Gesammelte Werke von Guy de Maupassant. Guy de Maupassant

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Gesammelte Werke von Guy de Maupassant - Guy de Maupassant


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zu verbergen schien.

      Und Duroy stammelte errötend:

      – Entschuldigen Sie, ich hatte geglaubt – ich hatte gedacht –

      Dann sagte er schnell lauter:

      – Ich bitte tausendmal um Entschuldigung, gnädige Frau, und ich danke Ihnen noch vielmals für den famosen Artikel, den Sie mir gestern gemacht haben!

      Dann verbeugte er sich und sagte zu Karl:

      – Ich werde um drei Uhr auf der Redaktion sein.

      Damit ging er davon.

      Er kehrte mit eiligen Schritten nach Haus zurück und brummte vor sich hin:

      – Na gut. Ich werde die Geschichte schon deichseln! Ganz allein. Die sollen mal sehen!

      Und kaum war er zu Haus, so packte ihn die Wut und er fing an zu schreiben.

      Er setzte das Abenteuer, das Frau Forestier begonnen, fort, indem er alle möglichen romanhaften Einzelheiten häufte, ganz plötzliche unerwartete Verwicklungen, schwülstige Beschreibungen im ungeschickten Stil eines Schülers, in Ausdrücken wie aus der Kasernenstube, wiedergab. Und nach einer Stunde hatte er einen Artikel fertig gebracht, einen wahren Rattenkönig von Blödsinn, den er mit größter Seelenruhe zur ›Vie française‹ brachte.

      Der erste Mensch, dem er begegnete, war Saint-Potin, der ihm kräftig, wie einem Mitschuldigen, die Hand drückte und fragte:

      – Haben Sie meine Unterhaltung mit dem Chinesen und dem Hindu gelesen? Ist das nicht ulkig? Ganz Paris hat darüber gelacht, und ich habe nicht die Nasenspitze von den beiden Kerls gesehen.

      Duroy, der nichts gelesen hatte, nahm sofort die Zeitung in die Hand und durchlief einen langen Artikel mit der Ueberschrift »Indien und China«, während der Reporter ihm die interessanten Stellen zeigte und anstrich.

      Forestier kam dazu, außer Atem, sehr eilig und verstört:

      – Ah gut, schön, daß ich euch finde, ich brauche euch alle beide.

      Und er nannte ihnen eine ganze Reihe von politischen Erkundigungen, die noch bis zum Abend eingezogen sein mußten.

      Duroy gab ihm seinen Artikel:

      – Hier ist die Fortsetzung über Algerien!

      – Schön, gieb her. Ich werde es dem Chef geben.

      Das war alles.

      Saint-Potin schleppte seinen neuen Kollegen mit sich und als sie im Korridor standen, sagte er:

      – Sind Sie schon an der Kasse gewesen?

      – Nein, warum?

      – Warum? Um Ihr Gehalt zu holen. Wissen Sie, man muß damit immer einen Monat im Voraus sein, man weiß nie, was passieren kann.

      – Ja, mir soll’s recht sein!

      – Ich will Sie dem Kassierer vorstellen, da wird er weiter keine Schwierigkeiten machen. Bei uns wird sehr gut bezahlt.

      Und Duroy erhob seine zweihundert Franken und dann achtundzwanzig Franken für seinen Artikel vom Tage vorher, so daß er, mit dem, was ihm von dem Gehalte von der Eisenbahn blieb, dreihundertvierzig Franken im Vermögen besaß.

      Er hatte noch nie eine so große Summe in der Tasche gehabt, und er meinte, sie könnte nie alle werden.

      Dann nahm ihn Saint-Potin mit in die Redaktion von vier oder fünf Konkurrenzblättern, um dort ein wenig zu schwatzen. Er hoffte, daß die Erkundigungen, die sie einziehen sollten, vielleicht schon dort von anderen eingezogen waren. Wenn es so war, würde er sie schon herauskriegen, dank seinem Redefluß.

      Als es Abend geworden war, ging Duroy, der nichts mehr zu thun hatte, wieder in die Folies-Bergère und mit ziemlicher Dreistigkeit sagte er dem Kontroleur:

      – Ich heiße Georg Duroy, Redakteur von der ›Vie française‹. Ich bin neulich mit Herrn Forestier gekommen, der mir versprochen hatte, mir Eintritt zu verschaffen. Ich weiß nicht, ob er daran gedacht hat.

      Man sah in einem Verzeichnis nach, aber sein Name fand sich nicht eingetragen. Doch der Kontroleur, ein sehr zuvorkommender Mann, fagte:

      – Bitte, gehen Sie nur immer hinein und tragen Sie Ihre Bitte dem Herrn Direktor selber vor, der sie sicher genehmigen wird.

      Er ging hinein und begegnete fast augenblicklich Rahel, dem Mädchen, das er den ersten Abend mitgenommen hatte.

      Sie näherte sich ihm:

      – Guten Tag, Kleiner. Geht Dir’s gut?

      – Sehr gut. Und Dir?

      – Mir nicht schlecht. Denk Dir mal, ich habe seit neulich zwei Mal von Dir geträumt!

      Duroy lächelte geschmeichelt:

      – Ah, und was bedeutet das?

      – Das bedeutet, daß Du mir gefallen hast und daß Du zu mir kommen kannst, wenn Du Lust hast.

      – Heute, wenn Du willst.

      – Schön, meinetwegen.

      – Heute – aber hör erst mal –

      Er zögerte, denn er war doch ein wenig verlegen über das, was er thun wollte:

      – Weißt Du, heute abend habe ich nicht einen roten Heller, ich komme eben aus dem Klub und habe alles verjeut.

      Sie blickte ihm forschend in die Augen. Sie ahnte, daß er löge, mit dem praktischen Instinkt der Dirne, die an allerlei Betrügereien und Versuche abzuhandeln von seiten der Männer gewöhnt ist und sagte:

      – Hör mal, nicht sohlen! Weißt Du, bei mir zieht das nicht.

      Er lächelte verlegen:

      – Wenn Du zehn Franken haben willst, das ist alles, was ich noch besitze.

      Sie murmelte mit der Gleichgiltigkeit einer Dirne, die sich mal einen Spaß leisten will:

      – Wieviel Du geben willst, Kleiner. Ich will nur Dich. Und sie blickte den Schnurrbart des jungen Mannes begehrend an, nahm seinen Arm, stützte sich verliebt darauf und sagte:

      – Komm, wir wollen erst mal einen Syrup trinken. Und dann bummeln wir noch ‘n bißchen zusammen. Ich möchte gern in die Oper gehen, so mit Dir, um mich mit Dir zu zeigen. Und dann gehen wir zeitig nach Haus, nicht wahr?

      Er schlief bis spät in den Tag hinein bei dem Mädchen, Es war schon hell, als er fortging und ihm kam der Gedanke, sofort die “Vis francaise” zu kaufen. Mit fiebernder Hand öffnete er die Zeitung, sein Artikel stand nicht darin. Er blieb auf dem Trottoir stehen und durchlief mit ängstlichem Auge die Druckspalten, in der Hoffnung, endlich das zu finden, was er suchte. Plötzlich fiel es ihm wie eine Last auf die Seele, denn nach den Anstrengungen der Nacht traf ihn dieses Ereignis, bei seiner Müdigkeit, wie ein reines Unglück.

      Er stieg in seine Wohnung hinauf und schlief angekleidet, wie er war, auf dem Bett ein.

      Als er ein paar Stunden später in die Redaktion kam, ließ er sich bei Herrn Walter melden und sagte:

      – Ich bin ganz erstaunt gewesen, heute früh meinen Artikel über Algerien nicht gefunden zu haben.

      Der Chef blickte auf und meinte trocken:

      – Ich habe ihn Ihrem Freunde Forestier gegeben mit der Bitte, ihn durchzulesen. Er fand ihn ungenügend, Sie müssen ihn noch einmal machen.

      Duroy ging wütend hinaus, ohne ein Wort zu sprechen und trat hastig in das Zimmer seines Kollegen:

      – Warum hast Du denn heute früh meinen Artikel nicht erscheinen lassen?

      Der Journalist rauchte eine Zigarette, lag im Lehnstuhl, hatte die Füße auf den Tisch gelegt, indem er mit den Absätzen einen eben begonnenen Artikel beschmutzte. Er sagte ganz ruhig in gelangweiligtem Ton, dumpf, als spräche er aus einem Loch heraus:

      –


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