Der neue Landdoktor Staffel 9 – Arztroman. Tessa Hofreiter

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Der neue Landdoktor Staffel 9 – Arztroman - Tessa Hofreiter


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Schickimicki »ciao, ciao«, das finde ich echt nervig.«

      »Was findest du nervig?«, wollte Anna, die Bergmoosbacher Hebamme, wissen, die mit Traudel, der guten Seele im Hause Seefeld, und Benedikt, Sebastians Vater, einem attraktiven älteren Herrn mit dunklen Augen und grauem Haar, auf der Terrasse saß.

      »Dieses Münchner Schickimicki Gehabe nervt«, antwortete Emilia und setzte sich auf den freien Stuhl neben Anna.

      »Gehabe von wem?«

      »Von dieser Frau gerade eben, die mit Papa gesprochen hat.«

      »Wir haben gesehen, dass sie mit ihm gesprochen hat. Wer ist sie?«, fragte Traudel, während sie über das weiße Schürzchen strich, das sie zu ihrem dunkelblauen Dirndl trug.

      »Sie ist mir heute Morgen begegnet, als ich zu diesem Unfall gerufen wurde.«

      »Du meinst den Absturz des Paragliders«, hakte Anna nach.

      »Stimmt.«

      »Du hast gar nicht erzählt, dass du dort eine attraktive Münchnerin getroffen hast«, sagte Anna lächelnd und sah Sebastian mit ihren strahlend grünen Augen an.

      »Ich fand es nicht wichtig«, antwortete Sebastian und betrachtete die schöne junge Frau in dem orangefarbenen Kleid.

      »Das ist Doro, entschuldigt mich.« Emilia sprang auf, als ihr Handy läutete, das vor ihr auf dem Tisch lag.

      »In zehn Minuten wird gegessen!«, rief Traudel ihr nach, als sie mit dem Telefon in der Hand um das Haus herumging, um ungestört mit ihrer besten Freundin telefonieren zu können.

      »Hast du inzwischen etwas darüber gehört, wie es zu diesem Absturz kam?«, wollte Traudel von Sebastian wissen.

      »Nein, bisher nicht, das Wichtigste ist erst einmal, dass der junge Mann keine schweren Verletzungen davongetragen hat.«

      »Das ist wahr, also dann, gehen wir ins Haus, es wird allmählich kühl. Der Sommer ist vorbei.« Traudel schaute auf die Sonne, die allmählich hinter den Bergen versank und den Himmel in rotes Licht tauchte. Mit einem tiefen Seufzer drehte sie sich um und ging in die Küche.

      »In Kanada war der Herbst meine Lieblingsjahreszeit«, sagte Sebastian, und sein Blick verlor sich am Horizont.

      Der Indian Summer, wie sie den Herbstanfang dort nannten, mit seinen leuchtenden Farben war unvergleichlich schön.

      »Du könntest in den Herbstferien mit Emilia nach Toronto fliegen«, schlug Anna ihm vor.

      »Im nächsten Jahr. Emilia und ich sollten noch ein paar Monate Abstand bewahren, es könnte sonst passieren, dass wir uns wieder für Kanada entscheiden.«

      »Mit diesem Risiko werden wir hier wohl leben müssen«, sagte Benedikt. Er wusste, wie schwer es seinem Sohn gefallen war, das Land, in dem er so lange glücklich war, zu verlassen. Er hatte ihm damals nach dem Tod von Emilias Mutter vorgeschlagen, die Praxis in Bergmoosbach zu übernehmen. Er hatte seinen Sohn und seine Enkeltochter bei sich haben wollen. Das mochte egoistisch klingen, aber er schämte sich nicht dafür. Und wenn er Sebastian jetzt mit Anna sah und Emilia mit ihren Freunden, wusste er, dass es richtig war, was er getan hatte. »Ich werde Traudel in der Küche helfen«, sagte er und ging ins Haus.

      »Weißt du eigentlich, was man sich in der Neubausiedlung über die Frau erzählt, bei der du heute warst, Papa?«, fragte Emilia, als sie wieder zurück auf die Terrasse kam.

      »Was erzählt man sich denn?«, wollte Sebastian wissen und sah seine Tochter aufmerksam an.

      »Fenja Kirchner und ihre Eltern wohnen doch in dem Haus direkt gegenüber von Doro.«

      »Das ist mir heute Morgen nicht entgangen«, sagte Sebastian lächelnd.

      »Doro unterhält sich manchmal mit ihr über den Gartenzaun hinweg.«

      »Das machen hier viele Leute.«

      »Schon, aber Fenja kommt nie hinter dem Gartenzaun hervor. Das heißt, Doro und auch sonst niemand hat sie je außerhalb ihres Grundstückes gesehen.«

      »Das heißt aber nicht, dass sie nie aus dem Haus geht. Oder gibt es in der Neubausiedlung eine 24-Stunden-Überwachung ihres Hauses?«

      »Nein, das nicht. Aber irgendwann hätte sie ja mal jemand treffen müssen, wenigstens beim Einkaufen. Doro sagt, dass einige Nachbarn schon in den Geschäften gefragt haben, ob sie mal dort war. War sie aber nicht.«

      »Das kann alles eine ganz einfache Erklärung haben.«

      »Welche denn?«

      »Vielleicht geht sie in der Stadt einkaufen.«

      »Ihre Eltern gehen aber im Dorf einkaufen, wenn sie nicht gerade unterwegs sind. Sie sind Reiseleiter, weißt du. Vielleicht ist Fenja krank und geht deshalb nicht aus dem Haus.«

      »Auf mich hat sie ganz und gar nicht krank gewirkt. Sie hat sich weitaus mehr um den Verletzten gekümmert als ihre Freundin.«

      »Weißt du denn, was sie beruflich macht?«, fragte Anna, die bisher nur zugehört hatte.

      »Sie denkt sich Sprüche für Glückskekse aus, sagt Doro.«

      »Sie arbeitet also zu Hause, das ist doch schon eine gute Erklärung dafür, dass sie oft zu Hause ist.«

      »Und wenn sie fortgeht, passt sie auf, dass die Nachbarn sie nicht sehen?«

      »Vielleicht«, sagte Sebastian.

      »Also ich weiß nicht, Papa. Mal angenommen, sie würde das tun, dann könnte man doch auf die Idee kommen, dass sie sich verfolgt fühlt.«

      »Doro könnte sie doch einfach mal fragen, warum man sie nie außerhalb des Hauses sieht«, schlug Anna vor.

      »Das hatte sie auch schon vor, aber Fenja erscheint ihr oft so bedrückt, deshalb lässt sie es.«

      »Essen ist fertig!«, rief Traudel.

      »Was gibt es denn?«, wollte Emilia wissen.

      »Hackbrötchen«, antwortete Traudel, die in der Tür zur Küche stand.

      »Du meinst wohl Hamburger.«

      »Ja, die meine ich wohl.«

      »Du bist die Beste, Traudel«, sagte Emilia.

      Sie küsste Traudel auf die Wange, legte den Arm um sie und ging mit ihr in die Küche.

      »Wie alt ist Fenja?«, fragte Anna, nachdem Emilia ins Haus gegangen war.

      »Ich denke so Mitte zwanzig.«

      »Sie könnte an Agoraphobie leiden, nach dem, was Emilia gerade erzählt hat.«

      »Ja, das wäre möglich«, gab Sebastian ihr recht. »Aber da sie nicht meine Patientin ist, kann ich erst einmal nichts für sie tun. Und bisher ist es auch nur eine Annahme, die gar nicht stimmen muss.«

      »Richtig, was aber definitiv stimmt, ist, dass ich Hunger habe«, erklärte Anna.

      »Dann wollen wir die anderen nicht länger warten lassen«, sagte Sebastian und nahm sie liebevoll an die Hand.

      *

      »Schade, dass sie keine Zeit hat. Ich hatte mich schon auf ihren Besuch gefreut«, sagte Pascal, nachdem Kendra ihm erzählt hatte, dass Fenja am nächsten Tag nicht zu ihm kommen würde.

      Kendra saß auf dem Stuhl neben seinem Bett und schaute sich in dem Zimmer um. Es war hübsch eingerichtet mit einem Einbauschrank aus rotem Ahornholz, einem kleinen Sofa aus blauem Leder und es gehörte auch ein eigenes Bad dazu. Der bunte Blumenstrauß, den sie ihm mitgebracht hatte, stand in einer Vase auf dem Tischchen neben dem Sofa.

      »Sind Sie privat versichert?«, fragte sie Pascal.

      »Nein, in diesem Krankenhaus gibt es nur Ein- und Zweibettzimmer.«

      »Klingt nach Luxus für alle.«

      »Es ist


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