Die Orbit-Organisation. Anne M. Schüller

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Die Orbit-Organisation - Anne M. Schüller


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Sinn, sich von externen Profis inspirieren zu lassen. Außerdem können Pioniere wertvolle Denkanstöße liefern. Doch gedankenlos nacheifern darf man ihnen nicht. Was bei dem einen großartig funktioniert, kann anderswo grandios scheitern.

      Eins braucht es allerdings in jedem Fall: den Grundsatzentscheid, den Umbau als solchen loszutreten. Denn ohne einen ausdrücklich bekundeten Willen, der von der Führungsspitze ausgehen muss, wird jede organisationale Metamorphose zum Rohrkrepierer. Zudem hat die oberste Stelle die strikte Obliegenheit, das Umbauprojekt zu schützen, zu unterstützen und zu begleiten. In Kapitel neun dazu mehr.

      Doch kann der organisationale Erneuerungsschalter in einem Ruck umgelegt werden? In wenigen Einzelfällen ist das sicher möglich. Doch normalerweise, das sagen alle, die Transformationsprozesse hinter sich haben, sollte das Pendel nicht zu überhastet oder zu hart in Richtung Hierarchiefreiheit und Selbstorganisation schwingen. Wer alle Wände gleichzeitig einreißt, dem fällt das Dach auf den Kopf. Nur ganz wenige meinen, man müsse zunächst einen Radikalschnitt machen. Das sind wohl in erster Linie die, die an Lizenzen oder Beratungsmandaten verdienen. Utopien sind zwar schön, doch praxistaugliche Vorgehensweisen sind besser. Eine entscheidende Frage ist damit diese:

       Was ist die minimal notwendige Machthierarchie, die minimal notwendige Ordnungsstruktur und die maximal mögliche Form der Selbstorganisation?

      Anstatt sich in monströsen Transformationsprojekten zu vertrödeln, die ewig dauern, obwohl doch eigentlich niemand noch länger warten kann, empfehlen wir, mit einzelnen Trittsteinen rasch zu beginnen. Viele der im Verlauf dieses Buches vorgestellten Maßnahmen lassen sich für einen schrittweisen Übergang nutzen, ohne dass gleich alles komplett über Bord gehen muss. Denn wir Menschen sind von Natur aus auf schnelle Ergebnisse aus. Kleine, schnell umsetzbare Schritte kommen dieser Neigung entgegen. Außerdem machen Erfolgsstorys zügig die Runde – und dann Hunger auf mehr.

      Wenn man so vorgeht, werden zentrale Instanzen zwar aufgebrochen, Führung ist aber noch vorhanden, vor allem da, wo es um strategische Entscheidungen geht. Wer versucht, Hierarchien mit Gewalt einzuebnen, sorgt für ein Vakuum, in dem sogleich wieder Machthierarchien entstehen. Denn Gemeinschaften brauchen ein Ordnungssystem – und genügend Struktur, um die unerlässliche Qualität sicherzustellen und Abwege möglichst frühzeitig auszuschließen. Das muss auch jedes Start-up lernen, sobald es größer wird.

      Doch niemand braucht einen Wasserkopf. Klassische Managementformationen sind die meiste Zeit mit sich selbst beschäftigt. Sie unterhalten ausufernde Planungs-, Kontroll- und Reportingstrukturen. Sie verlieren sich in endlosen Abstimmungsschleifen und verirren sich im eigenen Vorschriftengeflecht. Binnenorientierte Bürokratie kostet unglaublich viel Kraft, weil alles in starren Vorgehensweisen und politischen Spielchen versinkt. Massenhaft wird geklagt, dass für die eigentliche Arbeit höchstens die Hälfte der Zeit übrig bleibt, ein Großteil gehe für »Organisation« drauf, das ganze ärgerliche Drumherum. Das ist doch der helle Wahnsinn! Pure Ressourcenverschwendung, die nur kostet, aber zu keinerlei Wertschöpfung führt!

      »Es gibt nichts, was nutzloser wäre, als mit großer Effizienz eine Arbeit zu verrichten, die überhaupt nicht verrichtet werden sollte«, sagt Managementpapst Peter Drucker. Und der Publizist Wolf Lotter ergänzt: »Die alte Organisation ist von und für Bürokraten gemacht. Sie ist innovationsfeindlich. Sie drängt Erneuerungen an den Rand.« Kein einziges Unternehmen kann sich das heute noch leisten. Eine »Next Organisation« ist bitter vonnöten. Dafür haben wir das Orbit-Modell entwickelt.

      Die Orbit-Organisation: Unternehmensmodell für die digitale Zukunft

      Wer das Organisationsredesign lostreten will, den bringen Appelle (»Wir müssen jetzt endlich agiler werden!«) nicht weit. Fehlen nämlich die Perspektiven, dann gerät Wandel schnell zur Bedrohung. Hier tritt unser Denkmodell auf den Plan. Es zeigt die Grundidee einer Unternehmensstruktur für heute und morgen, die für alle Seiten einträglich ist. Wir nennen sie das Orbit-Modell.

      Orbit-Unternehmen erzeugen Anziehungskraft. Für die Kunden sind sie ein Sehnsuchtsort. Und für die Mitarbeiter sind sie ein Heimathafen. Sie sind geprägt von Miteinander statt Gegeneinander und von ständiger Bereitschaft zum Wandel. Hier arbeiten Hochleistungsteams zugleich für das Wohl ihres Arbeitgebers und das der Kunden. Am Ende des Wegs steht eine Organisation, die für unsere digitale Zukunft hervorragend aufgestellt ist: zugleich hochrentierlich – und zutiefst human.

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      Abb. 2: Das Orbit-Modell© von Schüller / Steffen mit seinen Aktionsfeldern

       Das Orbit-Modell ist eine Organisationsinnovation. Das grundsätzlich Neue daran zeigt sich wie folgt:

      imageDer Purpose: Im Zentrum der Organisation steht ein kraftvoller Purpose, der Daseinssinn eines Unternehmens für die Kunden und alle Mitarbeitenden. Wie der Kern einer Frucht sichert dieser Purpose das Überleben am Markt.

      imageDie Stellung der Kunden: Die viel beschworene Kundenzentrierung wird in diesem Modell sofort sichtbar. Die Kunden scharen sich um den Purpose, weil er für sie anziehend und unterstützenswert ist. Alle Mitarbeitenden, Führungskräfte und Partner kreisen um die Kunden – auf Augenhöhe und in dynamischer Interaktion.

      imageDie Stellung der Mitarbeiter: Sie stehen nicht länger unten in einer Hierarchie, sondern agieren gleichrangig in einem Kreis mit den Führungskräften und den Partnern des Unternehmens gemeinsam auf das Kundenwohl hin. Operative Entscheidungen treffen die Mitarbeiter dezentral und crossfunktional.

      imageDie Stellung der Führungskräfte: Die Führungskräfte sind nicht von den Kunden separiert. So wird Kundennähe in unserem Modell nicht nur sichtbar gemacht, sondern auch tatsächlich gelebt. Die Zusammenarbeit mit den Mitarbeitern und Partnern des Unternehmens funktioniert gleichberechtigt und Hand in Hand.

      imageDie Bedeutung der Partner: Längst bringen die Schwächen, die sich bei herkömmlichen Corporates in Bezug auf den transformativen Wandel zeigen, immer mehr Unternehmen dazu, an Innovationszentren anzudocken, eigene Innovation-Labs aufzubauen, digitale Einheiten auszugründen und / oder mit passenden Start-ups zu kooperieren. Solche strategischen Alliierten sind die neuen Innovationshelfer und Wachstumstreiber. Die jungen »Davids« machen die alten »Goliaths« stark – und katapultieren sie in die Zukunft.

      imageDie Brückenbauer: Wenn sich in der Außenwelt alles vernetzt, muss das auch drinnen im Unternehmen passieren. Hierzu werden Brückenbauer gebraucht, die interdisziplinäre Verbindungen schaffen und das »Sowohl-als-auch« moderieren. Sie schließen die Kluft zwischen drinnen und draußen, zwischen oben und unten, zwischen Mensch und Denkmaschine. Zudem werden externe Fürsprecher und Mitgestalter benötigt, die dafür sorgen, dass neue Kunden kommen und kaufen.

      imageDie Stellung der Geschäftsleitung: Die Geschäftsleitung symbolisiert nicht die Spitze, sondern das Fundament einer Firma und sorgt für die notwendige Stabilität. Sie ist verantwortlich für die Transformationsstrategie. Sie ist zudem das Bindeglied in Richtung Öffentlichkeit. Und sie ist Brückenbauer in Richtung Zukunft.

      imageDie eingebaute Dynamik: Kreise sind ein typisches Merkmal


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