssen fürs erste froh sein, daß sie das Erbe mit Würde verwalten. — Ceylon ist beinahe so groß wie das Königreich Bayern. Also enthüllt man alle paar Monate mit aus London entlehntem Pomp bald hier bald da ein Kriegerdenkmal, »um die Erinnerung wach zu halten«. — Man liest die hiesigen Blätter und staunt, wie die Engländer es verstehen, zu diesem Volk in seiner Sprache zu reden. Gewiß: es geht in den englischen Kolonien — nicht nur in Indien — wieder allerlei vor, was sich gegen England richtet. Die Bolschewisten, fast gleichwertige Gegner, schüren. Auch sie stellen sich um und sind nicht versessen auf ihr System. (Ich muß immer daran denken, wie wir es im Kriege anstellten, die Sympathien der Schweiz zu gewinnen, indem wir diesem so ganz anders als wir fühlenden Volk die »Marke Preußen« als das alleinseligmachende Lebenselixier aufzudrängen suchten. Das Resultat war danach.) — Während ich diese Zeilen schreibe, urteilt man in Ceylon einen Singhalesen ab, der, um einen angeblich bei den Festungswerken vergrabenen Schatz zu heben, einer Frau den Kopf abschlug, in dem Glauben, dadurch werde ihm höhere Eingebung die richtige Stelle weisen. Wie liebevoll, um das religiöse Gefühl der Eingeborenen, die leidenschaftlich dem Prozeß folgen, zu streicheln, vertieft sich hier der Richter in die Psyche des Angeklagten! Die Bevölkerung billigt das harte Urteil, das auf Tod lautet. — Ich kann mir nicht helfen, aber ich mußte die ganze Zeit über daran denken, wie aus dem Handgelenk ein königlich preußischer Regierungsassessor, L. d. R. und Alter Herr des Kösener S. C. (denn diese Befähigungsnachweise waren Voraussetzung derartiger Posten), »die Sache geschmissen« hätte.

      In Colombo reicht die Zeit nicht annähernd zur Besichtigung des Sehenswertesten. Andernfalls drängt über Kandy hinaus. Der siamesische Graf (ich bin darin vorsichtiger) hat ihr von den Perlen Ceylons erzählt, deren »paars« vor der Nordwestküste Ceylons liegen. Der Russe, der mit seinen Chemnitzer Waren — noch haben sie den englischen Zoll nicht passiert — gerührt Abschied nimmt, will uns auf Panther, Bären, Wildschweine, Affen, Hirsche, Büffel, Krokodile, Schlangen und Elefanten hetzen. Der China-Deutsche rät, ein Automobil zu nehmen und in aller Behaglichkeit auf der Galle Face Road, der wunderbarsten Korsostraße der Welt, spazierenzufahren. Mich zieht’s nach Kandy. Zwar ist die Zeit knapp. Aber mit Uebernachten reicht sie gerade, um einen Blick in die Hauptstadt des Singhalesenreiches zu werfen. — Die Fülle der Gesichte blendet. Da liegt Dalada Maligana, einer der heiligsten Wallfahrtsorte des Buddhismus. Hier wird der Zahn Buddhas aufbewahrt. — Ueber einen Hof gelangt man in die Eingangshalle, wo herrliche Blumen zur Opferung vor dem Zahn angeboten werden. Man betritt die heilige Kammer. Auf einem silbernen Tisch steht die Karanduwa, in der der heilige Zahn aufbewahrt wird. Andernfalls fällt — zum ersten Male — aus der Rolle. Statt in die Knie zu sinken und mit der schönen Stirn den Boden zu berühren, bricht sie angesichts der mit schimmernden Rubinen, Saphiren und Smaragden bedeckten Hüllen, unter denen der Zahn ruht, in laute Rufe der Begeisterung aus. Der Priester hält es glücklicherweise für den Ausdruck religiöser Leidenschaft. Die Ernüchterung folgt sehr schnell. Denn das braune Stückchen Elfenbein, Buddhas linker oberer Augenzahn, enttäuscht sie sichtlich. Sie hatte eine taubeneigroße, gelblich schimmernde Perle erwartet und will nicht glauben, daß der große Buddha so ordinäre Zähne hatte. Auch die Fahrt durch den Botanischen Garten von Peradéniya, in dem Lianen und Orchideen wachsen wie bei uns der Hafer, vermag nicht, ihr über diese Enttäuschung hinwegzuhelfen. Und im Elefantengarten, dessen nicht überragende Tiere sich zur Schau stellen, als fühlten sie sich als die berufensten Versuchsobjekte für photographische Kameras, meint sie, auf den übrigens nicht eben imposanten Zahn des größten Elefanten weisend:

      »Wenn Buddhas Zahn wenigstens so aussähe!« —

      Erst als wir statt weiterer Sehenswürdigkeiten die Pferderennen von Kandy aufsuchen, auf denen gutgewachsene Engländerinnen neueste Modeschöpfungen spazierenführen, ruft sie befriedigt:

      »Himmlisch! Endlich wieder ein Tropfen Kultur!«

      Die Lianen und Orchideen senken die Köpfe — und ich schlage mich seitwärts in die Palmen.

      Siebentes Kapitel

      Einen Tag länger in Colombo! Das hätte man wissen sollen! —

      »Auf Tiger hätte ich gern mal wieder gejagt,« sagt ein Holländer. Der China-Deutsche belehrt ihn. Der Tiger ist so ziemlich das einzige Raubtier, das auf Ceylon nicht vorkommt. Aber Elefanten, Panther, Bären, Wildschweine, Affen, Viverren, Mungo, Hirsche, Büffel, Krokodile und Schlangen gibt’s in Fülle.

      »Davon interessieren mich höchstens die Affen,« erklärt Andernfalls. »Mit den anderen Tieren kann man nichts anfangen.«

      »Erlauben Sie,« widerspricht der Amerikaner, »an einem Wildschwein kann man sich delektieren.«

      »Aber man kann kein Kleid damit besetzen.«

      »Empfinden Sie es nicht als grausam,« fragt der amerikanische Missionar, »auf unschuldige Tiere zu jagen, nur um sich zu putzen?«

      »Wer sagt Ihnen, daß sie unschuldig sind?« fragt Andernfalls.

      »Sie leben in der freien Natur nach den Gesetzen Gottes und verlangen nichts weiter von uns Menschen, als daß wir sie in Frieden lassen.«

      »Und Ihre Chinesen? Verlangen die mehr?« fragt Andernfalls.

      »Ist der Chinese ein Tier?«

      »Nach Ihrer Ansicht ja. Denn Sie haben mir selbst erklärt, Sie wollen Menschen aus ihnen machen.«

      »Wir werden uns nie verstehen,« sagt der Amerikaner und wendet sich ab.

      Ich mache Andernfalls Vorwürfe. Aber sie wehrt ab und sagt:

      »Heuchelei ist mir zuwider. Daher stoße ich auch überall an, weil ich nicht heucheln kann.«

      »Bleiben Sie so,« meint der Graf aus Siam. »Es steht Ihnen vorzüglich.«

      »Sind alle amerikanischen Missionare so?« fragt Andernfalls, und der belgische erwidert:

      »Aber nein! Sie tun ihr Bestes. Wie auch er zum mindesten glaubt, es zu tun.«

      »So müssen Sie sagen, lieber père,« meint sie. »Aber Ihnen lese ich aus den Augen, was Sie denken.«

      »Was wollen Sie damit sagen?«

      »Daß Sie nicht heucheln können.«

      »So wenig wie Sie.« — Er reicht ihr die Hand und meint: »So ein Mensch wie Sie könnte viel Gutes tun in China.«

      »In Siam auch,« sagt der Graf.

      »Als was?« fragt Andernfalls.

      Der belgische Priester erwidert:

      »Sie brauchen nur da zu sein — so wie Sie hier unter uns sind.«

      »Das wäre keine ausreichende Beschäftigung für mich.«

      »Als Atmosphäre, als reine Luft, die man in Ihrer Umgebung atmet.«

      »Ich muß auch sagen,« meint der Graf aus Siam, »daß die Qualitäten von Madame nicht genügend ausgenutzt wären.«

      »Zunächst sollten wir mal die Stunden in Colombo ausnutzen,« sage ich und dringe mit dem Vorschlag durch, in einem Motor Car ins Innere von Ceylon zu fahren.

      Hundert englische Meilen, also etwa hundertfünfzig Kilometer, rechnet man für eine Tagestour. Der Belgier will nach Anwradhapura, dem ältesten Königssitz der Singhalesen und die zugleich sehenswerteste Ruinenstadt der Welt. Aber wir fahren in drei Motor Cars ohne festes Ziel die Westküste entlang. Im ersten der Graf, ein Engländer, Andernfalls und ich. Der Belgier, ein paar Amerikaner mit ihren Frauen im zweiten. Im dritten, das eigentlich nur zur Vorsicht dient und in dem wir Essen, Getränke und Decken untergebracht haben, der China-Deutsche mit dem Dottore di bordo.

      Nach etwa dreißig Kilometern hält es uns nicht mehr in unseren Wagen. Vor allem die Damen hören und sehen tausenderlei, was wir Männer als geborene Skeptiker anders deuten. Wir sollen überzeugt werden, daß dies Brüllen


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