Gesammelte Werke von Charles Darwin (Mit Illustrationen). Чарльз Дарвин
Читать онлайн книгу.werden, und wenn das Weibchen entfernt wird, wird das Männchen sehr beunruhigt; wird dagegen das Männchen entfernt, so hört das Weibchen völlig auf zu arbeiten und würde, wie Mr. Brulerie630 glaubt, auf ein und derselben Stelle bleiben, bis es stürbe.
Die großen Mandibeln der männlichen Lucaniden sind in außerordentlichem Grade sowohl der Größe als der Structur nach variabel und sind in dieser Beziehung den Hörnern am Kopfe und Thorax vieler männlichen Lamellicornier und Staphyliniden ähnlich. Man kann von den bestausgerüsteten bis zu den schlechtest bedachten oder degenerierten Männchen eine vollkommene Reihe darstellen. Obgleich die Mandibeln des gemeinen Hirschkäfers und wahrscheinlich auch vieler anderen Species als wirksame Waffen im Kampfe benutzt werden, so ist es doch zweifelhaft, ob ihre bedeutende Größe hierdurch erklärt werden kann. Wir haben gesehen, daß bei dem Lucanus elaphus von Nord-Amerika dieselben zum Ergreifen des Weibchens benutzt werden. Da sie so auffallend und elegant verzweigt und in Folge ihrer großen Länge zum Kneipen nicht wohl geschickt sind, so ist mir zuweilen die Vermuthung durch den Kopf gegangen, daß sie den Männchen gleichfalls als Zierathen dienstbar seien, in derselben Weise wie die Hörner am Kopfe und Thorax der verschiedenen oben beschriebenen Species. Der männliche Chiasognathus Grantii von Süd-Chile, ein prachtvoller, zu derselben Familie gehöriger Käfer, hat enorm entwickelte Mandibeln (Fig. 24) und ist kühn und kampfsüchtig. Wird er von irgend einer Seite her bedroht, so dreht er sich herum, öffnet seine großen Kiefern und beginnt zu derselben Zeit ein lautes stridulierendes Geräusch zu machen. Seine Mandibeln waren aber nicht kräftig genug, meinen Finger so zu kneipen, daß ich einen wirklichen Schmerz empfunden hätte.
Fig. 24 Chiasognathus Grantii, verkleinert. Obere Figur das Männchen, untere Figur das Weibchen.
Geschlechtliche Zuchtwahl, welche den Besitz eines beträchtlichen Wahrnehmungsvermögens und starker leidenschaftlicher Empfindungen voraussetzt, scheint bei den Lamellicorniern eine größere Wirksamkeit entfaltet zu haben als bei irgend einer andern Familie der Coleoptern oder Käfer. Bei einigen Species sind die Männchen mit Waffen zum Kampfe ausgerüstet; einige leben in Paaren und zeigen gegenseitige Anhänglichkeit; viele haben das Vermögen, Laute von sich zu geben, wenn sie erregt werden; viele sind mit den außerordentlichsten Hörnern versehen, offenbar des Schmucks wegen. Einige ihrer Lebensweise nach als Tagformen zu bezeichnende sind prächtig gefärbt; und endlich gehören mehrere der größten Käfer in der Welt zu dieser Familie, welche von Linné und Fabricius an die Spitze der ganzen Ordnung der Coleoptern gestellt wurde.631
Stridulationsorgane. – Käfer, welche zu vielen und sehr von einander verschiedenen Familien gehören, besitzen derartige Organe. Der Laut kann zuweilen in der Entfernung von mehreren Fuß oder selbst Yards632 gehört werden, ist aber nicht mit dem von den Orthoptern hervorgebrachten zu vergleichen. Der Theil, welchen man die Raspel nennen könnte, besteht allgemein aus einer schmalen, leicht erhobenen Fläche, welche von sehr feinen parallelen Rippen gekreuzt wird, die zuweilen so fein sind, daß sie iridescierende Farben hervorbringen und unter dem Mikroskope eine sehr elegante Erscheinung darbieten. In manchen Fällen, z. B. bei Typhoeus, kann deutlich gesehen werden, daß äußerst kleine borstige, schuppenartige Vorsprünge, welche die ganze umgebende Fläche in annähernd parallelen Linien bedecken, in die Rippen der Raspel übergehen. Der Übergang findet so statt, daß die Linien zusammenfließen gerade und gleichzeitig vorspringend und glatt werden. Eine harte Leiste an irgend einem benachbarten Theile des Körpers, welcher indeß in einigen Fällen speciell für diesen Zweck modificiert ist, dient als Kratzer für die Raspel. Dieser Kratzer wird schnell quer über die Raspel bewegt oder auch umgekehrt die Raspel quer über den Kratzer.
Fig. 25. Necrophorus (nach Landois). r die beiden Reibzeuge oder Raspeln. Linke Figur: ein Theil der Raspel stark vergrößert.
Diese Organe sind an sehr verschiedenen Stellen des Körpers angebracht. Beim Todtengräber ( Necrophorus) finden sich zwei parallele Raspeln ( r Fig. 25) an der dorsalen Oberfläche des fünften Abdominalsegments, wobei jede Raspel oder jedes Reibzeug aus 126 bis 140 feinen Rippen besteht.633 Diese Rippen werden gegen die hinteren Ränder der Flügeldecken gerieben, von denen ein kleines Stück über die allgemeinen Contouren vorspringt. Bei vielen Crioceriden und bei Clythra quadripunctata (einer der Chrysomeliden) und bei einigen Tenebrioniden etc.634 liegt das Reibzeug auf der dorsalen Spitzenfläche des Abdomen, auf dem Pygidium oder Propygidium, und wird wie in dem obigen Falle von den Flügeldecken gerieben. Bei Heterocerus, welcher zu einer andern Familie gehört, liegen die Reibzeuge an den Seiten des ersten Abdominalsegments und werden von Leisten an den Oberschenkeln gerieben.635 Bei gewissen Curculioniden und Carabiden636 sind die betreffenden Theile in Bezug auf ihre Stellung gerade umgekehrt; denn das Reibzeug liegt hier an der unteren Fläche der Flügeldecken in der Nähe ihrer Spitzen oder ihren äußeren Rändern entlang und die Kanten der Abdominalsegmente dienen als Reiber. Bei Pelobius Hermanni (einem der Dytisciden oder Wasserkäfer) läuft eine starke Leiste parallel und nahe dem Nahtrande der Flügeldecken und wird von Rippen gekreuzt, die in dem mittleren Theile grob, aber nach den beiden Enden hin und besonders nach dem oberen Ende zu allmählich immer feiner werden. Wird dieses Insect unter Wasser oder in der Luft festgehalten, so wird ein stridulierendes Geräusch durch Reiben des äußersten hornigen Randes des Abdomen gegen das Reibzeug hervorgebracht. Bei einer großen Anzahl von longicornen Käfern liegen die Organe wieder durchaus verschieden. Das Reibzeug findet sich hier am Mesothorax, welcher gegen den Prothorax gerieben wird. Landois zählte 238 sehr feine Rippen an dem Reibzeuge von Cerambyx heros.
Fig. 26. Hinterbein von Geotrupes stercorarius (nach Landois). r Reibzeug; c Coxa; f Femur; t Tibia; tr Tarsi.
Viele Lamellicornier haben das Vermögen, Laute hervorzubringen. Die betreffenden Organe weichen in Bezug auf ihre Lage sehr von einander ab. Einige Species stridulieren sehr laut, so daß, als Mr. F. Smith einen Trox sabulosus gefangen hatte, ein dabei stehender Wildwart glaubte, er habe eine Maus gefangen. Ich bin aber nicht im Stande gewesen, die betreffenden Organe bei diesem Käfer nachzuweisen. Bei Geotrupes und Typhoeus läuft eine schmale Leiste schräg ( r Fig. 26) über die Coxa jedes Hinterbeins (und hat bei G. stercorarius vierundachtzig Rippen), welche von einem speciell hierzu vorspringenden Theile eines der Abdominalsegmente gerieben wird. Bei dem nahe verwandten Copris lunaris läuft eine außerordentlich schmale feine Raspel dem Nahtrande der Flügeldecken entlang mit einer anderen kurzen Raspel nahe dem basalen Außenrande. Aber bei einigen anderen Coprinen liegt der Angabe von Leconte637 zufolge das Reibzeug auf der dorsalen Oberfläche des Abdomen. Bei Orydes ist es auf dem Propygidium gelegen und der Angabe desselben Entomologen zufolge bei einige anderen Dynastinen an der unteren Fläche der Flügeldecken. Endlich giebt Westring an, daß bei Omaloplia brunnea das Reibzeug an dem Prosternum, der Reiber an dem Metasternum gelegen sei. Hier nehmen also diese Theile die untere Fläche des Körpers ein, statt wie bei den Longicorniern auf der oberen Fläche gelegen zu sein.
Wir sehen hieraus, daß die Stridulationsorgane in den verschiedenen Familien der Coleoptern der Lage nach wunderbar verschiedenartig sind, aber nicht so bedeutend der Structur nach. Innerhalb einer und derselben Familien sind einige Species mit diesen Organen versehen und einigen fehlen dieselben vollständig. Diese Verschiedenartigkeit wird verständlich,