Der Diwan. Mohammad Schemsed-Din Hafis Hafis

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Der Diwan - Mohammad Schemsed-Din Hafis Hafis


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Wein; denn nichts hat sie als Wächterin

      Uns hier zu schaffen.

      Wenn du dein Herz der Liebe gibst,

      Ists gute Zeit und gute Dinge

      Brauchen nicht Rat erst.

      Dein Auge frag, wer mich erschlug,

      Mein süßes Kind! dies kömmt nicht meinem

      Schicksal zu Schulden.

      Wie für den Neumond brauchts für Sie

      Ein scharfes Auge, denn nicht jeder

      Schauet den Mondkreis.1

      Benütz’ die Trunkenheit mit Klugheit,

      Der Weg dazu ist, wie ein Schatz, nicht

      Jeglichem offen.

      Hafisens Träne rührt dich nicht,

      Bestaunenswürdig ist dein Herz, es

      Weicht nicht dem Marmor.

      1Um den neuen Mond, der den Monat der Faste anfängt und beschließt, zu beobachten, werden auf erhabenen Orten besondere Beobachtungen angestellt. Aber es braucht gute Augen, um denselben, sobald er sichtbar ist, wahrzunehmen; so ist es auch nicht jedem gegönnt, deinen Neumond, das ist deine Schönheitsform im Neulichte, zu schauen.

      LVII.

      Ein Wörtlein hörte ich, das Jakob einst gesagt,

      Der Schmerz der Trennung von dem Freund wird nicht gesagt,

      Was uns der Prediger vom jüngsten Tag erzählt,

      Hat er als Gleichnis nur vom Tag der Flucht gesagt.

      Wer gibt mir Kunde von dem fortgereisten Freund,

      Der Ost hat alles so verwirret angesagt.

      Vertreibt den alten Gram mit Wein, mit altem Wein,

      Dies macht das Herz vergnügt, so hat der schlaue Greis gesagt.1

      O weh! Der Freunde Feind, der liebelose Mond,

      Hat ohne Müh’ den Freunden Lebewohl gesagt.

      Ich will getrost, selbst Nebenbuhlern dankbar sein,

      Mein Herz, gewohnt an Schmerz, hat Arznei’n entsagt.

      Vertrau nicht auf den Wind, selbst wenn er günstig bläst.2

      Dies Sprichwort hat zu Salomon der Ost gesagt.

      Gibt dir das Schicksal Frist, verlasse nicht den Weg,

      Wer sagt, dass eine Metze dem Betrug entsagt?3

      Du frag nicht um Warum und Wie, ein treuer Knecht

      Vollzieht ein jedes Werk, das ihm sein Sultan sagt.

      Wer sagt, es sei Hafis von dir zurückgekehrt?

      Ich nicht. Wer’s sprach, hat aus Verleumdung es gesagt.

      1Der Alte von Kanaan, d.i. Jakob wie Joseph, der Mond von Kanaan.

      2Diese Weisheitslehre musste also schon Salomon von seinem Reitpferd, dem Ostwind, anhören.

      3Das Schicksal, die Welt, das Glück wird von den persischen Dichtern immer als ein betrügerisches altes Weib personifiziert. Das Letzte (wie ein persischer Dichter so schön es malet), nicht blind, hat ein Auge, aber nicht auf der Stirne, sondern auf dem Scheitel des Kopfes. Es tappt mit den Händen herum, um Menschen zu greifen, statt deren es aber meistens nur Esel greift, die es hinaufhebt bis zum Scheitel, um zu sehen, was es gegriffen. Sobald es sieht, dass es Esel statt Menschen sind, wirft es dieselben ferne von sich und greift dafür andre Esel.

      LX.

      Noch niemand sah dein Angesicht,

      Doch harren dein schon tausend Nebenbuhler;

      Noch in der Knospe harren dein

      Schon tausend Nachtigallen.

      Wenn ich mich deiner Wohnung nah’,

      Was nimmt es dich, sprich, was nimmt es dich wunder?

      Unendlich viel der Fremden gibts

      Im Lande, die mir gleichen.

      So weit bin ich von dir entfernt,

      O möchte niemand sich von dir entfernen!

      Doch des Genusses Hoffnung ist

      Sehr nahe mir gelegen.

      Die Kloster- und die Schenkenluft1

      Sind wenig voneinander unterschieden,

      Das Antlitz des Geliebten strahlt,

      Wo immer es sich findet.

      Wo frommer Zellen heilig Werk

      Betrieben wird mit regem Geist und Eifer,

      Dort tönt des Mönches Glockenschall,

      Dort tönt des Kreuzes Name.

      Ist ein Geliebter, welcher nicht

      Den Liebenden des Anschauns würdig hielte?

      Ich bin nicht krank, und wenn ichs bin,

      So ist der Freund beihanden.

      Hafisens Klagen um den Freund

      Sind doch zuletzt nicht in den Wind gesprochen.

      Sie sind ein altes Fabelbuch

      Und eine Wundersage.

      1Nicht nur die mystischen Kommentatoren Schemi und Saruri, sondern auch selbst Sudi meint, dass hier unter der Klosterliebe der Islam und unter der Schenkenliebe alle übrigen Religionen verstanden würden, und dass Hafis habe sagen wollen, es gelte gleich viel, Gott auf diese oder jene Art anzubeten. Dies wollen wir nun auch so verstanden wissen, obgleich die darauf folgenden Strophen zur Vermutung berechtigen, dass sowohl die Kloster- als auch die Schenkenliebe im eigentlichen Sinne genommen ist.

      LXI.

      In deinem Locken-Netz hat sich mein Herz verstricket,

      Durchbohr’s mit einem Blick, es hat es wohl verdienet.

      Wenn meines Herzens Wunsch von deinen Händen kommet,

      Sei schnell, es ist das Gute hier an seinem Orte.

      An deiner Seite schwör’ ich es, mein süßer Abgott,

      Wie Kerzen will ich mich des Nachts für dich verbrennen.

      Als du auf Liebe sannst, Bülbül, hab’ ich gesprochen:

      Tu’s nicht, denn selbstisch sorgt die Rose ihretwegen.1

      Der Moschus Sinas braucht nicht erst des Rosenduftes,2

      Die Blase nimmt den Wohlgeruch vom eignen Kleide.

      Geh nicht in den Palast empfindungsloser Herren,

      Der Schatz des Heiles liegt zu deinen eignen Füßen.

      Verbrannt ist zwar Hafis, allein im Bund der Liebe

      Hält er stets fest, was Treue sich bedinget.

      1Der durch das ganze Gasel laufende Reim ist chuischten est, d.i. selbst ist, durch dessen Beibehaltung das Deutsche hie und da vollends unverständlich geworden wäre, teils wegen der unnatürlichen Versetzung des Hilfszeitwortes, teils wegen der verschiedenen Bedeutung des persischen Chuischten, das nicht allein selbst, sondern auch sein Eigen bedeutet und hier bald in einem, bald in dem andern Sinne genommen wird.

      2Moschus aus Tschin und Thigil, d.i. aus Sina und Tutistan bedarf des Rosenduftes


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