Der Diwan. Mohammad Schemsed-Din Hafis Hafis

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Der Diwan - Mohammad Schemsed-Din Hafis Hafis


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      Ich bin ein Bettler! – Ihr Genuss!

      O wehe der Verwirrung!

      Vielleicht kann ich im Traume sehn

      Das schöne Bild der Freundin.

      Es zittert auf mein hohes Herz

      Wie Weiden leicht beweglich,

      Aus Sehnsucht nach dem hohen Wuchs

      Der Pinie der Freundin.

      Wiewohl die Freundin mich für nichts

      Erkaufet hat zum Sklaven,

      So geb’ ich doch um eine Welt

      Kein Haar vom Kopf der Freundin.

      Was nützt es wohl, wenn auch das Herz

      Hafisens frei vom Gram ist,

      Er bleibet doch der treue Knecht,

      Er bleibt der Sklav’ der Freundin.

      XIII.

      Komm! es ruht der Palast der Hoffnung auf lustigen Pfeilern,

      Komm und bringe mir Wein, unsere Tage sind Wind.

      Gerne weih’ ich als Sklav mich jenem mutigen Geiste,

      Der auf der weiten Welt aller Verbindung entsagt.

      Soll ich dir sagen, wie gestern der Lichtbot’ himmlischer Freuden

      In die Schenke zu mir heimliche Kunde gebracht.

      O hochfliegender Falk’! du wohnst auf dem Baume des Lebens,

      Dieser Winkel des Grams ziemet dir übel zum Nest.

      Horch! sie rufen auf dich herab von den Zinnen des Himmels,

      Wahrlich, ich weiß nicht, was hier in dem Netze dich hält.

      Ich erteile dir Rat, merk ihn und handle nach solchem,

      Denn ich habe das Wort selber vom Meister gelernt.

      Such nicht Glauben und Treu’ bei der Welt der leichtfertigen Dirne,

      Tausend Werber ja hat diese verrufene Braut.

      Kümmere dich nicht um die Welt, und meine Lehren vergiss nicht;

      Diesen verliebten Scherz ließ mir ein Wandrer zurück.

      Gib dich in das, was geschehn, enthülle die Stirne von Locken,

      Weder mir noch dir hat man gegeben die Wahl.

      Weder Dauer noch Treu’ bezeichnet das Lächeln der Rose

      Liebende Nachtigall, klag’! Stoffes zu Klagen genug!

      Was beneidest du Hafisens strömende Verse?

      Wiss’, es hat ihm ein Gott Anmut der Rede verliehn.

      XVII.

      Der Garten Edens ist die Zelle der Derwische.

      Es quillt ein Ehrenquell im Dienste der Derwische.

      Der Schatz der Einsamkeit mit feinem Talisman

      Wird nur gehoben durch die Blicke der Derwische.

      Die Sonne legt die Krone ihres Stolzes nieder,

      Vor jenem Scheine, der umstrahlet die Derwische.

      Des Himmels herrlichster Palast mit seinem Hüter

      Ist nur ein Schatten von den Fluren der Derwische.

      Der Stein der Weisen, der durch Glanz des Herzens Eisen

      In Gold verkehrt, liegt in dem Umgang der Derwische.

      Das Heer des Unrechts ist von Pol zu Pol gelagert,

      Allein des Siegs Gelegenheit ist für Derwische.

      Suchst du die Herrschaft, die kein Untergang bedrohet,

      Hör’s ohne Groll, dies ist die Herrschaft der Derwische.

      Chosroen sind der Nöten und der Bitten Kibla,1

      Warum? Sie selber sind die Diener der Derwische.

      O Reicher, prahle nicht mit deinem Glanz und Stolze;

      Denn Gold und Silber ist ein Segen der Derwische.

      Der Schatz Karuns er ging zu Grund’ im Grimme Gottes,

      Wie die Geschichten sagen, aus Missgunst der Derwische.2

      Des Wunsches Angesicht, um das die Schönen flehen,

      Erscheint im Spiegel vor dem Antlitz der Derwische.

      Ich bin der Knecht des Blicks, des Großwesirs der Zeiten,

      Es hat der Schahe Art, die Sitte der Derwische.

      Hafis! Verlangest du des ewigen Lebens Wasser?

      Es quillt im Pfortenstaub der Zelle der Derwische.

      Hafis, hier sei bescheiden, denn des Reiches Herrschaft

      Hängt ab vom Dienst, den du verrichtest für Derwische.

      1Chosroen, der Plural von Chosroes, die Könige und Kaiser; sie sind die Kibla der Bitten, wohin sich alle Gesichter beim Beten wenden; sie sinds bloß darum, weil sie die Derwische ehren.

      2Karun, der überreiche Ägypter, dessen Schätze unter dem See, der seinen Namen trägt, begraben liegen.

      XX.

      Geh zu deinem Geschäft, o Prediger, lasse das Lärmen,

      Mein verirrtes Herz, sage, was geht es dich an!

      Jene Mitte des Leibs, die Gott aus nichts hat erschaffen,

      Ist ein kitzliger Punkt, keinem zu lösen verliehn.1

      Nicht acht Himmel bedürfen in deinem Dorfe die Bettler.2

      Sklaven deines Haars sind die Gefreiten der Welt.

      Zwar durch den Rausch der Liebe bin ich schon gänzlich zerstöret,

      Aber mein Dasein blüht aus der Zerstörung hervor.

      Jamm’re nicht, Herz, und klage nicht über die Härte der Freundin,

      Was sie dir zuerkannt, alles ist billig und recht.

      Bis ich nicht meinen Wunsch an ihren Lippen erreiche,

      Ist der Rat der Welt meinem Gehör wie Wind.

      Gehe, Hafis, und lies nicht Zauberformeln und Wünsche,

      Ähnliche Zauberein kennt zur Genüge mein Herz.

      1Das Liebchen hat eine Taille, fein wie ein Punkt, um die Mitte des Leibes, den der Gürtel umschließt; den Gürtel zu lösen, ist ein kitzliger Punkt.

      2Die Mohammedaner haben die ursprügliche Siebenzahl der Paradiese bloß deshalb in acht verwandelt, um zu zeigen, dass Gottes Barmherzigkeit größer sei als seine strafende Gerechtigkeit, denn da es sieben Höllen gibt, so meinen sie, dass es wenigstens acht Himmel geben müsse. Übrigens liegen diesen acht Himmeln vielleicht auch die acht Seligkeiten der christlichen Lehre zu Grunde.

      XXIV.

      Die rote Rose blühet auf,

      Die Nachtigall ist trunken,

      Nun lasst dem Trinken freien Lauf,

      Ihr Weinverehrer!

      Der Bau der Reu’, er schien so fest,

      Als wär’ er ganz von Steine,

      O seht, wie das kristallne Glas

      Ihn schon zerschlagen.

      Er


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