Professors Zwillinge in der Waldschule. Else Ury

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Professors Zwillinge in der Waldschule - Else Ury


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Das Vögelchen war unruhig, aufgescheucht und ließ ein ängstliches Piepsen hören. Während der Laubfrosch stumm und dumm, gleichgültig gegen die neue Behausung, in seinem Glase saß.

      Und nun lagen die Zwillinge endlich tüchtig abgerubbelt – denn solch ein Umzug macht staubig – in ihren frischen Betten. Vater und Mutter kamen zum Gutenachtkuß. Alles war wie sonst und doch ganz anders.

      »Herbert, sieh doch mal, Herbert.« Suse wies aufgeregt zum Fenster, das noch keine Vorhänge hatte. Da draußen ging ein blendend helles Licht im Kreise herum.

      Was war das bloß?

      Wie der Wind waren beide Kinder wieder aus den Betten und am Fenster. Der hell leuchtende, sich drehende Lichtkreis warf seine Strahlen von einem hohen Turm über die Bahngleise und Laubenkolonien und machte die ganze schwarze Gegend tageshell.

      »Ist das ein Leuchtturm wie am Meer?« fragte Suse.

      »Das ist ja der Turm, Suse, den Vater uns heute gezeigt hat, der Funkturm ist das.«

      »Vati – Vatichen –.« Zwei Hemdenmätze erschienen plötzlich im Zimmer der erstaunten Eltern. »Guck bloß mal, auf dem hohen Turm am Funkhause läuft ein großes Licht immer im Kreise herum. Und hier gibt's doch gar keine Schiffe, wie an der See, denen es den richtigen Weg weisen muß.«

      »Aber Schiffe in der Luft, ihr kleinen Schlauköpfe. Der Scheinwerfer ist für Luftschiffe und Flieger zur Orientierung. Und nun marsch ins Bett, Gören. Es wird Zeit, daß ihr zur Ruhe kommt.«

      Aber so schnell ging das nicht. Von ihren Betten beobachteten die Zwillinge noch geraume Zeit das kreisende Licht des hohen Turmes. Bis die Lene hereinkam, um die Schuhe zum Putzen herauszunehmen.

      »Paßt auf, was ihr träumt, Kinder«, sagte sie. »Was man in der ersten Nacht in einer neuen Wohnung träumt, geht in Erfüllung.«

      »Dann will ich träumen, daß Vati bei uns bleibt und nicht nach Italien fahren muß«, sagte Suse schon ganz schlaftrunken.

      »Und ich will träumen, daß alle Tage Umzug ist«, wünschte sich Herbert.

      Und dann schliefen sie beide fest und traumlos.

      5. Kapitel. Als Vater fortfuhr

      Gut, daß man schon Osterferien hatte. Da konnte man doch beim Auspacken der großen Kisten helfen. Und auch noch soviel wie möglich mit dem Vater zusammen sein. Der hatte allerdings jetzt viele Wege, um alles für seine lange Abwesenheit zu ordnen und zu erledigen. Hin und wieder gab er dem Quälen seiner Zwillinge nach und nahm sie mit. Denn es hatte jetzt keiner Zeit, mit den Kindern spazieren zu gehen.

      Aber auch zu Hause war es fein. Jede Kiste war ein Geheimnis. Es gab jedesmal vorher ein Raten und Wetten, was wohl drin sein mochte. Beim Auspacken halfen die Kinder der Mutter recht nett. Sie schleppten die schweren Bücher in die Bibliothek des Vaters, die vielen Sternkataloge und großen Himmelskarten. Sie räumten ihre eigenen Bücher ganz verständig ein, wobei es allerdings vorkam, daß ein Kinderkalender zwischen die Schulbücher geriet, und das Rechenbuch zwischen die Märchenbücher. Sie waren unermüdlich im Hin- und Herlaufen, beim Papiersammeln und Bindfadenaufwickeln. »Meine Heinzelmännchen«, nannte Mutti ihre Zwillinge.

      Für die Mutter war es recht gut, daß sie jetzt so viel zu tun und gar keine Zeit zum Nachdenken hatte. Da merkte sie es weniger, wie ein Tag nach dem anderen dahinging, daß die Abreise des Vaters näher und näher rückte.

      Wunderschön sah die neue Wohnung aus. Man konnte wirklich seine Freude daran haben. Selbst der etwas liederliche Herbert gab sich Mühe, seine Mütze beim Heimkommen nicht wie gewöhnlich auf einen Stuhl zu schleudern, und den Mantel auf den anderen, sondern hübsch an den Garderobenhaken zu hängen, wie es sich gehörte. Er hatte seinen kleinen Radioapparat wieder eigenhändig in der Kinderstube angeschlossen, diesmal an Wasserleitung und elektrischem Licht. Er funktionierte vorzüglich – besser als Vaters Röhrenapparat, fand der Junge.

      Suse hatte ihren Puppenwinkel mit besonderer Liebe hergerichtet. Blitzblank war jedes Kesselchen in der Puppenküche geputzt. Die Puppenstube hatte reine Gardinen bekommen wie Mutters Zimmer und eine bunte, von Suse selbst gestickte Tischdecke. Den Puppenkindern gefiel es ungemein in der neuen Heimat. Sie blühten ordentlich auf bei der guten Luft, die vom Grunewald über die Laubengelände in die Kinderstube wehte. Auch Mätzchen hatte sich in die Veränderung hineingefunden und weckte seine kleinen Freunde jeden Morgen noch jubelnder als früher. Nur einem schien die Luft hier draußen nicht zu bekommen: das war Bubi.

      Es war Hundesperre von der Polizei angeordnet. Bubi konnte diese Verordnung nicht lesen. Er machte die neue Wohnung dafür verantwortlich, daß er nicht mehr im Freien wie ein losgelassener Pfeil dahinschnellen durfte, sondern sittsam an der Leine geführt wurde, wie ein kleines Mädchen an der Hand seiner Gouvernante.

      Allzu sittsam ging Bubi eigentlich trotz der Leine nicht. Dazu hatte er ein zu lebhaftes Temperament und ein zu eigensinniges schwarzes Köpfchen. Es ging nie ohne Kampf ab bei den gemeinsamen Spaziergängen. Der vierbeinige Bubi zerrte nach links, wo ein zartes, weißes Hundefräulein sein Wohlgefallen erweckt hatte, der zweibeinige nach rechts, wo gerade ein Schnellzug über die Bahnstränge schnaubend dahergebraust kam. Herbert blieb meistens Sieger bei dieser Meinungsverschiedenheit. Anders war die Sachlage, wenn Suse den vierbeinigen Freund an der Leine führte. Sie verfocht den Kampf mit weniger Kraft und Energie als der Bruder. Ja, es kam sogar öfters vor, daß die Sache umgekehrt war. Daß der Hund die Suse an der Leine führte, daß diese mitmußte, wohin der Köter wollte. Im Galopp die ganze Straße hinunter – Suschen immer hinterdrein. Denn sie mochte Bubi nicht wehtun und ihn mit Gewalt zurückreißen. Die Eltern und Herbert, die ihnen folgten, hielten sich die Seiten vor Lachen.

      Sonst war den Eltern heute eigentlich gar nicht so vergnüglich zumute. Es war der letzte Abend vor der Abreise des Vaters, der letzte gemeinschaftliche Spaziergang für lange.

      »Bald gehst du am Mittelländischen Meer spazieren, Paul«, sagte die Mutter aus ihren stillen Gedanken heraus.

      »Ich hätte euch doch lieber gleich mitnehmen sollen«, meinte der Professor nachdenklich. Die Trennung von Frau und Kindern wurde ihm schwerer, als er sich vorgestellt hatte.

      »Wir können noch mit!« Herbert war nie um einen Ausweg verlegen. »Unsere Koffer sind schnell gepackt, meine zerrissene Hose flickt mir Mutti heute abend noch, – ja, nimm uns doch mit, Vater!«

      »Nimm uns doch mit, Vatichen, bitte, bitte!« fiel Suse, die inzwischen ein paar Minuten Ruhe zum Verschnaufen hatte, da Bubi sich eingehend mit einem Laternenpfahl befaßte, nun auch ein.

      »Und die neue Wohnung, Kinder? Und die Waldschule?«

      »Die Lene kann ja in der neuen Wohnung bleiben.«

      »Du meldest uns einfach wieder ab von der Waldschule, Vati.«

      »Ja, aber das Ostereiersuchen am ersten Feiertag bei der kleinen Omama! Was machen wir damit?« gab Suse plötzlich zu bedenken.

      »Ostereier kann es natürlich nicht geben, wenn wir fortreisen, Kinder«, ging die Mutter scherzhaft auf den Vorschlag ein. »Ihr wißt doch, daß Vater die Feiertage unterwegs ist. Im Eisenbahnzug legt der Osterhase keine Eier.«

      »Aber ihr könnt sie ja mitnehmen. In der Eisenbahn gibt es sogar feine Verstecke.« Herbert glaubte sowieso nicht mehr, daß der Osterhase die Eier legte.

      »Wir können ja auch nach Ostern nachgereist kommen.« Suse fand es sicherer, die Ostereier bei der kleinen Omama zu suchen als im Eisenbahnzuge.

      »Ja, vielleicht Ostern übers Jahr«, lachte der Vater.

      Suse hatte jetzt genug von Bubis Gesellschaft. »Herbert, nimm du den Bubi mal. Ich möchte gern noch ein bißchen mit Vati gehen.«

      »Ich auch.« Herbert ließ die Hand des Vaters nicht los.

      Was tat die gute Mutter? Sie, der doch sicher die Trennung am schwersten wurde, gab den Arm des Vaters frei und begnügte sich mit Bubi. Damit auch Suse noch mit dem Vater gehen konnte.

      »Vati,


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