Der neue Landdoktor Staffel 7 – Arztroman. Tessa Hofreiter

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Der neue Landdoktor Staffel 7 – Arztroman - Tessa Hofreiter


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Die Auswahl der zum Verkauf stehenden Kunstwerke war groß.

      »Sieh mal, die Figur sieht aus wie ein Buschbaby«, stellte Britta erstaunt fest, als sie das ganz in weißem Glas erschaffene affenartige Figürchen entdeckte, das kaum größer als eine Streichholzschachtel war. »Wie kommt eine Glasbläserei mitten in Bayern darauf, sich mit einem nachtaktiven Tier zu befassen, das die meisten Menschen nie in freier Natur zu sehen bekommen?«

      »Ich habe es dort gesehen.«

      »Sie haben es gemacht?« Britta sah die junge Frau in dem weißen Overall verblüfft an. Sie war sehr hübsch, hatte große dunkle Augen und schwarzes Haar, das sie in einem attraktiven Durcheinander hochgesteckt hatte.

      »Ich hatte das Glück, so ein Tierchen während einer Nachtwanderung zu beobachten, als ich ihn bei seiner vorletzten Reise nach Kenia begleitet hatte. Hallo, Kai, schön, dich mal wieder hier zu sehen. Ich hörte, du warst in diesem Jahr wieder in Kenia«, wandte sie sich ihm zu und sah ihm tief in die Augen.

      »Ja, ich war wieder dort. Aber was machst du hier? Wolltest du nicht eine Werkstatt im Schwarzwald übernehmen?«

      »Mein Bruderherz hat mich überredet, bei ihm einzusteigen. Das mit dem Restaurant läuft echt gut, und er hat auch einige neue Kunden dazu gewonnen. Ich bin also wieder zu Hause angekommen. Willst du mir deine Begleitung nicht vorstellen?«

      »Britta Kaufmann, Marlene Leitner«, machte Kai die beiden Frauen miteinander bekannt.

      »Sind Sie aus der Gegend?«, wollte Marlene von Britta wissen.

      »Nein, aus der Eifel.«

      »Abenteuerliche Landschaft. Ich meine, die Vorstellung, dass es dort noch Vulkane gibt, die jederzeit ausbrechen können.«

      »Der letzte große Ausbruch fand vor 12.900 Jahren statt.«

      »Trotzdem könnte der nächste schon morgen sein.«

      »Könnte, aber es ist nicht sehr wahrscheinlich.«

      »Das Unwahrscheinliche hinterlässt aber stets den größten Eindruck, nicht wahr?«

      »Doch, schon«, antwortete Britta, während Marlene sie ungeniert musterte.

      »Hallo, mein Freund, schön dich zu sehen.« Ein junger Mann mit dunklen Locken, der den gleichen Overall wie Marlene trug, war die Treppe des Podests heruntergekommen und reichte Kai die Hand.

      »Grüß dich, Tom. Eine gute Idee, das mit dem Restaurant.«

      »Allerdings, es übertrifft meine Erwartungen. Tom Leitner, Marlenes Bruder«, stellte er sich Britta vor.

      »Britta Kaufmann«, antwortete sie höflich.

      »Wir wollen euch nicht länger aufhalten. Wir sehen uns noch ein bisschen um«, sagte Kai und nahm Britta an die Hand.

      »Ja, macht das. Wir können nachher noch ein bisschen plaudern«, verabschiedete sich Tom mit einem freundlichen Lächeln.

      »Wer ist sie?«, hörte Britta Tom seine Schwester fragen.

      »Nur ein Feriengast«, antwortete Marlene.

      Nur ein Feriengast, das bedeutete wohl, dass sie genau wie Ulrike davon überzeugt war, dass Kai sie vergessen würde, sobald sie Bergmoosbach verlassen hatte. Sollen sie doch glauben, was sie wollen, dachte Britta, als sie Kai von der Seite anschaute und dieses wundervolle Kribbeln im Magen verspürte, das ihr verriet, wie gut er ihr gefiel.

      Nach ihrem Rundgang suchten sie sich einen Platz in der Nähe des Podestes und sahen zu, wie Tom, Marlene und drei weitere Glasbläser ihr Handwerk ausübten. Währenddessen trafen weitere Gäste ein, und bald waren alle Plätze besetzt.

      »Ich nehme einen Käse-Gemüseauflauf«, sagte Britta und klappte die in blaues Kunstleder gebundene Speisekarte wieder zu, die vor ihr auf dem Tisch lag.

      »Einmal Gemüseauflauf und einmal den Braten mit Kartoffelsalat«, gab Kai ihre Bestellung bei einem jungen Mädchen auf. »Was möchtest du trinken?«, wollte er von Britta wissen.

      »Eine Zitronenlimonade.«

      »Zwei Zitronenlimonaden, bitte«, wandte er sich an die Kellnerin, die sich für ihre Bestellung bedankte und gleich hinüber zur Küche eilte.

      »Ist Marlene deine Ex?«, stellte ihm Britta nun die Frage, die sie seit ihrer Begegnung mit der jungen Frau quälte. Marlenes Bemerkung, sie sei nur ein Feriengast, ging ihr nicht mehr aus dem Kopf.

      »Marlene und ich waren zusammen, das stimmt. Aber wie gesagt, wir sind nicht böse aufeinander, es war eines Tages einfach vorbei.«

      »Bist du sicher, dass sie das genauso sieht?«

      »Ich hoffe es.« Kai schaute zu Marlene, die ein fertiges Glas in die Höhe hielt und den Applaus des Publikums genoss. Als sie sich ihm zuwandte, sah er schnell zur Seite. Er war sich plötzlich nicht mehr sicher, was sie wirklich für ihn empfand.

      »Wo würdest du starten, wenn du als Rucksacktourist durch Südamerika reisen würdest?« Britta spürte, dass sie ihn wegen Marlene verunsichert hatte. Sie wollte ihn ablenken, damit er nichts Grübeln geriet.

      »Ich würde in Venezuela starten, über Brasilien und Bolivien nach Chile reisen. Dort bis nach Feuerland hinunter, über Argentinien wieder nordwärts nach Uruguay und von dort nach Hause.«

      »Eine interessante Reiseroute«, sagte sie und lies sich von ihm ausführlich erzählen, was er sich unterwegs ansehen würde.

      Auch während des Essens sprachen sie über diese mögliche Reise. Erst als Tom sich irgendwann zu ihnen setzte und auch Marlene dazu kam, beendeten sie dieses Thema und unterhielten sich über die Glasbläserei.

      Marlene verhielt sich nun auch ganz zurückhaltend gegenüber Kai, so als wär sie inzwischen wirklich nur gute Freunde.

      Das Licht der rustikalen Hängelampen und die großen Windlichter, die auf den Tischen standen, sorgten für ein zauberhaftes Ambiente. Britta saß Kai gegenüber, und es wurde ihr jedes Mal ganz warm ums Herz, sobald sie ihn ansah.

      Später, als sie und Kai aufbrachen und sich von Tom und Marlene verabschiedeten, drückte Marlene Britta eine kleine rote Schachtel in die Hand. »Es ist Zeit loszulassen«, flüsterte sie ihr zu und umarmte sie freundschaftlich.

      »Könnte es sein, dass du in ihr mehr siehst als die Touristin, die Kai bald wieder vergessen hat?«, wunderte sich Tom, nachdem Kai und Britta gegangen waren.

      »Was denkst du denn?«

      »Ich glaube, er ist dabei, sich ernsthaft zu verlieben.«

      »Genau das glaube ich auch, nachdem ich die beiden länger zusammen gesehen habe«, stimmte Marlene ihm zu. »Ich werde mich wohl nach einem anderen umschauen müssen«, seufzte sie und hakte sich bei ihrem Bruder unter.

      »Ich bin sicher, dass das nicht allzu schwierig für dich sein wird«, entgegnete er lächelnd und schaute auf die beiden elegant gekleideten jungen Männer, die gerade den Hof überquerten und Marlene mit offensichtlicher Bewunderung betrachteten.

      »Aber ich werde nichts überstürzen. Immerhin wird derjenige mit Kai mithalten müssen.«

      »Du musst nur richtig hinsehen, dann klappt das schon, Schwesterchen«, sagte Tom und hauchte Marlene einen Kuss auf die Wange, bevor sie wieder in die Scheune hineingingen.

      *

      Nachdem sie den Parkplatz verlassen hatten und den Waldweg zur Straße entlangfuhren, klappte Britta das beleuchtete Handschuhfach auf und öffnete die kleine Schachtel, die Marlene ihr gegeben hatte.

      »Was ist es?«, fragte Kai, der sich über diese Geste seiner Ex-Freundin gewundert hatte.

      »Sie hat mir das Buschbaby geschenkt.« Britta schaute verblüfft auf die kleine Glasfigur, deren Augen sie direkt anzublicken schienen.

      »Hat sie etwas dazu gesagt?«

      »Sie hat gesagt, dass es Zeit sei loszulassen.«


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