Perry Rhodan 3062: Zeut. Susan Schwartz

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Perry Rhodan 3062: Zeut - Susan Schwartz


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kontern können: Die Liga verfügte über 3000 kampffähige Schiffe – allerdings verteilt auf 30 besiedelte Sonnensysteme, wobei das Solsystem als Heimat den Schutz von imposanten 900 Einheiten genoss. Selbstverständlich wurden nun weitere Schiffe herbeibeordert, aber die Regierung durfte keines der anderen Systeme vollständig seines Schutzes berauben. Zudem würde es dauern, bis Entsatz aus den Kolonien eintraf.

      Zahlenmäßig genossen die Topsider daher bis auf Weiteres eine leichte Übermacht. Ganz davon abgesehen, dass die Echsen dem Wissensstand des TLD zufolge insgesamt mehrere zehntausend Schiffe aufbieten konnten. Vorsichtige Schätzungen gingen von rund 30.000 Kriegsschiffen unterschiedlicher Kampfkraft und Größe aus, die sich allerdings ebenfalls über die Sonnensysteme des Sternengeleges verteilten, und das waren immerhin mehr als 200.

      Waffentechnisch befanden sich die beiden Zivilisationen etwa auf Augenhöhe. Sollten die aktuellen Geheimdienstinformationen stimmen, gab es für die Terraner sogar einen leichten Vorteil im Einzelkampf Schiff gegen Schiff kam.

      Eines jedoch stand fest: Insgesamt waren die Topsider stärker, und dass bald weitere Flotten eintrafen, bezweifelte niemand. An dieser mehr als düsteren Grundlage gab es nichts zu rütteln.

      Die 40 Topsiderraumer der ersten Angriffswelle trafen auf die terranische Verteidigungsflotte – fast genau an dem Punkt, den Ghizlane prognostiziert hatte. Gemeinsam mit Perry Rhodan starrte sie das Holo an und verfolgte diese erste Schlacht, ohne eingreifen zu können.

      Ihr blieb nur, aus der Ferne zu beobachten und Rückschlüsse zu ziehen.

      Es war zu wenig. Viel zu wenig, wenn dort draußen Menschen starben. Aber das war das Los einer Kommandantin.

      Sie sah die schematischen Darstellungen der Ortungsechos. Am Rand des Holos standen Zahlen, die die terranischen und die topsidischen Schiffe listeten.

      Zahlen, die sanken.

      40 Einheiten der Echsen.

      39.

      Ein Flackern.

      36.

      Ein Flackern, sonst nichts. Ein Ortungsecho. Vernichtete Schiffe. Tausend tote Lebewesen.

      Es erschütterte sie, und dabei spielte es keine Rolle, dass es sich in diesem Fall um die Leben von Feinden handelte. Vier zerstörte Echsenschiffe ... und am anderen Rand sackte die Zählung um sieben Einheiten ab.

      Ghizlane Madouni spürte eisige Kälte.

      Multipliziere die Zahl der Schiffe mit der Besatzungsstärke ... aber dann hast du auch nur eine Zahl. Erinnere dich an die, die du kennst, und du spürst einen Bruchteil des Schmerzes, der von diesen Zahlen ausgeht und sehr viel mehr treffen wird ...

      Und genau deswegen durfte jedes vernichtete Schiff und jeder Tote für Ghizlane nicht mehr als eine Zahl sein, solange sie als Kommandantin des Flaggschiffes diente, das über Terra stand und die Stellung hielt.

      Sie hatte den Oberbefehl über die Gesamtflotte, und allein das musste sie im Blick behalten. Was sie im Holo sah, waren keine tausend Schicksale, die ihr die Seele zerrissen. Das durften sie nicht sein.

      Noch nicht.

      Falls sie selbst diesen Krieg überlebte, würde sie die Trauer zulassen. Vorher nicht.

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      Illustration: Swen Papenbrock

      »Die Topsider werden den Mars nicht erreichen«, sagte Rhodan.

      »Weil sie es nicht dürfen«, ergänzte sie verbissen.

      »Weil sie es nicht wollen. Es ist nicht ihr Ziel. Sie testen mit diesem ersten Vorstoß nur aus. Sie demonstrieren, dass es ihnen Ernst ist.«

      »Das ist doch Wahnsinn!«

      Er sah sie an, nickte. »Wann wäre ein Krieg etwas anderes gewesen als Wahnsinn? Aber uns ist keine Wahl geblieben.«

      »Wirklich?«

      Rhodan starrte stumm vor sich hin. Sein Gesicht blieb unbewegt.

      Die Zahlen sanken weiter, und an diesem nüchternen Ort, in der Zentrale der ORATIO ANDOLFI, sah es unspektakulär aus. Draußen im All, wo die Waffen sprachen, jagten Energiestrahlen umher, detonierten topsidische Raumbomben, barsten Schiffshüllen, starben und schrien Lebewesen.

      Endlich drehte die erste Truppe der Angreifer ab, nahm Kurs auf den Neptunmond Triton und schoss auf eine Raumstation, die nach wenigen Sekunden zerbarst. Es war eine unbemannte Robot-Forschungsstation.

      Die Echsen zogen sich zurück und vereinten sich mit der wartenden Hauptflotte.

      Es würde nicht lange dauern, bis andere Schiffe ausschwärmten, vielleicht ein Dutzend oder mehr kleinere Einsatztrupps, die viele Ziele im Solsystem unter Feuer nahmen. Aber zunächst herrschte Ruhe, trügerisch und unberechenbar.

      »Was tun wir?«, fragte Ghizlane.

      »Du fragst mich, Kommandantin?«

      »Du bist Perry Rhodan. Ich wäre eine Närrin, würde ich nicht deinen Rat einholen. Hältst du mich etwa für eine Närrin?«

      »Die Topsider sind uns überlegen«, stellte er fest.

      »Ach?«, machte sie. Sie hatte von Perry Rhodan viel erwartet, aber nicht einen solchen Allgemeinplatz. Das war alles andere als hilfreich, schließlich wusste sie das längst. Seit sich die Katastrophe abzeichnete, hatte sie deshalb keine Sekunde Schlaf gefunden.

      Rhodan schwieg einen Moment und sah sie nur an. Seine Iriden waren graublau. Auf dem rechten Nasenflügel gab es eine kleine Narbe. Er strahlte Ruhe aus. »In solchen Situationen bewährt sich meiner Erfahrung nach vor allem eines.«

      »Der Mut der Verzweiflung?«

      Etwas schien in den Augen aufzublitzen. »Ein Bluff.«

      *

      Der Mann hielt seine Brille am Bügel und setzte sie sich geradezu provozierend langsam auf. Seine Gesichtshaut war sonnengebräunt, die Haare weißblond. Sie hingen über die Stirn bis zu den Augenbrauen und formten im Nacken drei dünne Zöpfe, die über die Schultern fielen.

      »Ich bin Pierran Longat.« Ehe er die Brille losließ, tippte er den Rand kurz an. Die Gläser verdunkelten sich, seine Augen verschwanden hinter spiegelnden, schwarzen Flächen.

      »Angenehm«, log Ghizlane. Er war ihr vom ersten Augenblick an unsympathisch.

      Es gab nur fünf Menschen, die in Rhodans Idee eingeweiht waren: Sie selbst, ihr Sicherheitschef Torr Nishal, Residentin Orfea Flaccu, der TLD-Direktor Sloud Silverman ... und eben Pierran Longat, der das kosmopsychologische Institut der Universität von Terrania leitete.

      Das Werk, das seinen akademischen Ruhm begründet hatte, hieß: Die Supermacht der Echsen – das Sternengelege. Analyse eines vorherrschenden Volkes im zweiten Ast des Dyoversums. Als Perry Rhodan nach einem Experten im Umgang mit den Topsidern gefragt hatte, war der Residentin sofort sein Name eingefallen; sie hielt große Stücke auf ihn. Und Ghizlane wiederum vertraute Orfea Flaccus Einschätzung. Sympathien – oder Antipathien – musste man in einer Situation wie dieser vernachlässigen.

      Also waren sie zu einer Besprechung zusammengekommen, in diesem Raum im dritten Untergeschoss des Solaren Hauses, abseits jeglicher öffentlicher Prestigezimmer. Eine weitgehend schmucklose Umgebung mit einigen Stühlen und einem schlichten Holztisch, auf dem gefüllte Wassergläser standen, auf reich verzierten Untersetzern aus Kork. Ghizlane wusste, dass Orfea Flaccu diese kleinen Kunstwerke in ihrer Freizeit selbst herstellte; offenbar hatte die Residentin höchstpersönlich alles eingepackt und in diesen Raum getragen.

      Dort waren fünf Menschen zusammengekommen, von denen die Zukunft der Terraner abhing. Sie konnten einen Krieg beenden und vielleicht Millionen Leben retten.

      Ghizlane war mit ihrem Sicherheitschef und Perry Rhodan in einem Beiboot nach Terra geflogen, wo Silverman, Longat und Residentin Flaccu bereits gewartet hatten. Für die


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