Seewölfe Paket 34. Fred McMason

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Seewölfe Paket 34 - Fred McMason


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6.

      Mit einer geschickt geschleuderten dünnen Wurfleine hatten die Seewölfe die Ankertrosse der „Zuiderzee“ getroffen. Der Lederbeutel wirbelte um die dicke Trosse und wickelte sich auf. Es war ganz leicht, das Heck der Schebecke heranzuziehen, ohne den Anker loszubrechen. Dries Versteeg und Swieten, der Schiffszimmermann, hievten ein Fäßchen an Backbord der Karavelle in die Höhe.

      „Der Kapitän hat gesagt, daß sich auch unangenehme Gespräche mit einem Schluck gutem Wein besser führen lassen!“ rief Piet Straaten auf holländisch.

      „Stimmt“, meinte Hasard. „Was darf ich darüber hinaus tun, damit Sie in guter Ruhe und Sicherheit in See gehen können – mit Verspätung?“

      „Ihre Zimmerleute können mir helfen“, schlug Willem van Stolk vor. „Zuerst einen Schluck. Ein Glück, daß wir keine Eile haben. Und Sie, Kapitän Killigrew?“

      Wenn sie ihn kannten und wußten, daß er der Seewolf war, dann ließen weder van Stolk noch Lemmer etwas davon erkennen. Der Koch schlug den Stopfen aus dem Faß und klapperte mit den Bechern.

      „Nur zu“, sagte der Seewolf. „Einen vollen Becher für jeden. Auch für mich, bitte.“

      Dann rief er zur Kuhl der Schebecke hinunter: „Ferris Tucker soll mit Werkzeug und allem, was er braucht, den Niederländern helfen. Es sieht schlimm aus, wenigstens im Heck. Los, beeilt euch.“

      „Aye, aye, Sir.“

      Hasard lehnte sich gegen das Schanzkleid und sagte: „Wir kommen aus Surat. Ein Hafen, der uns allerlei Unglück und Verdruß brachte, denn wir stießen auf einen Landsmann. Ruthland mit der ‚Ghost‘ also jemand, von dem wir alles andere erwarten durften als Betrug und Verrat. Wir sind hier im Auftrag unserer Königin, um Handelsbeziehungen anzuknüpfen.“

      „Wir auch“, sagte der Erste. „Uns schickte die Vereenigte Oast-Indische Compagnie. Und was tat dieser Engländer, daß Sie Ihre Culverinen laden mußten?“

      Während Hasard berichtete, in welche tödliche Gefahr ihr Schiff und die Crew durch Ruthland gebracht worden waren, betrachtete er die Besatzung des Kauffahrers. Ihre Anzahl schätzte er auf ungefähr dreißig Mann. Sie sahen ausgeschlafen und gepflegt aus. Ihre Kleidung war sauber und teilweise neu. Das Schiff erweckte einen tadellosen Eindruck, es war perfekt aufgeklart und bereit, in See zu gehen. Selbst Haar und Bärte der Holländer glänzten frisch gewaschen und waren sorgfältig gestutzt.

      Die Holländer hörten schweigend zu. Sie schienen jedes Wort zu glauben.

      Schließlich sagte der Seewolf grimmig: „Wir verloren Ruthland im Monsunregen aus den Augen. Er muß sich hier, nördlich von Surat, versteckt halten. Und weil wir sicher waren, daß er ohne Warnung uns sofort unter Feuer nehmen würde, sprachen unsere Geschütze zuerst. Das ist die häßliche Geschichte, Kapitän van Stolk.“

      Mittlerweile war ein halbes Dutzend Seewölfe an Bord gestiegen und kümmerte sich mit Sägen, Leim und Bohrern um die ersten Schäden. Der zersägte Baumstamm schlug ins Wasser.

      Vom Quarterdeck rief Ferris Tucker, der rothaarige Hüne: „Alles zu überholen, Sir! Die ‚Zuiderzee‘ ist schöner als zuvor, wenn wir fertig sind!“

      „Wann seid ihr fertig?“ erkundigte sich Hasard und dachte an die Stunden der Verzögerung.

      „Um Mittag herum, Sir.“

      An Deck der Schebecke klarte Al Conroy zusammen mit den Zwillingen und Don Juan die Geschütze auf. Al bestand darauf, sie wieder zu laden. Die Crew saß auf dem Achterdeck und auf der Back und kaute das frische Brot der Köche.

      „Und was wollen Sie tun, um diesen gewissenlosen Schurken seiner gerechten Strafe zuzuführen?“ fragte Willem van Stolk.

      Das Fäßchen war nicht mehr voll gewesen, jetzt gluckerten nur noch vier halbe Becher aus dem Spundloch. Auch die holländische Crew half mit, das zersplitterte Holz auszusägen, neue Teile einzusetzen und in Form zu bringen. Der letzte Wein wurde ausgeteilt, und Piet Straaten warf das leere Faß vorsichtig seinen Kameraden zu.

      „Ich bin nicht ganz sicher, ob ich das Richtige unternehme“, erklärte der Seewolf nachdenklich. Er blickte über die leere Wasserfläche. „Ich werde die ‚Ghost‘ weiterverfolgen.“

      Der Nebel war vollständig verschwunden. Die Sonne des späten Morgens stach herunter.

      „Im Süden? Richtung Goa?“

      „Ja, Kapitän. Wenn sich Ruthland hier aufgehalten hat, ist er jetzt wahrscheinlich auf und davon.“

      Nach einer Weile sagte er warnend: „Wenn Sie die ‚Ghost‘ sehen, dann, das ist mein Rat, gehen Sie auf Gegenkurs, oder verholen Sie sich irgendwohin. Der Kerl ist zu jeder Schandtat fähig. Bei uns hat er schon den Beweis dafür angetreten. Wir verfolgen ihn weiter.“

      „Das würde ich an Ihrer Stelle ebenfalls tun, Mister Killigrew“, bestätigte Martin Lemmer und nickte.

      Hasard schaute sich die Zerstörungen durch seine Schiffsgeschütze an und sah, daß Ferris Tucker und seine Helfer mit den Holländern gut und schnell zusammenarbeiteten. Unter Deck ringelte sich der Rauch unter den Leimtöpfen und dem Pech hervor und mischte sich mit der frischen Seebrise.

      Hasard begann jetzt seine Müdigkeit zu spüren, schließlich war er fast die ganze Nacht auf den Beinen geblieben.

      „Solange das hier dauert“, sagte er und schüttelte die Hand des Kapitäns und des Ersten, „verhole ich mich in meine Koje. Ich glaube, wir können beide gegen Mittag ablegen.“

      „Scheint so, Kapitän Killigrew.“

      Über die Jakobsleiter des Holländers enterte er auf die Kuhl ab, ließ sich eine Kleinigkeit zu essen geben und verschwand schweigend unter Deck. Er war bald eingeschlafen, aber durch seinen ersten Traum geisterte Ruthland, dessen Karavelle aus allen Rohren feuerte.

      Während Hasard versuchte, eine Mütze voll Schlaf zu finden, unterhielten sich die Mitglieder der beiden Mannschaften über Fahrwasser, Inseln und Küstenbewohner.

      Die Schebecke und die „Zuiderzee“ waren etwa gleichzeitig losgesegelt. Auch die Holländer versuchten, an diesen Küsten Fuß zu fassen, um am Reichtum teilzuhaben. Der Gewürzhandel, so drückte es der Kapitän aus, vertrüge viele Kauffahrer. Die Portugiesen mit ihrem Handelsstützpunkt in Goa hatten sozusagen ein Monopol darauf.

      „Es ist alles andere als leicht“, sagte Ben Brighton und faßte die bisherigen Erfahrungen zusammen, „mit den Leuten hier ins Geschäft zu kommen. Die moslemischen Herrscher haben die Macht. Aber das, was die Portus leisten, schaffen wir auch.“

      „Die Küsten, wenigstens hier im nördlichen Teil, laden leider nicht mit guten Häfen und großen Städten ein. Mit den wenigen Fischern und Holzfällern, die wir bisher getroffen haben“, antwortete Lemmer, der Erste, bedächtig, „können wir kaum gute Geschäfte tätigen.“

      „Das ist auch unsere Meinung, Mister“, bestätigte Don Juan. „Und natürlich auch die Ansicht dieses Ruthland. Aber wir haben den Auftrag des königlichen Hofes.“

      Ein Dutzend Seeleute beider Crews arbeiteten an der Beseitigung der Schäden. An vielen Stellen leuchtete das frisch eingesetzte Holz, es stank nach Leim und Pech. Die Deckschraper knirschten auf dem hellen Plankenholz, Ferris Tucker packte den Zugbeitel mit beiden Händen und glättete eine Relingsleiste an Backbord.

      „Dieser Umstand scheint Ruthland nicht beeindruckt zu haben“, meinte Antony Leuwen. „Euer Rat ist also, einen Hafen weiter im Süden anzulaufen und es dort zu versuchen?“

      „Richtig“, sagte Old Donegal. „Jeden anderen Hafen, nur nicht Surat am Tapti-Fluß.“

      „Habt ihr gute Karten?“ fragte Greefken neugierig.

      Dan O’Flynn zog die Schultern in die Höhe und schüttelte den Kopf. „Reichlich ungenau. Es fehlen viele Namen. Auch diesen Wirrwarr von Inseln und Halbinseln im Golf von Cambay


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