Mein Leben mit den Eagles. Wendy Holden
Читать онлайн книгу.Trio war.
Als der Spaß jedoch vorbei war und ich wieder zu mir kam, wurde ich paranoid. Damals gab es eine ganze Menge Propaganda gegen Drogenmissbrauch, insbesondere in einer Universitätsstadt voller Jugendlicher. Die Anzeigen besagten, dass Marihuana automatisch zum Heroin führte und dass einem Haare auf den Handflächen wuchsen, man erblindete und starb. Hätte mein Vater gewusst, was ich da trieb, hätte er mich totgeschlagen. Wenn nicht, hätte mich mein Bruder, der Jurastudent, mit Freuden angezeigt. Also übertrieb ich es nicht mit den Drogen, weil ich nicht wollte, dass sie mein Gehirn in Brei verwandelten, und weil ich den Zorn meiner Familie fürchtete.
In jenem Sommer gelang es uns, ein paar Auftritte in Daytona Beach und Fort Lauderdale an Land zu ziehen, was uns sehr erwachsen erschien. Während der Hochsaison gab es in Daytona Dutzende von Auftrittsmöglichkeiten für Musiker. Für Bargeld waren wir bereit, alles zu tun, ob nun mit dem Maudy Quintet oder in anderen Besetzungen. Ich spielte Sologitarre in Hausbands wie Tommy Roe And The Romans sowie in einer Gruppe auf dem Pier, die einen Gastsänger namens Rufus Thomas begleitete, der sich selbst „ältester Teenager der Welt“ nannte und damals gerade einen großen Hit mit „Walking The Dog“ hatte.
1964 waren die Beatles auf dem Höhepunkt ihres Erfolgs. „I Want To Hold Your Hand“ führte die Hitparaden an. In New York wurde den Fab Four ein hysterischer Empfang bereitet, und nachdem sie in der Ed Sullivan Show aufgetreten waren, eroberten sie Amerika im Sturm. Aussehen und Sound des Maundy Quintet blieben weiterhin sehr englisch. Hauptsächlich gaben wir Coverversionen von Popsongs wie „Louie Louie“ von den Kingsmen, alte Soul-Instrumentals wie „Green Onions“ oder die neuesten Hits von John, Paul, George und Ringo zum Besten. In jedem Set spielten wir immer mindestens eine unserer eigenen Nummern, die das Publikum dann erdulden musste.
Wir knüpften viele neue Freundschaften, hauptsächlich mit anderen Musikern, die in Bands wie The Nightcrawlers oder The Houserockers ebenfalls auf dem Boulevard spielten. Unter unseren neuen Kumpels befanden sich zwei Brüder namens Duane und Gregg Allman, die ungefähr gleich alt waren wie wir und mit ihrer Mutter von Nashville nach Daytona gezogen waren. Duane war ein unglaublich begabter Leadgitarrist, Gregg hatte eine großartige, gefühlvolle Stimme und spielte Keyboards. Sie hatten eine Superband, zu der auch ein Bassist und ein Schlagzeuger namens Maynard gehörten, dem zwei Vorderzähne fehlten. Ihr langes Haar reichte fast bis zum Gürtel, und Duane hatte große Koteletten, was damals gerade sehr in Mode war. Sie waren echte Hippies und rauchten eine Menge Gras, ebenso wie Bernie. Ich selbst machte mir immer noch nicht besonders viel daraus. Ihre Band hieß anfangs The Spotlights und später dann, in Anlehnung an eine Süßigkeit, Allman Joys.
Bernie und ich traten häufig in einer Teenagerbar namens The Wedge auf, wo keine alkoholischen Getränke ausgeschenkt wurden. Wenn wir fertig waren, gingen wir auf ein paar Bier rüber in die Bar auf dem Pier oder ins Martinique auf der Main Street, wo die Gebrüder Allman bis zwei Uhr in der Früh spielten. An freien Nachmittagen hingen wir im Haus ihrer Mutter herum und rauchten Gras, da unsere einzige Alternative darin bestand, ganz allein in unserem abgewirtschafteten Hotel zu bleiben. Es schien ihr niemals etwas auszumachen, dass das Haus von den Freunden ihrer Söhne bevölkert war. Oft machte sie uns allen sogar Frühstück.
Duane war der erste Typ, den ich je Slidegitarre spielen sah. Ich erinnere mich noch gut, wie er im Wohnzimmer seiner Mutter einen an der Bruchstelle rund geschliffenen Hals einer Budweiser-Flasche an seinen Finger steckte und damit das Griffbrett rauf und runter fuhr. Ich war von seiner Technik ebenso begeistert wie zuvor von Bernies Gitarren- und Banjospiel. Wieder tat sich eine neue Tür für mich auf. Bis zu diesem Zeitpunkt war Bernie der talentierteste Musiker gewesen, den ich kannte. Nun übertraf Duane selbst diesen hohen Maßstab. Er inspirierte mich dazu, selbst Slidegitarre zu spielen, und zeigte mir noch in jenem Sommer die ersten paar Stimmungen. „Schließ deine Augen, und hör nur auf die Musik, Mann“, erklärte mir Duane, als ich meinen eigenen Budweiser-Flaschenhals über die Saiten gleiten ließ. „Du musst sie in deinem Herzen fühlen, und wenn es dir kalt den Rücken runterläuft, dann weißt du, dass alles stimmt.“ Ich wusste, dass man einen besseren Unterricht nicht bekommen konnte, da Duane schlicht und einfach phänomenal war.
Mit meiner musikalischen Reife wuchs auch mein Wunsch nach immer besseren Instrumenten. Ich wusste, dass ich die Möglichkeiten meiner Fender ausgeschöpft hatte, und wollte nun unbedingt eine Gibson. Als bei Lipham’s eine gebrauchte Les Paul eintraf, wusste ich, dass ich sie haben musste. Der Lack hatte Risse, und das Gold war verblasst, aber es war eine wunderschöne Gitarre. Das konnte sogar Mister Lipham sehen.
„Ich werde sie an Gibson zurückschicken und neu lackieren lassen“, sagte er zu mir. „Wenn sie wiederkommt, verkaufe ich sie dir zu einem guten Preis.“
„Gut, wenn diese Gitarre wieder da ist, werde ich sie kaufen“, sagte ich zu ihm. „Ich gebe meine Stratocaster in Zahlung, also stellen Sie sie mir einfach in Rechnung, und ich zahle sie dann ab.“ Sie sollte ungefähr zweihundertfünfzig Dollar kosten, war also wesentlich teurer als meine bisherigen Instrumente.
In jenem Sommer arbeitete ich in Daytona Beach ziemlich hart, um das Geld zusammenzubringen, und als ich zurückkehrte, fragte ich Mister Lipham, ob die Les Paul bereits wieder eingetroffen sei.
„Jawohl, mein Sohn, sie ist wieder zurückgekommen und sah verdammt gut aus“, sagte er traurig. „Ich nahm sie aus dem Koffer heraus und hängte sie an die Wand. Ein Typ aus New York kam herein und bot mir an Ort und Stelle ein Bündel Scheine dafür. Tut mir leid, Don.“
Ich war ziemlich verärgert, zumal ich so lange gewartet hatte. Mister Lipham strich den Betrag von meinem Konto, doch dann bestellte ich eine neue, rote Gibson 335, die genauso aussah wie die Gitarre, die Chuck Berry spielte.
Chuck war total cool. 1964 hatte er eine Serie von Hits mit Songs wie „Nadine“, „You Never Can Tell“ und „No Particular Place To Go“. Er hatte bereits Musikgeschichte geschrieben, weil er der erste schwarze Musiker war, der für ein weißes Publikum spielte und mit Songs wie „Maybelline“ oder „Johnny B. Goode“ Riesenerfolge feierte. Jeder Gitarrist im Land, der nicht völlig blutleer war, wollte wie Chuck sein.
Es dauerte etwa ein Jahr, bis Gibson diese flache Vollresonanzgitarre gebaut hatte. Ich mochte sie von dem Moment an, in dem sie eintraf. Es waren die am besten investierten dreihundert Dollar, die ich je ausgegeben hatte. Man nimmt eine Gitarre in die Hand, stimmt sie, spielt eine Weile darauf. Wenn sie danach immer noch richtig gestimmt ist, weiß man, dass man eine gute Gitarre erwischt hat. Ganz egal, wie gut der Klang und die Saitenlage sind – wenn es an der Stimmstabilität hapert, taugt die ganze Gitarre nichts. Ich hatte sie gerade erst ein paar Monate, als das Maundy Quintet nach Miami zu einem Vorspielen für einen riesigen neuen Club mit zwei Bühnen namens The World eingeladen wurde. Mit unseren passenden roten Gitarren fuhren wir den ganzen Weg von Gainesville nach Miami in unserem Lieferwagen. Der Auftritt klappte ziemlich gut, und wir dachten, The World wäre der beste Club, in dem wir jemals gespielt hatten. Als wir jedoch wieder zu Hause waren und unser Equipment ausluden, fehlte meine Gitarre. Jemand musste sie hinten aus dem Lieferwagen gestohlen haben, während wir einluden. Sie war noch nicht einmal bezahlt, und ich hatte keine Instrumentenversicherung. Es brach mir das Herz. Schlimmer noch war aber, dass ich nun gar keine Gitarre mehr besaß. Unnötig zu sagen, dass ich wieder zu Lipham’s gehen musste und eine neue Gitarre kaufte, eine Les Paul, die dort an der Wand hing. Nun hatte ich also nicht nur für die gestohlene Gitarre, sondern auch für die neue zu bezahlen.
Mit meinem Leben ging es bergauf, als mir meine Eltern endlich ein Auto kauften. Bis dahin fuhren alle meine Freunde in aufgemotzten Kisten umher, während ich noch auf mein Fahrrad angewiesen war. Papa schenkte mir einen babyblauen Simca Aronde P60, den er offenbar für den perfekten fahrbaren Untersatz für mich hielt. Es war ein altes französisches Auto, und von der Marke hatte ich noch nicht einmal gehört. Er musste mit jemandem in der Arbeit ein Geschäft gemacht und es billig bekommen haben. Es war ungeheuer hässlich und im negativen Sinn ein Blickfang, doch es hatte vier Räder und einen funktionierenden Motor, und schließlich hatte ich keinen Grund, mich zu beklagen.
Besser noch als das Auto war die Tatsache, dass ich eine neue Freundin hatte, Sue McVeigh, meine erste große Liebe. Sie war sechzehn und im ersten