Atlan-Paket 16: Im Auftrag der Kosmokraten (Teil 2). Hans Kneifel

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Atlan-Paket 16: Im Auftrag der Kosmokraten (Teil 2) - Hans Kneifel


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sehr lange Bestand haben würde, wurden die Innenwände in diesem Fall nicht aus dem Zeltmaterial hergestellt, sondern aus zwei Komponenten zu festen Wänden aufgeschäumt. Auch dies verstärkte die Festigkeit der Gesamtkonstruktion.

      »Ein Schlafzimmer, ein großer Wohnraum, zwei Abstellkammern und eine Küche«, zählte Dhota auf. »Hier können wir es monatelang aushalten.«

      Sie hatten sich zu einer kleinen Verschnaufpause hingesetzt, die Rücken an die elastische Wandung des Zelthauses gelehnt. Der Blick ging frei über die Senke hinüber zur Ebene.

      »Wenn man uns lässt«, murmelte Seealee.

      »Warum nicht?«, fragte Dhota zurück. »Die schlimmen Zeiten sind vorbei. Die Ligriden ziehen sich mehr und mehr zurück, die Daila sind dabei, sich untereinander auszusöhnen – und da Sytt sehr weit am Rand des Daila-Einflussbereichs liegt, haben wir von den Auseinandersetzungen der letzten Zeit so gut wie nichts mitbekommen. Was soll uns jetzt noch bedrohen?«

      »Das Neue Konzil«, begann Seealee.

      Dhota machte eine abwehrende Geste.

      »Dafür sind die Sonne Sytt und dieser Planet Rawanor viel zu unwichtig.«

      Dhota war fast immer optimistisch. Das lag vielleicht an seiner einmaligen Gabe, aus jeder nur denkbaren Klemme einen Ausweg zu finden. Nicht zuletzt dieser Fähigkeit wegen war er zum Planetar gewählt worden. Auf einem Planeten mit insgesamt nur sieben Millionen Daila-Kolonisten war dieses Amt allerdings nicht so belastend wie auf Welten mit mehr Einwohnern.

      Die beiden setzten ihre Arbeit fort. Während Seealee nach und nach das Mobiliar aus dem Gleiter schaffte und im Innern des Zelthauses aufbaute, war Dhota damit beschäftigt, die Energieversorgung der Unterkunft sicherzustellen.

      Ein paar Dutzend Meter von dem Haus entfernt breitete er die glänzenden Flächen der Photonenwandler aus. Diese beschichteten Folien wandelten Photonen hochwirksam in verwendbaren elektrischen Strom um, mit dem die einzelnen Anlagen des Zelthauses betrieben wurden – die Lufterneuerung ebenso wie Kühlschrank und Interkom.

      Die Ladefläche des Gleiters wurde allmählich leerer. Dhota verband die Photonenwandler mit der Versorgungszentrale im Innern des Zelthauses. Zufrieden stellte er fest, dass er einwandfrei gearbeitet hatte.

      Langsam begann Sytt unterzugehen. Im Osten stieg der größte der drei Monde des Planeten am Himmel auf. Seine zernarbte Oberfläche warf gerade genug Sonnenlicht auf den Planeten, dass man bei Nacht Konturen erkennen konnte. Nur wenn die beiden anderen Monde auch sichtbar waren, konnte man mehr sehen.

      »Es wird dir gefallen«, meinte Dhota, als er wieder eine Pause einlegte. »Da bin ich mir ganz sicher.«

      Seealee lächelte.

      »Hast du keine Lust nach Aklard zu ziehen?«, wollte sie wissen.

      Dhota schüttelte energisch den Kopf.

      »Kein bisschen«, antwortete er entschieden. »Aklard ist mir zu bevölkert.«

      Von den Bergen her strich ein sanfter Wind durch das Tal. Seealee sah hinüber zu den schwach erkennbaren Häusern der Stadt Rawargh, der Hauptstadt des Planeten.

      Das Leben hier verlief in stetem Gleichmaß, nur selten kam es zu Aufregungen und Schwierigkeiten. Viele Rawanorer hatten es vorgezogen, sich weit entfernt von der Stadt anzusiedeln. Sie kamen nur nach Rawargh, um dort ihre Vorräte aufzufrischen, wenn es nötig war, und Luxus einzukaufen, der von Aklard oder anderen Daila-Welten importiert werden musste.

      Wie viele andere auf Rawanor hatten sich auch Seealee und Dhota mehr um ihre eigenen Belange gekümmert als um die große galaktische Politik in Manam-Turu. Sie wussten über wesentliche Dinge Bescheid, Einzelheiten und Feinheiten kümmerten sie nicht. Zudem hatte Rawanor den Vorteil, dass es dort keinen einzigen Mutanten gab – die üblichen Schwierigkeiten mit psi-begabten Daila blieben daher aus.

      Dhota überprüfte noch einmal die Verankerung des Zelthauses und nickte zufrieden.

      »Selbst Winterstürme werden uns nichts anhaben können«, meinte er.

      Unverdrossen setzten die beiden die Arbeiten fort. Bis zum Sonnenuntergang wollten sie das Zelthaus bezugsfähig gemacht haben.

      Seealee hob verwundert die Brauen, als sie Dhota plötzlich mit einem Jagdlaser in der Hand sah.

      »Du willst noch auf die Jagd gehen?«, fragte sie.

      »Warum nicht?«, gab Dhota zurück. »Noch habe ich Zeit dafür. Und von Vorräten werden wir noch lange genug leben müssen.«

      »Und was für Tiere gibt es hier in der näheren Umgebung?«

      Dhota breitete die Arme aus.

      »Du wirst einen repräsentativen Querschnitt durch die ganze Fauna von Rawanor finden«, erklärte er. »Wir werden uns von dem ernähren können, was die Natur hergibt.«

      Wider Willen musste Seealee lächeln. Dhota war alles andere als eine Kämpfernatur. Mit einem Jagdlaser in der Hand sah er schon ein wenig verwunderlich aus – ihn sich auch noch als Ackerbauern vorzustellen, überstieg Seealees Kräfte.

      »Und wenn du ein Zischen hörst«, fuhr Dhota fort, »dann suche das Weite.«

      »Ich weiß, wie sich der Warnlaut von Springschnecken anhört«, gab Seealee zurück.

      Die Springschnecken waren eine der eigentümlichsten Lebensformen auf Rawanor – knapp einen Meter lange, dreißig Zentimeter dicke Mollusken ohne Gehäuse. Ihre Namen trugen sie nach ihrer Fähigkeit, Hindernisse von bis zu drei Metern Höhe mit einem Satz überwinden zu können.

      Der Schleim, den die Springschnecken auf ihren Märschen absonderten, hatte es in sich. Man hätte Raumschiffe damit zusammenkleben können; Schweißnähte oder Nieten hätten nicht stabiler sein können. Leider hatte sich bisher kein Material finden lassen, das man nicht mit diesem Schleim hätte kleben können – folglich gab es keine Geräte, mit denen man den Stoff hätte sammeln können.

      Der wichtigste Grund aber, die Springschnecken in Ruhe zu lassen, war der Legestachel.

      Dieser Stachel sonderte eine Flüssigkeit ab, eine kaustische Säure, die jedes bekannte Material zerfraß. Zwar reichte der winzige Tropfen, der bei einem Stich frei wurde, schon aus stöchiometrischen Gründen nicht aus, ein Lebewesen zu töten – aber bei der chemischen Reaktion der Säure mit organischem Gewebe wurde ein Giftstoff frei, den bisher niemand hatte untersuchen können. Die Wirkung auf Daila jedenfalls war so schrecklich, dass es sich in Rawanor eingebürgert hatte, lieber Selbstmord zu begehen als den Tod durch dieses Gift zu erleben.

      Glücklicherweise waren die Springschnecken harmlose Geschöpfe, nahezu frei von Aggressionen; außerdem kündeten sie ihr Vorhandensein mit einem unverkennbaren Zischlaut an, den jedes Lebewesen auf Rawanor zu respektieren gelernt hatte.

      »Ich bin bald wieder zurück«, versprach Dhota. »Mit einem saftigen Braten für den Abend.«

      »Viel Glück«, wünschte Seealee.

      Dhota entfernte sich. Sytt war noch tiefer gesunken. Es konnte nicht mehr lange dauern, bis die Nacht anbrach.

      Seealee kehrte in das Zelthaus zurück. Die Lüftung arbeitete einwandfrei, auch die Fußbodenheizung funktionierte ohne Komplikationen.

      Seealee pfiff vergnügt vor sich hin, während sie die letzten Habseligkeiten in Schränken und Kisten verstaute. Der Wind war kräftiger geworden. Seealee sah nach oben. Wolken trieben über den abendlichen Himmel – vielleicht würde es ein Gewitter geben.

      Sie verließ das Haus. Wenn es Regen gab, war es besser, das Verdeck des Gleiters zu schließen. Sie streckte gerade die Hand nach dem Schalter aus, als sie ein durchdringendes Zischen hörte.

      Seealee schrak zusammen.

      Das Geräusch stammte unverkennbar von einer Springschnecke.

      Seealee sah sich um. Sie wollte dem Tier ausweichen, sobald sie es zu sehen bekam.

      Rings um den Standplatz


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